Nein, sonderlich originell ist es nicht, eine Kritik zum neuen "Robin Hood" mit einem uralten Kalauer von Otto zu beginnen. Passt aber ganz gut, denn auch der 2018er "Robin Hood" bietet wenig Neues. Geärgert hat er mich dafür aber ganz schön. Warum? Das sagen wir Dir in unserer Filmkritik.
In rund 100 Filmen ist er bislang aufgetreten – Robin Hood, Beschützer der Armen und Schwachen, schlitzohriger Dieb mit einem Herzen aus Gold, der von den Reichen nimmt, um es den Armen zu geben. Ein Stoff, der offenbar nie aus der Mode kommt! Sollte man meinen.
Denn die neue Version von Regisseur Otto Bathurst, mit Taron Egerton und Jamie Foxx in den Hauptrollen, ist ein lärmendes, substanz- und charakterloses Spektakel, das den Charme früherer Verfilmungen schmerzlich vermissen lässt. Das Resultat: katastrophale Kritiken und ein blamables Einspielergebnis an US-Kinokassen. Woran liegt's, dass Robin Hood heutzutage nur noch für ein müdes Gähnen sorgt ...?
Ich bin's, Reboot-Robin!
Die Sage um Robin Hood ist so tief im popkulturellen Bewusstsein verwurzelt, dass wir sie hier nicht noch mal rekapitulieren müssen, oder? Doch? Na gut, dann ganz kurz: Der englische Lord Robin von Loxley (Taron Egerton aus "Kingsman") wird vom Sheriff von Nottingham zum Kriegsdienst in Jerusalem eingezogen, verliert seine Ländereien, seine Freundin und seinen Adelstitel und wird schließlich zum Anführer einer lustigen Bande von Ausgestoßenen und sonstigen Galgenvögeln.

So weit, so bekannt – auch wenn Historiker bis heute streiten, wie korrekt diese Version der Geschichte ist und ob es Robin Hood überhaupt gegeben hat. Das soll uns aber nicht weiter stören, denn historisch akkurat ist diese Version des Stoffes nicht mal annähernd. Statt auf Detailtreue und Authentizität setzt Regisseur Bathurst auf schnelle Action, noch schnellere Schnitte und das Charisma seiner Stars. Und das entpuppt sich schnell als Fehler.
Banale Banditen-Bande
Robin Hood ist eine überlebensgroße Figur der Mythologie, der man als Schauspieler kaum gerecht werden kann – denn wer weiß schon, wie der echte Robin so war? Hier muss jeder Mime seine ganz eigene Interpretation finden: Als "All-American Boy" wie Douglas Fairbanks 1922, als vertrottelter Kindskopf in "Robin Hood – Helden in Strumpfhosen" aus dem Jahr 1993 oder als grummeliger Haudrauf, wie ihn Russell Crowe 2010 für Ridley Scott gegeben hat. Nun also Taron Egerton, der Eggsy aus den "Kingsman"-Filmen. Und man höre und staune: Er macht seine Sache gar nicht mal schlecht.

Gerade mal 29 Jahre ist der Waliser alt – und das merkt man: Was ihm an Gravitas fehlt, macht er durch jugendlichen Charme, Spitzbübigkeit und das gewisse Feuer im Hintern wieder wett. Nein, oscarreif ist seine Leistung nicht. Aber trotzdem überträgt sich seine Energie, seine Lust auf Aktivität und Bewegung, schnell auf den Zuschauer. Er mag die Kamera und die Kamera mag ihn. Ach, könnte man das doch auch von seinen Schauspiel-Kollegen sagen.
Eve Hewsons Maid Marian guckt entweder verwirrt, besorgt, oder, wenn die Dramatik ihren absoluten Höhepunkt erreicht, verwirrt und besorgt gleichzeitig. Jamie Foxx gibt Little John als verbissenen Mentor mit persönlichem Trauma – was für einen Oscargewinner eine prickelnde Herausforderung sein könnte. Doch Foxx läuft in seinen Szenen nahezu auf Autopilot und schafft es nicht, seinem Charakter erinnerungswürdige Ecken und Kanten zu verleihen. Ich möchte hier nun nicht unterstellen, Jamie Foxx wollte nur schnell einen dicken Gehaltscheck abgreifen – das wäre anmaßend. Vielleicht hat er auch einfach nur eine Wette verloren.

Einzig Ben Mendelsohn (Nolan Sorrento in "Ready Player One") als durchtriebener Sheriff von Nottingham verpasst seiner Figur genau die richtige Mischung aus autoritärer Strenge und schmieriger Doppelzüngigkeit. Das reicht zwar nicht, um den Film zu retten, ist aber ein willkommener Lichtblick im nahezu pausenlosen Action-Krawumm – womit wir zum zweiten großen Schwachpunkt von "Robin Hood" kommen.
Hauptsache, die Leinwand wackelt
Ich mag Actionfilme. Du magst Actionfilme. Wir alle mögen Actionfilme. Aber leider sind nicht alle Actionfilme gleich gut, nur weil alle paar Minuten etwas explodiert. "Robin Hood" ist so einer.
116 Minuten läuft der Film, und man merkt fast jede einzelne davon. Zwar handelt das Skript die durchaus faszinierende Hintergrundgeschichte des wohl berühmtesten Wegelagerers der Literaturgeschichte im Eiltempo ab und hält sich nicht lange mit Nebensächlichkeiten wie Figurenzeichnung oder Charaktermotivation auf. Doch die so eingesparte Zeit verpufft sinn- und ziellos in endlosen Kämpfen, Schießereien, Explosionen. Klingt zunächst aufregend, strapaziert spätestens ab der Hälfte der Spielzeit aber mächtig die Geduld.

Und außerdem: Action ist ja nicht gleich Action. Hätten die Actionsequenzen in "Robin Hood" Rhythmus und Melodie, würden sie die Story voranbringen, wären sie wirklich handgemacht und würden uns den Atem verschlagen – dann ja, bitte, mehr Action! Aber bei so einer schalen Nummernrevue, die jedes inszenatorische Klischee bedient (Stakkato-Schnitte, Wackelkamera, Zeitlupe und jeder zweite Hintergrund kommt ohnehin aus dem Rechner) verkommen die vermeintlichen Highlights des Films schnell zu lärmendem, unangenehm hektischem Balla-Balla.
Fazit: Geh in Rente, Robin
"Robin Hood" nimmt in der nicht gerade kurzen Liste schwacher Verfilmungen des Stoffes einen der vorderen Plätze ein. Es fehlt einfach an wirklich frischen Ideen, an Herzblut, an Charme. So fühlte ich mich mehr als einmal an den indiskutablen "Die Drei Musketiere" von Paul W. S. Anderson erinnert, der auch schon versuchte, eine altmodische Geschichte durch neumodische Inszenierung zu pimpen. Und dabei ebenso auf die Nase fiel.

Wir haben hier einen Film, den man sich mal anguckt, wenn man sonntags (möglicherweise verkatert) auf dem Sofa liegt und sonst nichts anderes läuft. Und dann bitte nur mit runtergedrehtem Ton.
Tja, schade. Und wenn man dann bedenkt, dass das wohl interessanteste Robin-Hood-Skript bis heute nie verfilmt wurde, könnte man schäumen vor Wut. In dem ist nämlich Robin zu Unrecht des Mordes angeklagt und der Sheriff von Nottingham versucht mit CSI-Methoden den wahren Mörder zu schnappen. Quasi Sherlock Hood. Oder Robin Holmes.
Hey, Hollywood – DAS wollen wir sehen. Und nicht diesen Action-Käse.