Mit PlayStation VR soll Virtual Reality nun auch den Massenmarkt erobern. Die PlayStation 4 als am weitesten verbreitete Konsole bietet hierfür als Plattform gute Voraussetzungen. Wir erklären in unserem Test, ob die VR-Brille die Erwartungen erfüllen kann.
Seit dem 13. Oktober 2016 ist Sonys Virtual-Reality-Zubehör PlayStation VR offiziell erhältlich. Mit einer groß angelegten Werbekampagne will das japanische Unternehmen sicherstellen, dass die neue Technik sich durchsetzt. Tatsächlich werden virtuelle Realitäten von der Spieleindustrie allgemein als das "nächste große Ding" behandelt – ob PlayStation VR dieser Einschätzung gerecht wird, haben wir im Test gecheckt.
Sony verfolgt mit PlayStation VR einen anderen Ansatz als die hochauflösendere Konkurrenz mit Oculus Rift oder HTC Vive. Selbstverständlich steht der PlayStation 4 im Vergleich zu den entsprechend benötigten High-End-Gaming-PCs nur geringe Rechenleistung zur Verfügung. Dieser Nachteil ist allerdings gleichzeitig ein Vorteil, von dem Virtual Reality insgesamt profitieren könnte: Ob sich die Technik langfristig durchsetzt, entscheidet schließlich der Massenmarkt. Und Otto Normalverbraucher besitzt nun mal weder einen OrionX, noch legt er dem Teenager ein Technik-Gadget im Wert von gut Tausend Euro unter den Weihnachtsbaum. Im Test will ich daher vermeiden, die verhältnismäßig günstige PlayStation VR direkt mit der leistungsstarken Konkurrenz zu vergleichen.

Virtual Reality: Was soll das sein?
Headsets wie PlayStation VR ermöglichen es, direkt in das Spielgeschehen einzutauchen. Die Brille erzeugt dazu vor unseren Augen ein dreidimensionales Bild, gleichzeitig wird die Bewegung des Spielers im Raum erfasst. Man kann sich also frei umsehen und erhält so das Gefühl sich mitten im Spiel zu befinden. Dazu muss erwähnt werden, dass das menschliche Gehirn sich erstaunlich einfach austricksen lässt – wer also meint, dass Videospielgrafik für Technik wie diese noch immer nicht überzeugend genug sei, hat die Rechnung leider ohne die eigene Sinneswahrnehmung gemacht. Das durch aktuelle VR-Technik vermittelte Spielgefühl ist beeindruckender als man denken mag. Man spricht hier im Allgemeinen vom Grad der "Immersion" – also dem Gefühl, sich tatsächlich in der virtuellen Realität zu befinden.
Bereits Anfang der 1990er Jahre versuchte die Games-Industrie Vitual Reality zu etablieren, scheiterte aber an den Grenzen der damaligen Technik. Mit der Entwicklung der Oculus Rift erlangte das Thema dann 2012 neuen Aufwind, später sprang auch HTC mit seiner Vive auf den Zug auf. Sony arbeitete angeblich bereits seit 2011 an einem Head Mounted Display (HMD) für Virtual Reality namens "Projekt Morpheus", welches dann 2014 offiziell als PlayStation VR angekündigt wurde. Ebenfalls werden zahlreiche andere Systeme entwickelt oder befinden sich bereits im Verkauf, diese werden es aber aufgrund mangelnden Software-Supports eher schwer haben sich zu behaupten.
PlayStation VR ist nun also für den Massenmarkt erschienen und kann mit jeder existierenden PlayStation 4 betrieben werden. Auch mit der PlayStation 4 Slim gibt es dabei keinerlei Probleme. Ende Oktober bringt Sony mit der PlayStation 4 Pro sogar eine Konsole mit verbessertem Grafik-Chip auf den Markt, welche das Virtual-Reality-Erlebnis noch steigern soll.
Auspacken und aufbauen: Achtung Kabelsalat!

Neben dem eigentlichen Headset sollte im PlayStation VR-Paket alles dabei sein, was man zum Spielen benötigt, richtig? Falsch gedacht. Ohne die PlayStation Kamera geht gar nichts, und diese ist tatsächlich nicht enthalten. Dieser seltsam wirkende Schachzug ist damit begründet, dass die Kamera, ebenso wie die Move Motion-Controller – die bei vielen Virtual Reality-Spielen unverzichtbar sind – bereits seit Jahren verkauft werden. Zwar besitzt diese so gut wie niemand, rein theoretisch liefen einige User mit PlayStation VR allerdings Gefahr, die Geräte doppelt zu kaufen. Zumindest in Europa wird übrigens vorerst auch kein Bundle verkauft werden, indem sämtliche Hardware zum Vorzugspreis erhältlich ist. Zusätzlich zu den 399 Euro für PlayStation VR fallen also gegebenenfalls noch rund 60 Euro für die Kamera sowie 80 Euro für die Move-Controller an. Laut Rechenschieber kommen wir also auf einen stolzen Paketpreis von 540 Euro.
Dafür bekommen wir dann aber jede Menge Hardware und einen Berg Verpackungsmaterial geboten: Das Headset ist recht ordentlich verarbeitet und macht einen stabilen Eindruck. Ein Knopf am hinteren Bügel ermöglicht die Größeneinstellung, darunter befindet sich ein Rad, mit dem die Befestigung gespannt werden kann. Über eine Taste unten am Visier wird die Feinjustierung vorgenommen. An dem langen Kabel, welches mit der Prozessoreinheit verbunden wird, befindet sich außerdem eine Fernbedienung mit Power-Knopf und Lautstärkeregelung an der die mitgelieferten Kopfhörer angeschlossen werden. Über neun LEDs am Headset erfasst die PlayStation Kamera die Position der PlayStation VR im Raum. Mit der gleichen Methode werden der DualShock- oder die Move-Controller von der Kamera erfasst.
Der 5,7-Zoll-OLED-Screen der PlayStation VR kann vor jedem Auge 980 x 1080 Bildpunkte darstellen und ermöglicht ein Sichtfeld von 100 Grad. Je nach Game wird eine Bildwiederholrate von 90 bis 120 Hz ausgespuckt und die Latenz soll bei etwa 18 Millisekunden liegen. Für den genannten Preis ist das durchaus okay, wie lange das System hiermit konkurrenzfähig bleibt, ist eine andere Frage.
Auch wenn mir der erste Aufbau aufgrund der vielen Kabel noch extrem kompliziert vorkam, ging er beim zweiten Mal dann deutlich schneller von der Hand. Alle Kabel sind mit Nummern versehen und die beiliegende Anleitung ist durchaus verständlich. Wer die Kabel seiner PS4 allerdings wie ich dezent hinter der Schrankwand verbaut hat, wird sich etwas überlegen müssen: Die zusätzliche Verkabelung lässt sich nämlich kaum noch unauffällig im Regal verstecken. Auch für die mitgelieferte Prozessoreinheit muss erstmal ein Platz gefunden werden und die Tatsache, dass diese auch an einem der vorderen USB-Slots der Konsole angeschlossen werden muss, erschwert eine dezent dauerhafte Platzierung im Wohnzimmer.

PlayStation VR: Gemischte Gefühle beim Jungfernflug
Nach der Verkabelung müssen erst einige Updates heruntergeladen und installiert werden, dann kann es endlich losgehen. Das Headset trägt sich sowohl mit als auch ohne Brille recht angenehm und ist nicht übermäßig schwer, die optimale Anpassung erfordert allerdings etwas Übung. Immer wieder hatte ich mit verschwommenen Bildern zu kämpfen, schon leichte Verschiebungen des Headsets lassen vor allem eingeblendete Schriften schnell verschwimmen. Nach ein paar Sessions bekommt man den Kniff aber heraus und weiß, wie PlayStation VR auf den Kopf gehört. Hundertprozentig dicht schließt das Headset nicht ab, je nach Raumbeleuchtung stört mich das bisher allerdings lange nicht so sehr wie der latente Gummigeruch, den die weichen Innenteile der Brille abgeben.
Da die Positionserfassung lediglich von den beiden in der PlayStation Kamera verbauten Objektiven bewältigt werden muss, darf man hier nicht zu viel erwarten. Die meisten der Games, die ich gespielt habe, empfehlen, dass man entweder im Stehen oder Sitzen spielen soll – vor allem im Stehen wird das Tracking aber öfter vor große Herausforderungen gestellt. Wer sich im Raum bewegt oder dreht, darf damit rechnen, dass das System den Spieler sehr oft "aus den Augen" verliert und man aufgefordert wird, sich wieder in den festgelegten Bereich zurück zu bewegen.

Tolles Batman-Feeling mit Frust-Momenten
Vor allem bei "Batman: Arkham VR", welches vorzugsweise im Stehen gespielt wird und einiges an Interaktion mit dem Umfeld erfordert, wurden diese Probleme offensichtlich: Nach einigen Spielminuten befanden sich die virtuellen Hände immer wieder nicht dort, wo sie hingehörten oder das Bild fing unkontrolliert an zu zucken und springen – als ich das Headset hochschob, musste ich feststellen, dass ich mich unbemerkt gedreht und von der Kamera abgewandt hatte. Ohne Orientierung in der echten Welt lässt sich dies während des Spiels aber kaum vermeiden und ruft ständigen Frust hervor. Im Optionsmenü gibt es noch dazu keine Möglichkeit die Position vollständig zurückzusetzen, auch wenn das Game trotzdem einer der interessantesten und sehenswertesten PlayStation VR-Titel bisher ist.
Diese Problematik ist wohl der Hauptgrund dafür, dass die meisten Spiele im Sitzen stattfinden. Und dann macht PlayStation VR wirklich Spaß! Die Grafik ist aufgrund der für PS4-Verhältnisse ungewohnt niedrigen Auflösung zwar eher mittelmäßig. Aber wie gesagt: unser Gehirn kauft der Virtuellen Realität die Illusion verblüffend schnell ab und die Grafikqualität tritt unbewusst in den Hintergrund. Ob rasante Autorennen in "Driveclub VR" (Notiz an mich selbst: Unbedingt ein Force-Feedback-Lenkrad kaufen) oder gruselige Achterbahnfahrten mit Shooter-Elementen wie in "Until Dawn: Rush of Blood", die Immersion wischt tatsächlich ganz schnell viele technische Unzulänglichkeiten beiseite.
Mehr erwartet habe ich dagegen vom Kinomodus: Auch herkömmliche Games (auch von anderen Konsolen mit HDMI-Ausgang) oder Filme können mit PlayStation VR aufgerufen werden. Vor den Augen erscheint dann einfach eine Leinwand, deren Größe in den Einstellungen der Konsole dreistufig verändert werden kann. Die Vorstellung, dass ich meine Konsole so auch nutzen kann, wenn der Fernseher aus familiären Gründen mal nicht verfügbar ist, fand ich reizvoll. Leider stellt sich der Genuss beim Spielen aufgrund der niedrigeren Bildqualität nicht so recht ein. Beim Streamen von Videos dagegen ist der Kinomodus durchaus annehmbar, allerdings finde ich das Gefühl unter der Brille zu stecken mit der Zeit dann doch etwas unbequem und beklemmend.
Seekrank an der Konsole: Motion-Sickness
Auch ich musste tatsächlich feststellen, dass ich Probleme mit der viel zitierten Motion-Sickness habe. Körper und Wahrnehmung bekommen hierbei mit, dass etwas nicht stimmt, was sich in Übelkeit und Unwohlsein äußert. Diese nehmen bei mir auch einige Minuten nach dem Spielen nur langsam wieder ab. Dabei kommt es selbstverständlich auf das jeweilige Spiel an – ich kann aber bisher nicht eindeutig sagen, worauf es da genau ankommt: Während mir beim relativ statischen Unterwassererlebnis von "PlayStation VR Worlds" bereits nach kurzer Zeit schlecht wurde, hatte ich beim psychedelischen "Rez Infinite", in dem man rasend schnell durch Computerlandschaften fliegt, kaum Probleme. Vielleicht war letzteres einfach so abstrakt, dass mein Gehirn sich nicht überlisten ließ. Zu meiner Erleichterung haben die Symptome der Motion-Sickness allerdings abgenommen, je mehr ich mich nach einigen Spiele-Sessions an Virtual Reality gewöhnt habe. Insgesamt stelle ich trotzdem fest, dass ich das Spielerlebnis körperlich deutlich anstrengender empfinde als das Zocken am normalen Bildschirm. Die meisten VR-Games sind daher völlig zurecht nicht länger als 1-2 Stunden und erzeugen eher Arcade-Feeling, was Hardcore-Gamer definitiv bedenken sollten, bevor sie den Geldbeutel zücken.

Fazit: Solides VR-System für jedermann
Als erschwingliches Virtual-Reality-System schlägt sich PlayStation VR recht gut – Wunder darf man trotzdem nicht erwarten. Die PlayStation 4 Pro wird neben kürzeren Ladezeiten auch noch etwas mehr Performance bringen, insgesamt ist PlayStation VR damit dann durchaus solide aufgestellt. Das Produkt hat neben dem Preis einen weiteren Vorteil gegenüber anderen Herstellern: Oculus und HTC sind alles andere als große Games-Publisher – ein Bereich, in dem ihnen Sony um Jahrzehnte voraus ist. So könnten neben Indie-Games auch große Toptitel aus eigener Produktion oder aus etablierten Partnerschaften PlayStation VR zum entscheidenen Durchbruch verhelfen. Allein in diesem Jahr sollen noch 50 neue Games-Highlights für das System erscheinen, darunter "Gran Turismo Sport", "Robinson: The Journey" oder "Star Wars: Battlefront: X-Wing VR Mission". Es bleibt die Frage, ob Virtual Reality im Wohnzimmer – ähnlich wie 3D-Fernsehen oder Bewegungssteuerung à la Nintendo Wii – ein Strohfeuer bleibt oder tatsächlich das nächste große Ding ist, wie es uns die Games-Industrie verspricht.