Es ist gerade Anfang März und eines der Smartphone-Highlights 2016 steht schon jetzt in den Startlöchern: Samsung Galaxy S7 und Galaxy S7 Edge wollen ab dem 11. März die Welt erobern. Im Test der beiden Flaggschiffe nehmen wir das Potenzial der schärfsten iPhone-Rivalen genauer unter die Lupe. So viel vorab: Apple muss sich dieses Jahr warm anziehen!
Vom Galaxy S6 zum Galaxy S7: Revolution oder Evolution?
Die Zeit der großen Smartphone-Revolutionen scheint erst einmal vorbei. Bei vielen Herstellern zeichnet sich eher ein Trend zu kleinen, aber sinnvollen Verbesserungen ab. Vom Vorgänger zum Nachfolgemodell werden häufig nur noch Prozessor, Kamera und mitunter auch der Akku verbessert sowie das Design leicht angepasst. Das machte Apple etwa beim Schritt vom iPhone 6 zum iPhone 6s so. Mit einer echten Überraschung konnte hingegen LG auf dem MWC 2016 aufwarten. Das LG G5 ist das erste modular aufgebaute Smartphone, über dessen Magic Slot sich der Akku austauschen oder verschiedene Zubehörmodule anbringen lassen.
Und Samsung? Auf den ersten Blick scheint der Schritt von Galaxy S6 und Galaxy S6 Edge zu Galaxy S7 und Galaxy S7 Edge nicht gewaltig. Das Design wurde leicht angepasst, bleibt seiner grundsätzlichen Linie aber treu. Zu den auffälligsten Unterschieden zählen der deutlich unauffälligere Kamera-Buckel beim neuen Modell sowie der Größenzuwachs bei der aktuellen Edge-Version. Ob man beim Blick auf die Technik – Hardware und Software – von einer Revolution sprechen kann, wollen wir im Test klären.
Design: Weniger Bling-Bling, mehr Schutz
Ein wenig Metall plus viel Glas – so lautete schon die Erfolgsformel beim Galaxy S6, das Samsung endlich einen Platz in der obersten Designliga sicherte. Davon rückt der Elektronikkonzern daher auch beim Nachfolgemodell nicht ab. Galaxy S7 und S7 Edge besitzen ebenfalls einen Aluminiumrahmen, Front- und Rückseite werden von Gorilla Glass 4 geschützt. Aber es gibt auch Unterschiede zum Vorgänger. Zu den deutlichsten gehört die Kamera auf der Rückseite, die nun sehr viel weniger aus dem Gehäuse herausragt.
Zudem hat Samsung die chromglänzenden Umrandungen von Hauptkamera, Blitz und Pulssensor, Lautsprecher und Home-Button weggelassen. Dadurch wirkt das Galaxy S7 etwas dezenter als das Vorjahresmodell, aber ebenso stilvoll. Dazu trägt auch die neue sanfte Rundung der Rückseite bei. Sie sorgt für leicht changierende Farben je nach Lichteinfall. Die glänzende Oberfläche des Galaxy S6 spiegelt hingegen einfach. Unterstrichen wird der stilvolle Auftritt nicht zuletzt von der neuen Farbgebung: Das Schwarz des Galaxy S7 wirkt wieder richtig dunkel, die Vorgängergeneration driftete noch stark ins Bläuliche ab.
Die Knöpfe und Anschlüsse sitzen beim 2016er Flaggschiff an gewohnter Position, nur der SIM-Kartenschacht, der – zur Freude aller Smartphone-Nutzer – auch wieder eine microSD-Karte beherbergen kann, rutschte von der rechten Gehäuseseite an die Oberseite des Geräts. Und noch etwas Wichtiges ist Samsung gelungen: Sämtliche Gehäuseöffnungen für Ports, Lautsprecher und Co. sind jetzt wasser- und staubdicht. Und das ohne fummelige und hässliche Schutzabdeckungen, wie Samsung sie noch beim Galaxy S5 einsetzte. Mit seiner IP68-Zertifizierung dürfte das Galaxy S7 theoretisch eine halbe Stunde unter Wasser getaucht werden und würde keinen Schaden nehmen. Für den Alltag ist das ein spürbarer Komfortgewinn. Immerhin muss man sich keine Sorgen mehr ums Telefonieren oder Joggen mit Smartphone im Regen sowie versehentlich verschüttete Getränke machen.
Handling: Für jeden die passende Größe
Die kleinen, aber feinen Designänderungen gehen allerdings auch mit einem kleinen Wermutstropfen einher. Beide Modellvarianten, Galaxy S7 und sein kurviger Edge-Bruder, fallen etwas dicker aus als ihre jeweiligen Vorgänger, jeweils knapp einen Millimeter. Auf das Handling wirkt sich das jedoch nicht negativ aus, wie schon unser erstes Hands-On vor dem ausführlicheren Test zeigte. Tatsächlich liegen die jetzt auch leicht schwereren Geräte sogar besser in der Hand als Galaxy S6 und S6 Edge. Besonders das Galaxy S7 entpuppte sich im Alltagstest als wahrer Handschmeichler. Die Kurve, die das Galaxy S7 Edge auf der Front ziert, hat Samsung dem Modellbruder nämlich auf der Rückseite verpasst. Mit diesem Design-Kniff des Galaxy Note 5 passt sich das Smartphone wirklich gut an die Handinnenfläche an.
Bedeutender als der Millimeter extra in der Tiefe und die paar Gramm mehr auf der Waage ist aber eine andere Veränderung: Das Galaxy S7 Edge ist jetzt größer als das Galaxy S7. Die aktuellen Flaggschiffe sind also wahlweise mit 5,1-Zoll-Display oder 5,5-Zoll-Curved-Display erhältlich. Dafür fällt die Plus-Version in diesem Jahr – und damit auch ein wenig vom Galaxy-Modellchaos – weg. 2015 bot Samsung zunächst die 5,1 Zoll großen Smartphones Galaxy S6 und Galaxy S6 Edge an und erweiterte das Angebot später um das 5,7 Zoll große Galaxy S6 Edge Plus als Alternative zum Galaxy Note 5, das seinen Weg nicht nach Deutschland fand. In diesem Jahr wird es also einfacher – und mit einer 5,5-Zoll-Variante auch alltagstauglicher.
Display: Super-Screen – mit Kurve und ohne
Ob 5,1 oder 5,5 Zoll, die Auflösung bleibt dieselbe: 2560 x 1440 Pixel bringt Samsung auf den Super-AMOLED-Displays von Galaxy S7 und S7 Edge unter. Klar, auch Samsung hätte auf 4K setzen können. Doch der Sinn dahinter erschließt sich bei den Screen-Dimensionen von Smartphones nicht wirklich. Das führte uns bereits der Test des Sony Xperia Z5 Premium vor Augen. Die 577 beziehungsweise 534 ppi der aktuellen Galaxy-Modelle sind mehr als genug.
Schwerer gewichten wir andere Eigenschaften der Samsung-Displays – allem voran die dahinter stehende OLED-Technologie. Sie sorgt für extrem satte und kräftige Farben, hohe Kontrastwerte und belastet den Akku weniger als die zum Beispiel bei Apple noch üblichen LCD-Screens. Außerdem kann Samsung die Display-Ränder bei seinen Galaxys dank OLED schmaler gestalten als Apple bei seinen iPhones. Im Vergleich zum Galaxy S6 strahlt der Bildschirm des S7 zudem noch einmal heller. Ergo: Ein besseres Smartphone-Display hatten wir bislang noch nicht im Test.
Es gibt allerdings auch etwas, das Apple Samsung voraus hat: 3D Touch. Entgegen ersten Spekulationen hat das Galaxy S7 keine ähnliche Technologie spendiert bekommen, die unterschiedlich starken Druck auf das Display erkennt. Dafür führt Samsung ein anderes interessantes Feature ein. Bei aktivierter Always On-Funktion werden Uhrzeit, Kalender oder ein minimalistisches Hintergrundbild auf dem ausgeschalteten Display angezeigt. Ob das akkuschonender ist, als den Screen zum ständigen Nachsehen der Uhrzeit einzuschalten – dazu später mehr unter "Akku".
Hardware: Pure Power fürs Gaming
Neue Gerätegenerationen bekommen natürlich auch neue Prozessoren. Das Samsung Galaxy S7 und das S7 Edge werden in zwei Varianten gefertigt. Nach Deutschland kommt die Version mit hauseigenem Exynos 8890, einem Octacore-Prozessor, bei dem vier Kerne mit 2,3 GHz und vier Kerne mit 1,6 GHz getaktet sind. Leistungstechnisch dürfte sich der Chip kaum vom Snapdragon 820 unterscheiden, der unter anderem das LG G5 und das Galaxy S7 für andere Märkte als den europäischen antreibt. Erste Benchmarks zeigten zwar Differenzen, im Smartphone-Alltag sollte davon aber nichts zu merken sein. Ob Exynos oder Snapdragon – zur Seite stehen jeweils 4 GB RAM. Damit startet das Samsung-Flaggschiff nicht nur schnell, es ist auch bestens fürs Mobile Gaming gerüstet. Um währenddessen nicht so warm zu laufen wie noch das Galaxy S6, wird der Prozessor des S7 von einer sogenannten Heatpipe flüssigkeitsgekühlt.
Ist es angesichts solch fortschrittlicher Technik überhaupt noch eine Erwähnung wert, dass der verbaute Fingerabdrucksensor im Test einwandfrei und schnell funktionierte? Naja, auch hier könnte man Samsung vorwerfen, nicht auf das Neueste vom Neuen zu setzen. Eine Gesichtserkennung wie beispielsweise beim Microsoft Lumia 950 gibt es nämlich nicht. Ebenso vergeblich sucht man einen USB Typ-C-Anschluss. Stattdessen gibt es weiterhin microUSB. Warum? Vielleicht weil Samsung Nutzer nicht verärgern will, die noch unzählige USB-Ladekabel zu Hause rumliegen haben. Dabei hätte der Hersteller angesichts seiner Marktanteile auch eine Vorreiterrolle bei der Verbreitung des USB C-Standards einnehmen können.
Software: Ein bisschen Google und viel Samsung
Auch beim Blick auf die Software müssen wir in unserem Test zuerst etwas Kritik anbringen. Samsung liefert das Galaxy S7 nämlich mit gewohnt viel Bloatware aus. Rund 30 Apps waren auf den Testgeräten vorinstalliert, von Entschlackung der TouchWiz-Oberfläche kann also keine Rede sein. Von einem reinen Android 6.0.1-System trennen das S7 viele Samsung- und einige Microsoft-Apps. Allerdings sind auch einige Dinge mit an Bord, die man durchaus nützlich finden kann.
Mobile-Zocker könnten sich etwa über den Game Launcher freuen, eine Anwendung, über die sich installierte Spiele starten und gamingfreundliche Geräteeinstellungen treffen lassen. Wer beim Spielen nicht gestört werden möchte, kann Benachrichtigungen für diese Zeit deaktivieren oder Hintergrundanwendungen für das Plus an Performance begrenzen. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, einen winzigen Bubble im Spiel einzublenden, über den sich Zusatzfunktionen wie Screenshots oder Screencapturing aufrufen lassen. Das Samsung Galaxy S7 ist außerdem das erste Smartphone, das die Vulkan API, eine plattformübergreifende Programmierschnittstelle unterstützt. Damit ist das Modell bereits für viele kommende Mobile Games gerüstet.
Weitere Extra-Funktionen bietet das Galaxy S7 Edge mit seinen Curved-Displays an den Seiten. Davon findet man seit Android 6 Marshmallow auch einige mehr vor. Grundsätzlich hat der Edge-Besitzer die Möglichkeit, Seiten-Paneele, Seiten-Feeds und ein Seitenlicht zu aktivieren. Als Paneele stehen neben App-Shortcuts, Aufgaben und VIP-Kontakten etwa auch Tools wie Kompass, Lineal oder Taschenlampe zur Auswahl. Zusätzliche Paneele und Feeds lassen sich im Galaxy App Store herunterladen.
Noch etwas, das Samsung beim Galaxy S7 aktiv bewirbt, bereitete im Test allerdings noch Probleme: Das Smart Switch-Feature fürs unkomplizierte Übertragen von Daten des alten aufs neue Smartphone wollte vor dem offiziellen S7-Release noch nicht funktionieren – nicht einmal mit einem Galaxy S5. Auch Alex und Jens hatten keinen Erfolg mit Smart Switch. Möglich, dass die Funktion tatsächlich erst zum Release freigeschaltet wird. Wir werden den Test dann entsprechend updaten.
Kamera: Weniger Pixel für bessere Bilder
Wirklich tadellose Ergebnisse lieferte hingegen die Kamera der neuen Samsung-Flaggschiffe. Insbesondere unter schlechten Lichtverhältnissen macht das neue Galaxy S7 noch bessere Bilder als das Galaxy S6, das in unserem großen Smartphone-Kamera-Vergleichstest schon einen der vorderen Plätze belegte. Dabei bietet die neue Kamera sogar eine geringere Auflösung als die des Vorgängermodells. Statt mit 16 löst der Bildsensor nur noch mit 12 Megapixeln auf. Und dennoch kann er mehr Licht einfangen. Denn Samsung hat dem S7 größere Pixel und eine größere f/1.7-Blende spendiert – sowohl vorne als auch hinten. Das Galaxy S6 besitzt für Smartphones eine ebenfalls schon vernünftige f/1.9-Optik, das iPhone 6s eine vergleichsweise kleine f/2.2-Blende.
Eine weitere Technologie, mit der das Galaxy S7 im Test punkten kann, nennt sich Dual Pixel. Das Prinzip, dass jeder einzelne Pixel des Sensors nicht eine, sondern zwei Fotodioden besitzt, kennt man bisher nur von teuren Canon-DSLRs. Samsung setzt die Technologie nun erstmals in einem Smartphone ein und macht den Autofokus des S7 damit zum schnellsten, den es aktuell in einer Handykamera gibt. Im Test fingen wir damit quasi aus Versehen Möwen im Flug ein, die erstaunlich scharf abgebildet wurden. Die 12-Megapixel-Bilder sind aber nicht nur äußerst detailreich, sondern überzeugen auch mit natürlichen Farben und Kontrasten. Den Vergleich zu anderen Smartphones bei schlechtem Licht kann das neue Modell ebenso für sich entscheiden. Schon erstaunlich, wie gewaltig der Unterschied zur Galaxy S5-Kamera ausfällt.
Für Fotografie-Enthusiasten gibt es natürlich einen manuellen Modus. Der nennt sich "Pro" und lässt den Nutzer ISO-Werte, Fokusbereiche oder Verschlusszeiten einstellen, einen Weißabgleich vornehmen, die Helligkeit regulieren oder verschiedene Stile in Echtzeit auf das Foto anwenden. Zusätzlich finden sich spielerische Modi wie "Essen", "Virtual Shot", "Hyperlapse" und vieles mehr auf dem Galaxy S7. Noch mehr gibt es per Download. Filmen kann die Samsung-Kamera maximal in 4K-Auflösung, bei Full HD werden wiederum bis zu 60 Bilder pro Sekunde aufgezeichnet.
Akku: Always On...
Ein dickeres Smartphone hat auch Vorteile! Das zeigt sich spätestens beim Blick auf die Akkukapazität von Galaxy S7 und Galaxy S7 Edge. Mussten die Vorgänger noch mit 2550 und 2600 mAh haushalten, kann das Galaxy S7 aus einem 3000-mAh-Akku und das S7 Edge aus einem 3600-mAh-Speicher schöpfen. Obwohl der stärkere Prozessor ordentlich am Akku saugen dürfte und das Always On-Feature zunächst auch erst einmal nach Stromfresser klingt, machte die neue Gerätegeneration in unserem Test eine bessere Figur als die Vorjahresserie.
So weit wir das über den Testzeitraum beobachten konnten, kommt Samsungs Schätzung, dass die Always On-Funktion rund einen Prozent Akkuladestand pro Stunde vernichtet, ganz gut hin. Nach einem Testtag mit umfangreicher Nutzung und aktiviertem Always-On-Feature – inklusive Foto-Shootings bei voller Display-Helligkeit – war der Akku am nächsten Morgen noch gut halb voll. Zwei Tage Akkulaufzeit sind also nicht utopisch.
Schnell wieder voll ist der Akku ebenfalls. Mit dem im Lieferumfang enthaltenen Schnellladekabel dauert das Aufladen des Galaxy S7 rund eineinhalb Stunden. Das größere S7 Edge benötigt nur minimal länger. Kabelloses Laden funktioniert laut Hersteller nicht ganz so schnell und ist nur mit einer optional erhältlichen Ladestation möglich.
Fazit: Das südkoreanische Revolutiönchen
Lohnt es sich also, ab dem 11. März zuzuschlagen, wenn Samsung Galaxy S7 und Galaxy S7 offiziell im Handel zu kaufen sind? Immerhin sind die neuen Smartphone-Flaggschiffe mit unverbindlichen Preisempfehlungen von 699 und 799 Euro keine Schnäppchen. Zudem fehlt den beiden neuen Modellen auf den ersten Blick der gewisse Wow-Faktor, den wir der Vorgängergeneration im Test noch attestierten. Das Glas-Metall-Design ist nach wie vor schick und das Edge-Display immer noch etwas Besonderes. Grundlegend neu oder revolutionär ist die Optik jedoch nicht.
Aber: Das Galaxy S7 ist dennoch das bessere Smartphone. Samsung hat nämlich genau die Dinge verbessert, die beim Galaxy S6 und Galaxy S6 Edge störten. Der interne Speicher lässt sich jetzt wieder per microSD-Karte erweitern, teurere Varianten des Smartphones mit größerem Speicher fallen damit weg. Außerdem ist das Galaxy S7 wieder wasserdicht – und das ohne nervige Abdeckungen für die Anschlüsse wie beim S5. Der Akku ist zwar weiterhin nicht austauschbar, bringt aber mehr Kapazität mit und hält im Alltag spürbar länger durch.
Dass Samsung nicht auf die allerneusten Technologien setzt (4K-Display, Gesichtserkennung, 3D Touch oder USB C), ist nicht grundsätzlich negativ zu werten. Alles, was an Technik im neuen Flaggschiff zum Einsatz kommt, wirkt ausgereift und funktionierte im Test einwandfrei. Die Performance lässt aktuell keine Wünsche offen und die Kamera zählt nicht nur zu den Highlights des Geräts, sondern definitiv auch zu den besten am Markt. Das Gesamtpaket ist damit viel stimmiger als noch beim Galaxy S6 und der Anschaffungspreis durchaus gerechtfertigt.