Dwayne Johnsons aktueller Kinostreich hat etwas geschafft, das selten ist: Die Videospiel-Verfilmung "Rampage – Big meets Bigger" hat zum Start finanziell überzeugt und ist laut Kritikerspiegel auf Rotten Tomatoes sogar die am besten bewertete Game-Adaption aller Zeiten. Überrascht? Wir haben einen Erklärversuch anzubieten.
- "Rampage – Big meets Bigger" macht irgendetwas richtig
- Das gefährliche Spiel mit den Erwartungen
- Wenn sonst nichts zieht, einer zieht immer: The Rock
- Was kommt als Nächstes?
Nun muss man direkt eingrenzen: Ja, "Rampage – Big meets Bigger" ist der am besten bewertete Film zu einem Videospiel auf RottenTomatoes.com – aber mit einer insgesamt doch noch "Rotten"-Wertung und gerade mal 51 Prozent Zuspruch der Kritiker. Kate Taylors dort gelistetes Zitat fasst das Dilemma gut zusammen; die Kritikerin der Globe and Mail sagt grob übersetzt: "'Rampage' hat nicht viel zu bieten: Die Handlung ist oberflächlich, die Dialoge wiederholen sich und die Psychologie dahinter ist billig."

Dagegen kann man einwenden: Klar, "Rampage – Big meets Bigger" ist kein Film, von dem man sich ein ernsthaftes Katastrophenszenario und tiefgründige Charakterstudien erwarten sollte. Aber auch von einem "Unterhaltsamer Sommer-Blockbuster"-Standpunkt aus gesehen, schneidet der Film oft nicht sehr gut ab. "Er ist nicht groß und dumpf genug", kritisiert Stephanie Zacharek vom TIME Magazine. Das spektakuläre und toll gemachte Krachbumm-Finale der Arcade-Adaption fällt einfach zu kurz aus.
Dafür langweilen die anfänglichen Versuche, Dwayne Johnsons Figur Davis Okoye Tiefe als sensibler und scheuer Primatenforscher zu geben. Leute, es ist Dwayne Johnson, der wohl nahbarste und beliebteste der großen Hollywoodstars derzeit. Jeder Versuch, seinen Charakter ins Gegenteil zu verkehren, bräuchte eine Oscar-reife Leistung des 46-Jährigen, um zu überzeugen. Dazu wäre er nicht in der Lage und das erwartet auch niemand von ihm. "The Rock" ist eben "The Rock".

"Rampage – Big meets Bigger" macht irgendetwas richtig
An den Kinokassen lief es zum Start am 13. April in den USA und einigen weiteren Ländern recht gut für "Rampage – Big meets Bigger", wenn auch nicht sensationell. Laut Variety hat der Film bisher weltweit rund 150 Millionen Dollar eingespielt, davon 55 Millionen allein in China – mehr als in Nordamerika, wo es demnach nur rund 35 Millionen Dollar waren. Box Office Mojo listet mit dem Stand 9. Mai sogar ein Einspielergebnis von 380 Millionen Dollar. Die Kosten von 120 Millionen Dollar hat das Actionspektakel also wieder eingefahren und einen Platz in den Top Drei der erfolgreichsten Videospieladaptionen sicher, mindestens.
Was macht "Rampage – Big meets Bigger" also richtig, woran andere Game-Adaptionen scheiterten? Zum Vergleich: Das von vielen mit Spannung erwartete Lara-Croft-Reboot "Tomb Raider" mit Alicia Vikander schaffte laut Box Office Mojo nur rund 270 Millionen US-Dollar Gesamteinspielergebnis und mit 49 Prozent bloß Platz drei der Videospielfilmcharts auf RottenTomatoes.com. Dabei ist die ballernde Archäologin eine der bekanntesten Spielfiguren weltweit. Mit der talentierten und für ihre Durchbruchrolle als verführerische Androidin in "Ex Machina" gefeierten Vikander als Abwechslung zu Angelina Jolies Lara Croft, hätte doch alles so gut werden können.

Das gefährliche Spiel mit den Erwartungen
Wurde es aber nicht: Hauptsächlich wegen der faden Handlung und schlechten Dialoge fiel auch diese Videospieladaption weitestgehend durch. Warum nicht auch "Rampage – Big meets Bigger"? Immerhin basiert der Film auf einem antiquierten Knöpfe-klopp-Automaten aus den 80ern! Eben – genau darin liegt einer der Vorteile für Johnsons "Rampage".
Das eigentliche Spiel kennen heute nur noch mindestens Enddreißiger, die sich seinerzeit in Spielhallen herumgetrieben haben. Und selbst für die war "Rampage" bloß ein witziger kleiner Zeitvertreib, kein Gaming-Mythos, von dem sie bis heute schwärmen. Auf dem Film lag also wenig bis gar kein Erwartungsdruck, eher im Gegenteil: Wegen der anspruchslosen Vorlage erwarteten die Kenner sicher ein Trashfest. Aber ganz so Banane ist "Rampage" nicht geworden, wie auch die Kritiken zeigen.
Jede Videospielverfilmung muss sich an den (Fan-)Erwartungen messen. Denn letztlich werden nur jene Spiele verfilmt, die auch hohe Einnahmen an der Kinokasse versprechen. Die Titel müssen also schon als Software beliebt und erfolgreich sein, kommen entsprechend mit einer Menge an treuen und kritischen Fans im Schlepptau. Ein gutes Beispiel ist etwa auch die "Assassin's Creed"-Verfilmung. Trotz einiger Schwächephasen und vergurkter Titel wie "Assassin's Creed Unity" hat Ubisofts Adventure-Serie um die schleichende Attentätergilde bis heute mehr als 100 Millionen Einheiten umgesetzt.

Der mit der Verfilmung beauftragte Australier Justin Kurzel konnte für die Hauptrolle die gefeierten Stars Michael Fassbender (bekannt u.a. aus "Shame", "Alien: Covenant" und "X-Men: Apocalypse") und Marion Cotillard ("Inception") gewinnen. Mit den beiden drehte er zuvor eine vor allem optisch sehr gelungene Filmversion zu Shakespeares "Macbeth". Die Ausbeute Kurzels "Creeds": blamable 18 Prozent Kritikerzuspruch auf RottenTomatoes.com. Die fade Verfilmung nahm sich unter anderem zu viele Freiheiten am Grundkonstrukt des Spieles, verärgerte damit dessen Fans und verwirrte Nichtkenner der Assassinen. Letztlich funktionierte "Assassin's Creed" von 2016 deshalb letztlich für fast niemanden.
Wenn sonst nichts zieht, einer zieht immer: The Rock
Das Beispiel zeigt, dass auch talentierte Regisseure und renommierte Schauspieler an Videospielverfilmungen scheitern können. Einerseits, weil sie den Stoff zu ernst nehmen und alle Fans zufriedenstellen wollen, oder nicht ernst genug nehmen und ihren eigenen Stempel aufdrücken. Eine Falle, in die "Rampage – Big meets Bigger" gar nicht tappen konnte und auch deshalb allein schon mit seinen durchwachsenen Reaktionen positiv überrascht.

Aber das allein dürfte die Massen nicht ins Kino ziehen. Der stärkste Erfolgsfaktor für "Rampage – Big meets Bigger" ist zweifellos Dwayne "The Rock" Johnson. Variety sagte der Box-Office-Experte Jeff Bock: "Hier ist gute alte Starpower am Werk. Nicht viele Leute haben heutzutage eine solche Wirkung." Mancher fragt sich wieso, aber für das Massenpublikum ist Dwayne Johnson der größte Kinosuperstar unserer Zeit, landet Hit auf Hit – und das alle paar Monate.
Unzählige Medien beschäftigen sich mit dem überraschenden Erfolg des glatzköpfigen Muskelpakets, darunter auch der angesehene britische Guardian. Demzufolge spielten Johnsons Filme schon 2015 gigantische 1,5 Milliarden Dollar ein. Tendenz steigend, schaut man sich seine aktuellen Riesenhits wie "Jumanji: Willkommen im Dschungel" an. "The Rock" ist Kassengold und mit jedem anderen Hauptdarsteller wäre die "Rampage"-Verfilmung als die obskure Kuriosität gefloppt, die man vor ihr erwartete.

Was kommt als Nächstes?
Geringe Erwartungshaltung, eine umfassende Marketing-Kampagne und Dwayne Johnson sind die Zutaten, die "Rampage – Big meets Bigger" so erfolgreich machten. Mit etwas bissigerem Humor, weniger Klischeefiguren und einer ausgewogeneren Handlung hätte der Film sicher noch mal besser abgeschnitten.
Aber eines ist sicher: Der Erfolg dieser Videospielverfilmung hat so wenig mit der Vorlage zu tun, wie nur eben möglich. Und bei Dwayne Johnsons Erfolgsgeschichte wären wir wohl kaum überrascht, wenn er sich demnächst auch noch einen Schnauzer anklebt, rote Latzhosen anzieht – und "Super Mario" neu verfilmt. Wobei er allein physisch doch auch gut als Kratos aus "God of War" durchgehen würde …