Mit "Rambo 5: Last Blood" kehrt Sylvester Stallone zum vorerst letzten Mal in einer seiner ikonischsten Rollen auf die große Leinwand zurück. Die Erwartungen der Fans sind daher groß: Kann John Rambo sich selbst einen würdigen Abgang bescheren? Das verraten wir Dir in unserer Kritik.
- Darum geht's in "Last Blood"
- Endlich zurück zu alter Form?
- "Rambo 5" überrascht
- Und gemetzelt wird trotzdem ...
- Fazit
Darum geht's in "Last Blood"
Zehn Jahre sind vergangen, seit sich John Rambo (Sylvester Stallone) am Ende des gleichnamigen vierten Teils der Filmreihe auf die Farm seiner Familie im US-Bundesstaat Arizona zurückgezogen hat. Als Pferdetrainer und örtlicher schweigsamer Kauz vom Dienst bestreitet der Kriegsveteran seinen Lebensabend.
Gesellschaft erhält Rambo dabei von seiner Haushälterin Maria (Adriana Barraza) und deren Enkelin Gabrielle (Yvette Monreal), die über die Jahre für ihren "Onkel John" zu einer Art Tochterersatz geworden ist. Nun steht Gabrielle kurz vor dem Beginn ihres College-Studiums. Doch bevor es losgeht, will die junge Frau unbedingt ihren leiblichen Vater zur Rede stellen, der sie und ihre todkranke Mutter vor Jahren einfach so verlassen hat. Nach Mexiko soll die Reise gehen – sehr zum Missfallen von Rambo, der das Ganze für viel zu gefährlich hält.
Nach einem Streit mit ihrer Großmutter macht sich Gabrielle heimlich auf den Weg über die Grenze, findet ihren Vater – und landet in den Fängen brutaler Mädchenhändler. Nun ist es einmal mehr an Rambo, zur großen Rettungsmission aufzubrechen.
Endlich zurück zu alter Form?
Es gibt gute Gründe dafür, dass die von Sylvester Stallone gespielte Figur über die Jahrzehnte einen derartigen Kultstatus erreichen konnte. Allen voran der wirklich starke erste Teil der Filmreihe, im Englischen "First Blood", der den Vietnamkriegsveteranen als traurige und traumatisierte Figur in Szene setzte. Innerlich zerrissen suchte Rambo nach seinem Platz in der alten Heimat – und scheiterte spektakulär.
Schade nur, dass diese psychologische Note in den Teilen zwei bis vier stetig verloren ging. Klar, Blut floss im ersten "Rambo" nicht zu knapp, doch in den folgenden Teilen der Filmreihe wurde John Rambo zunehmend zum unaufhaltsamen Haudrauf stilisiert. Die Handlung verkam immer stärker zur bloßen Belanglosigkeit zwischen den immer krasseren Kampfszenen. Von daher war ich skeptisch, was mich in "Rambo 5" erwarten würde.

"Rambo 5" überrascht
Doch was soll ich sagen: "Last Blood" überrascht auf positive Weise. Die Figur findet endlich wieder zu dem Level an glaubhafter Traumatisierung und Verletzlichkeit zurück, der ihr im ersten Film so einen Mitfühlfaktor verliehen hat. Zu Beginn des Films beschreibt der örtliche Sheriff Rambo treffend als Kriegswrack, der aber ein guter Mann sei und sich regelmäßig freiwillig für Sucheinsätze melde, wenn mal wieder Wanderer im nahe gelegenen Waldgebiet vermisst werden. Als seine Adoptiv-Nichte mit ihm streitet, sogar wütend wird, merkt man Rambo sein Unbehagen und seine Sorge um das Mädchen deutlich an. Und das, obwohl – oder gerade weil – er in seinem Leben schon so viel Wut und Hass gesehen hat.
Rambo tut sich im Verlauf des Films nicht als Mann großer Worte hervor (auch wenn es für "Rambo"-Verhältnisse erstaunlich viel sinnvollen Dialog gibt), doch es gelingt Hauptdarsteller Sylvester Stallone, die Vielschichtigkeit seiner Figur glaubhaft in Szene zu setzen. Dass man den Mann zwar aus dem Dschungel holen kann, den Krieg aber nicht so einfach aus dem Mann, macht der Film unter Führung von Regisseur Adrian Grunberg ("Get the Gringo") mehrfach deutlich. Und zwar nicht nur, weil sich Rambo selbst in den USA seine ganz eigene Guerilla-Welt gebuddelt hat ...
Und gemetzelt wird trotzdem ...
Der Knackpunkt: Rambo ist es egal, ob er selbst stirbt, so lange er die, die er liebt, dadurch retten kann – oder seine Rache dafür bekommt, dass ihnen etwas angetan wurde. Das bekommen insbesondere die Martinez-Brüder (Sergio Peris-Mencheta und Óscar Jaenada) am Ende böse zu spüren. Hätten sie mal die Finger von Gabrielle gelassen!
Vor allem an den letzten 20 bis 30 Minuten von "Last Blood" dürften eingefleischte "Rambo"-Fans ihre helle Freude haben: Gute alte Old-School-Action ohne viel CGI oder unrealistisch wirkende Kampfszenen trifft hier auf kreativsten Guerilla-Fallenbau auf der Familienfarm. Fallen, die "First Blood" alle Ehre machen, und die MacGyver und das A-Team vor Neid erblassen lassen würden, lauern auf die anrückenden Mitglieder des mexikanischen Mädchenhändlerrings. Ich sage nur: Einen so kreativen Einsatz einer Mistgabel habe ich wohl noch nie gesehen.
Seinem "hard R"-Rating, das die amerikanische MPAA vergeben hat, wird "Rambo 5" absolut gerecht. Mehr als einmal konnte ich im vor allem mit männlichen Kollegen besetzten Kino während der Pressevorführung ein erschrocken-begeistertes "Woooah!" hören.
Fazit: Für "Rambo"-Fans ein echtes Highlight
"Rambo 5: Last Blood" hat mich in mehrfacher Hinsicht positiv überrascht. Es gibt tatsächlich eine Handlung und sinnvolle Dialoge! Gleichzeitig gelingt es dem Film, seine ikonische Hauptfigur zu alter psychologischer Vielschichtigkeit zurückzuführen. Trotzdem bleibt die für die Filmreihe so typische Gemetzel-Quote nicht auf der Strecke. Vor allem Fans des hervorragenden ersten Teils werden an "Last Blood" daher ihre Freude haben. Ein Kandidat für den Oscar in der Kategorie "Bester Film" ist "Rambo 5" zwar nicht, doch er kann mit Fug und Recht als würdiger Abschluss der Filmreihe gelten. John Rambo darf sich nun in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden.