Das Galaxy S9 ist Samsungs neuestes Flaggschiff-Smartphone. Es möchte weniger mit Design-Innovationen als mit neuer Kamera-Technik, einem schnelleren Prozessor und lauten Stereo-Lautsprechern überzeugen. Im Test haben wir geprüft, ob das Galaxy S9 genügend Neuerungen bietet.
Design und Verarbeitung: Kleine Optimierungen
Auf den ersten Blick sieht das Galaxy S9 genauso aus wie das Galaxy S8: Kleine Displayränder oben und unten, ein längliches 18,5:9-Display mit Dual-Edge-Design und Vorder- sowie Rückseite aus Gorilla Glas. Das Amoled-Display misst noch immer 5,8 Zoll, allerdings sind die Ränder oben und unten noch ein wenig kleiner geworden. Der Iris-Scanner wurde hinter das Glas verbannt und der Fingerabdruckscanner sitzt endlich unter der Hauptkamera. LED-Blitz und Herzfrequenzsensor machen es sich nun rechts daneben bequem.
Das Design des Galaxy S8 wurde also sinnvoll optimiert, einige Schwächen erbt das Galaxy S9 allerdings vom Vorgänger. So schindet der Dual-Edge-Screen mit seinen abgerundeten Seiten zwar optisch Eindruck, praktisch ist das Design aber nicht. Das Smartphone lässt sich so schwerer greifen, ohne das Touch-Display an den Seiten zu berühren. Ähnliches gilt für die Verarbeitung aus Glas: Hübsch anzusehen, aber aufgrund der Zerbrechlichkeit eines solchen Designs eher unpraktisch im Alltag. Das längliche Displayformat entspricht dem aktuellen Designtrend, hat aber ebenso seine Nachteile. Immerhin ist das Smartphone nach IP68 wasserdicht.
Urteil: Das Galaxy S9 ist ein hübsches Smartphone aus hochwertigen Materialien und sinnvollen Optimierungen im Vergleich zum Vorgänger, wobei das Design im Alltag auch Herausforderungen mitbringt.
Ausstattung und Leistung: Ganz oben mit dabei
Auf dem Papier gleicht das 5,8 Zoll große Amoled-Display mit einer Auflösung von 2960 x 1440 Pixeln dem des Vorgängers. Der HDR-Support ist ebenso nicht neu, wirkt aber bei der Betrachtung von kompatiblen YouTube-Videos noch einmal etwas beeindruckender als beim Vorgänger. Grund sind einige Detailverbesserungen, etwa bei der Farbgenauigkeit und bei der Ablesbarkeit in der Sonne, die DisplayMate im Detail erfasst hat. Den Experten zufolge bietet das Galaxy S9 das bislang beste Smartphone-Display überhaupt. Tatsächlich versetzte es uns im Test immer wieder ins Staunen.
Für die Leistung ist der neue Samsung-Chip Exynos 9810 zuständig, der leider wieder nur von 4 GB Arbeitsspeicher begleitet wird. Der neue Chip beseitigt die letzten Ruckler in Samsungs Benutzeroberfläche und sorgt für eine absolut flüssige Bedienung. Laut Benchmarks ist der frische Prozessor ungefähr so schnell wie der Konkurrent Qualcomm Snapdragon 845, während die Grafikeinheit etwa 20 Prozent dahinter liegt. In der Praxis macht das für fast alle Spiele keinen Unterschied, da nur wenige auch nur die Grafik-Power des Galaxy S8 ausnutzen.
So ist es kein Wunder, dass Spiele wie "Asphalt Extreme" und "Sonic Forces" schnell laden und flüssig laufen. Nur bei "Jurassic World" waren tatsächlich in der höchsten Displayauflösung ein paar Ruckler beim Zoomen auf dem hochauflösenden Dino-Freizeitpark auszumachen. Gaming macht auf dem großen und farbenfrohen OLED-Display insgesamt viel Spaß, wobei vor allem hier das Dual-Edge-Design dem Galaxy S9 in die Quere kommt, da der Nutzer stets darauf achten muss, die gekrümmten Displayränder nicht zu berühren.
In Hinblick auf die Ausstattung bleiben bis auf etwas mehr Arbeitsspeicher keine Wünsche offen: Es ist alles an Bord von USB-C 3.1 Gen 1 (OTG) über WLAN 802.11 a/b/g/n/ac, Bluetooth 5.0 inklusive aptX-Support, NFC, Fingerabdrucksensor, Iris-Scanner, Pulsmesser, microSD-Slot für Karten bis zu 400 GB, kabelloses Laden und Quick Charge. Schade allerdings: Die Akkulaufzeit kann den Vorgänger nicht toppen und genügt somit kaum für länger als einen Tag. Flaggschiffe anderer Hersteller wie das LG V30 oder vor allem das Huawei Mate 10 Pro sind deutlich langlebiger. Auch enttäuschend: Der Iris-Scanner wollte meine Iris auch nach mehrmaligen Versuchen nicht erkennen, wobei andere Tester nicht von diesem Problem berichten.
Urteil: Das Galaxy S9 läuft dank neuem Chip schnell und flüssig und die Ausstattung erfüllt höchste Ansprüche, mit einer Ausnahme: Es hätten gerne 6 GB Arbeitsspeicher sein dürfen, die dem Galaxy S9 Plus vorbehalten sind. Am ärgerlichsten ist der mangelnde Fortschritt bei der Akkulaufzeit.
AR-Emojis und Bixby: Work in Progress
Die AR-Emojis sind Samsungs Antwort auf Apples Animojis. Es handelt sich um 3D-Modelle des Nutzers, die als animierte Gifs verschiedene Emotionen ausdrücken. Sie sind sehr leicht zu erstellen. Zunächst wird ein Selfie des Gesichts geknipst, dann entwickelt die Software daraus ein 3D-Modell inklusive Körper. Nach der Anpassung von Hautton, Mode und Co. durch den Nutzer ist das AR-Emoji fertig. Daraus bastelt die App automatisch animierte Emoji-Gifs, die unterschiedliche Gefühlsausbrüche darstellen. Diese lassen sich in sozialen Apps wie Facebook teilen.
Die Meinungen zu den AR-Emojis fielen in der Redaktion unterschiedlich aus. Unser Fotograf Oliver findet das Feature "ganz witzig" und lobt, wie leicht die AR-Emojis anzulegen sind. Wahrscheinlich würde er sie aber nicht im Alltag nutzen. Ich selbst finde, dass Samsung noch nicht die richtige Balance zwischen Realismus und Cartoon-Figur gefunden hat, aber das Feature ist bereits ein guter Ansatz. Ich könnte mir sogar vorstellen, sie etwa auf Facebook einzusetzen.
Da der schon mit dem Galaxy S8 vorgestellte Bixby-Sprachassistent noch immer nicht die deutsche Sprache unterstützt, haben wir ihn kurzerhand auf Englisch getestet. Die Spracheingaben werden hervorragend erkannt und schnell umgesetzt. Allerdings hat Bixby aktuell noch weit weniger Features zu bieten als Konkurrenten wie Amazons Alexa und der Google Assistant. Bixby dient vor allem zur Sprachsteuerung des Smartphones wie für das Öffnen von Apps und ist mit komplexeren Anfragen schnell überfordert.
Urteil: Die AR-Emojis sind eine nette Spielerei, erfordern aber eine Überarbeitung. Bixby unterstützt die deutsche Sprache noch nicht, aber das ist kein großer Verlust, denn selbst die englische Version bietet noch nicht viele Möglichkeiten.
Kameras und Audio: Der neue Standard
Die 12-Megapixel-Hauptkamera des Galaxy S9 kann dank mechanischer Blende auf einen Blendenwert von f/1,5 oder auf f/2,4 umschalten. Das erledigt die Kamera-App automatisch je nach Lichtbedingungen, wobei auch ein Pro-Modus mit manueller Umschaltung geboten wird. Zu den technischen Features zählen außerdem optische Bildstabilisierung und Dual-Pixel-Autofokus.
Tageslicht-Fotos fallen detailreich aus mit so gut wie keinem Rauschen und mit einem großartigen Dynamikumfang. Das wahre Highlight sind aber die Aufnahmen bei schlechten Lichtverhältnissen: Selbst spät am Abend bleiben die Fotos detailliert, scharf und das Rauschen hält sich in engen Grenzen. So gute Aufnahmen in Innenräumen und bei wenig Sonnenlicht haben wir noch nie von einer Smartphone-Kamera gesehen. Da das Galaxy S9 keine Dual-Kamera hat, sind Porträtaufnahmen mit unscharfem Hintergrund schwieriger zu machen und die Unschärfe setzt nicht immer an der richtigen Stelle an, aber das Ergebnis fällt trotzdem besser aus als bei der Konkurrenz wie dem Huawei P10.
Die 8-Megapixel-Selfie-Kamera, die vom Galaxy S8 bekannt ist, kommt nicht an die Qualität der Hauptkamera heran. Vor allem der unzuverlässige Autofokus stand scharfen Aufnahmen im Weg und bei wenig Licht ist die Selfie-Cam schnell überfordert. Im Konkurrenzvergleich liefert jedoch auch die Selfie-Cam eine gute Vorstellung ab. Videoaufnahmen sind derweil in bis zu 4K-Auflösung bei 60 FPS möglich, wobei dann die die Videostabilisierung nicht mehr funktioniert. Die Videos sehen großartig aus – scharf, detailliert und kontrastreich.
Bei den Zeitlupenaufnahmen in 720p sieht das anders aus, diese rauschen stark und benötigen sehr gute Lichtverhältnisse. Dann allerdings können, auch dank automatischer Bewegungserkennung und Zeitlupen-Editor, eindrucksvolle Aufnahmen in 960p entstehen. Wie beim Sony Xperia XZ Premium ist die Aufnahmezeit in der Superzeitlupe jedoch auf 0,2 Sekunden begrenzt. Bei uns erfährst Du, wie Du am meisten aus der Funktion herausholst.
Ein echtes Highlight sind die neuen Stereo-Lautsprecher, die für ein Smartphone beachtlich laut und dynamisch klingen. So machen Spiele und Filme gleich viel mehr Spaß. Derart überzeugenden Handy-Lautsprecher haben wir noch nie lauschen dürfen. Auch die Soundqualität über den Klinkenanschluss kann sich hören lassen – sogar die mitgelieferten AKG-In-Ear-Kopfhörer bieten eine hohe Audioqualität. An das LG V30 mit seinem Hi-Fi-Chip reicht die Klinken-Soundqualität aber nicht ganz heran.
Urteil: Die Hauptkamera zählt zu den besten Smartphone-Kameras und macht selbst bei wenig Licht gute Fotos. Die Stereolautsprecher klingen lauter und dynamischer als bei der Konkurrenz und Samsung bietet weiterhin einen Klinkenanschluss für Kopfhörer.
Fazit: Gelungenes Upgrade, das seinen Preis hat
Das Galaxy S9 ist ein schnelles High-End-Smartphone mit herausragendem HDR-Display, einer tollen Kamera und lauten Stereo-Lautsprechern. Ein paar Schwächen gibt es jedoch: Die abgerundeten Displayseiten gepaart mit dem dünnen Rahmen wirken zwar optisch beeindruckend, sind bei der alltäglichen Handhabung aber unpraktisch. Bixby unterstützt noch immer nicht die deutsche Sprache und die AR-Emojis sind ebenfalls ein Work-in-Progress. Am schwerwiegendsten: Die Akkulaufzeit ist auf dem durchschnittlichen Vorgänger-Niveau geblieben, hier bieten Konkurrenten wie das Huawei Mate 10 Pro deutlich mehr.

Die kleineren Schwächen des Technik-Überfliegers fallen nicht zuletzt aufgrund des Preises besonders ins Auge: Für 850 Euro dürfen die Käufer eigentlich Perfektion erwarten. Auch die Update-Politik von Android-Smartphone-Herstellern wie Samsung enttäuscht im Vergleich zu Apple, die mehrere Jahre länger Updates ausliefern. Das ist ein Grund, warum Apple Preise im 1000-Euro-Bereich riskiert, während wir bei Android-Smartphones da noch größere Bauchschmerzen bekommen. Immerhin: Wer es sich leisten kann, erhält mit dem Galaxy S9 eines der besten Android-Smartphones überhaupt mit sinnvollen Upgrades im Vergleich zum Vorgänger.
Das hat uns gut gefallen | Das hat uns weniger gut gefallen |
+ Hervorragendes HDR-AMOLED-Display + Tolle Hauptkamera + Schnelle und flüssige Bedienung + Dynamische Stereo-Lautsprecher |
- Unpraktisches Dual-Edge-Design - Akkulaufzeit nur Durchschnitt - Bixby unterstützt noch keine deutsche Spracheingabe - AR-Emojis wirken unfertig - Nur 4 GB Arbeitsspeicher |