Die Ankündigung der aufgebohrten PlayStation 4 Pro im September warf einige Fragen auf: Kann die überarbeitete Konsole tatsächlich echtes 4K-Gaming ins Wohnzimmer bringen? Im ersten Test prüfen wir, was die PS4 Pro drauf hat.
Ein Raum voll mit den TV-Flaggschiffen des Elektronik-Herstellers und brandneuen PlayStation 4 Pro-Konsolen, dazu unveröffentlichte Games und leckere Häppchen: So präsentierte Sony Journalisten am Dienstag seine überarbeitete Gaming-Konsole, die in dieser Woche auf den Markt kommt. Endlich durften wir also mit eigenen Augen beurteilen, wie viel die verbesserte Hardware der PS4 Pro wirklich bringt und ob sich eine Neuanschaffung auch lohnt, wenn man bereits eine herkömmliche PlayStation 4 besitzt.

Beim Design nicht viel Neues
Die PlayStation 4 Pro an sich wirkt auf Anhieb vertraut – lediglich eine weitere "Schicht" des Sandwich-Designs und das edel glänzende Logo deuten auf den ersten Blick darauf hin, dass es sich nicht um das bisherige Modell der Konsole handelt. Bei genauerem Hinsehen fallen dann schon einige Details auf: Power- und Disc-Button sind nun physisch auf der Vorderseite angebracht, bisher waren diese mehr oder weniger unsichtbar. Dazu spendiert Sony einen zusätzlichen USB-Anschluss auf der Rückseite – ein Segen für Besitzer der PlayStation VR, welche zuvor unschön einen der Slots auf der Vorderseite in Anspruch nahm. Das Gerät ist zudem etwas schwerer und natürlich höher als die Standard-PS4. Erwartungsgemäß ist das Design der PlayStation 4 Pro also nicht besonders innovativ, Sony führt hier aber fort, was auf dem Event wiederholt betont wird: Es handelt sich nun mal nicht um eine neue Generation, sondern lediglich um ein aktualisiertes Modell der ursprünglichen Konsole aus dem Jahr 2013.
Den Aussagen der anwesenden Sony-Mitarbeiter zufolge rechnet das Unternehmen damit, dass erst in ungefähr vier Jahren die nächste Konsolen-Generation erscheint. Demnach soll die Hardware der PlayStation 4 Pro das Unternehmen für diesen Zeitraum ausreichend gegen die Konkurrenz rüsten. Gut, man hat mit der Verbreitung der PS4 bereits einen großen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz. Gerade in Bezug auf Microsofts Xbox One Scorpio, welche angeblich im nächsten Jahr mit einer Rechenleistung von sechs Teraflops den Markt aufrollen soll, stellt sich trotzdem die Frage, ob die PS4 Pro mit der x86-64 AMD "Jaguar" CPU und der 4,2 Teraflop AMD Radeon GPU mittelfristig mithalten kann.

Die Grafikpower der PlayStation 4 Pro soll also doppelt so stark sein, wie bisher. Dafür wurde der Grafikprozessor einfach gespiegelt auf dem Mainboard angebracht. Erkennt die Konsole, dass ein Game mit Pro-Features geladen wird (und auch nur dann), wird die doppelte GPU zugeschaltet. Zusätzlich zu den 8 Gigabyte GDDR5-RAM verfügt die PlayStation 4 Pro noch über einen zusätzlichen Gigabyte langsameren DDR3-Arbeitsspeicher, der für weniger rechenintensive Anwendungen gedacht ist, die so aus dem wertvolleren Hochleistungs-RAM ausgelagert werden können.
"4K-Erlebnis" zum guten Preis-Leistungs-Verhältnis
Auch wenn man sich über die Zukunftsfähigkeit der Hardware streiten kann, Sony hat ein ausschlaggebendes Argument auf seiner Seite: den Preis. Bei einem Launch-Preis von 399 Euro ist die Grafikleistung der PlayStation 4 Pro ohne Zweifel beeindruckend. Zum Weihnachtsgeschäft 2017, wenn die Xbox One Scorpio erscheinen soll, wird das Gerät eventuell noch günstiger sein. Wer also nicht über die außergewöhnliche Fähigkeit verfügt, echtes 4K-Rendering sofort mit bloßem Auge zu erkennen und nicht bereit ist, Unsummen in eine Konsole zu investieren, ist mit der PlayStation 4 Pro wahrscheinlich gut beraten. Sämtliche Games der PS4 sind mit der neuen Konsole kompatibel, im Multiplayer wird die Framerate angeglichen, damit Besitzer der PlayStation 4 Pro keinen unfairen Vorteil haben.
Um die anwesenden Gäste von der Power der PlayStation 4 Pro zu überzeugen, durften bei der Präsentation bereits einige Titel angespielt werden, deren Release noch aussteht, darunter "Horizon Zero Dawn" oder "Watch Dogs 2". Diese können die verbesserte Grafik-Power und den leistungsfähigeren Prozessor zum Teil voll ausschöpfen und auch die versprochene 4K-Auflösung bieten. Denn Sony stellt den Entwicklern völlig frei, inwiefern sie die erweiterten Ressourcen der PlayStation 4 Pro nutzen. Die Studios können also selbst entscheiden, ob oder in welcher Kombination ein Spiel mit Pro-Features die Auflösung hochschraubt, die Bildwiederholrate anhebt oder auf erweiterte HDR-Effekte setzt. Einzige Richtlinie für Entwickler: Die Auflösung bei Pro-Games darf nicht unter 1080p liegen und die Frame-Rate muss im Pro-Modus mindestens so hoch sein wie im Standard-Mode.
Entwickler bestimmen Ressourcen-Nutzung
Diese Freiheit bietet Entwicklern natürlich einen hohen Anreiz ihre Spiele entsprechend mit Pro-Funktionen aufzuwerten. Für Gamer haben fehlende Standards aber auch Nachteile: Gibt es bei Titeln wie dem ebenfalls gezeigten "Rise of the Tomb Raider" die Möglichkeit, die erweiterten Features ganz nach Belieben hinzuzuschalten, bieten andere Games keinerlei Kontrolle über den Pro-Modus. Denn auch hier sind die Entwickler völlig frei. Insofern wird es Games geben, die tatsächlich native 2150p bieten, dafür müssten allerdings an anderer Stelle starke Abstriche gemacht werden – ein Großteil der Games wird also eher auf eine Mischung der Möglichkeiten und Upscaling der Auflösung setzen.

Bei der Vorstellung zeigte man uns vor allem brandneue Games auf High-End-Fernsehgeräten. Für einen Großteil der Gamer stellt sich allerdings die Frage, was die PlayStation 4 Pro auf einem "herkömmlichen" TV-Gerät für einen Mehrwert bietet. Klar, wer bisher keine PlayStation 4 besitzt, kauft ohnehin eher die Pro-Version. Die PS4 ist allerdings bereits weit verbreitet, sollte man also als Besitzer des bisherigen Modells jetzt umsteigen wenn man keinen 4K-Fernseher mit HDR-Unterstützung sein Eigen nennt? Nun ja, die kompletten Vorzüge der Grafik-Power wird man tatsächlich nur auf einem (noch) recht teuren und neuen Fernseher genießen können. Die PlayStation 4 Pro erkennt jedoch, was für ein Ausgabegerät angeschlossen ist und kann je nach Spiel auch bei 1080p höhere und stabilere Bildwiederholungsraten bieten, der schnellere Prozessor macht sich selbstverständlich auch bemerkbar. Auch hier sind die jeweiligen Spielentwickler gefragt, inwiefern sie die zusätzlichen Ressourcen nutzen. Übrigens ist ein Verpackungshinweis für Pro-Features bei Spielen noch keine beschlossene Sache, es empfiehlt sich also, sich vor dem Kauf eines Games jeweils zu informieren.
Was bringt die PS4 Pro ohne 4K-Fernseher?
Sony blickt aber tatsächlich in die nähere Zukunft: In nicht all zu langer Zeit werden viele Haushalte sowieso auf 4K-Technologie aufrüsten – schon jetzt kommt man kaum noch an entsprechenden Geräten vorbei, wenn man einen neuen Fernseher kaufen möchte. Die PlayStation 4 war darüber hinaus zuletzt Wegbereiter für neue Datenträgerformate und hat sich daher zum Media-Center im Wohnzimmer etabliert. Nun setzt Sony laut einem Interview mit dem Guardian ganz bewusst nicht auf die 4K-Blu-ray, wohl wissend, dass Streaming physische Datenträger kurzfristig noch weiter verdrängen wird. Die Japaner reagieren damit auf die Tatsache, dass die PlayStation 4 neben Gaming vor allem für das Streamen von Videos verwendet wird. Die großen Anbieter wie Netflix und Amazon werden auch in 4K-Auflösung auf der PS4 Pro abrufbar sein.

Ist die PlayStation 4 Pro also der nächste große Wurf? Tatsächlich lässt sich die überarbeitete Konsole hier ganz gut mit dem Virtual-Reality-Headset PlayStation VR und dessen teurerer Konkurrenz HTC Vive oder Oculus Rift vergleichen: Der Massenmarkt wird sich mit dem 4K-Erlebnis der PlayStation 4 Pro zum günstigen Preis mehr als zufrieden geben. Hardcore-Gamer mit hohem Anspruch an die technischen Specs setzen dagegen wahrscheinlich eher auf die teurere Xbox One Scorpio, welche von der System-Architektur wohl eher einem Gaming-PC ähneln wird. Inwiefern Microsoft diese Erwartungen erfüllen kann, ist allerdings unklar – immerhin wurde die Scorpio als hastige Reaktion auf den Leak der PS4 Pro vor der E3 2016 vorgestellt, außer einigen technischen Daten gab es damals kaum etwas zu sehen.