- Design und Handling: Displayränder wie aus dem Jahr 2015
- Display: Mit 4K und HDR auf Bravia-TV-Kurs
- Hardware und Software: Premium-Specs & schlankes Android
- Super-Slow-Motion: Superzeitlupe oder super lahm?
- Foto und Video: Gute Kamera, nicht ganz so gute Software
- Akku: Es lädt und lädt und lädt…
- Fazit: Taschenspiegel für Specs-Fetischisten
"Spieglein, Spieglein an der Wand, was halte ich für ein Smartphone in der Hand?" – "Frau Testerin, ein Sony Xperia XZ Premium. Aber es ist nicht das Schönste im ganzen Land." Warum mein imaginäres Gespräch mit einem Spiegel so in etwa ablaufen könnte, erfahrt ihr im Test.
Unrealistisch ist diese Szene nicht nur, weil Spiegel in der Wirklichkeit nicht reden können. Würde ich tatsächlich ein Sony Xperia XZ Premium mein Eigen nennen, dann würde ich wahrscheinlich keinen Spiegel mehr besitzen. Ich bräuchte schlichtweg keinen mehr – schließlich ist das Smartphone quasi selbst einer. Zumindest das uns vorliegende Testgerät in der Farboption Luminous Chrome glänzt und strahlt, was das Zeug hält. Kein Smartphone fürs heimliche WhatsAppen unter der Schulbank…
Aber mal Spaß beiseite. Natürlich ist der Quasi-Nachfolger des Xperia Z5 Premium mehr als ein Handtaschen-Accessoire. Beworben wird es nicht nur mit High-End-Specs, sondern vor allem auch mit einer Superzeitlupenfunktion. Wie super diese Zeitlupe tatsächlich ist und warum es sich sonst noch lohnen könnte, sich den Namen des aktuellen Sony-Flaggschiffs hinter die Ohren zu schreiben, wollten wir im Test herausfinden.
Design und Handling: Displayränder wie aus dem Jahr 2015
Die Rückseite der Chrome-Variante ist nicht das einzige auffällige Design-Merkmal des Xperia XZ Premium. Wer nicht zum ersten Mal ein Sony-Smartphone in der Hand hält, dem dürfte auch auffallen, wie stark der japanische Hersteller an alten Traditionen festhalten will. Das 2017er Flaggschiff sieht fast immer noch so aus wie sein Vorgängermodell aus dem Jahr 2015, nur fallen die Ecken weniger rund, die Kanten dafür noch rundlicher aus. Damit liegt der neue Sony-Riese etwas besser in der Hand als das Z5 Premium, für eine Einhandbedienung ist es jedoch immer noch zu groß.
Was den aktuellen Trend im Smartphone-Bereich angeht, möglichst viel Display in möglichst kleine Gehäuse zu stecken, scheint Sony sich taub zu stellen. Statt einen fast randlosen Screen im 18:9-Format wie beim Samsung Galaxy S8 oder beim LG G6 findet man beim Xperia XZ Premium einen 16:9-Bildschirm im bulligen Gehäuse vor. Die Displayränder oben und unten fallen nicht kleiner aus als 2015 und damit in der Chrome-Version auch extrem auf.
Das Gehäuse, das Metall und Glas durchaus auf elegante Art und Weise miteinander kombiniert, wird dem Namenszusatz "Premium" durchaus gerecht. Die Farbe ist natürlich Geschmackssache und zum Glück hat Sony auch zwei dezentere Varianten im Angebot. Wer sein Smartphone im Alltag nämlich hin und wieder mal in die Hand nimmt und es nicht als Dekoelement in einen Schaukasten stellt, der sollte sich einmal die Versionen in Deepsea Black und Bronze Pink ansehen. Anders als unser Spiegel sind sie hoffentlich ein bisschen weniger anfällig für Fingerabdrücke und Fettflecken. Gegen Staub- und Wassereintritt sind dank IP68-Zertifizierung übrigens alle Versionen immun.
Display: Mit 4K und HDR auf Bravia-TV-Kurs
Ein Eyecatcher will auch das Display des Sony Xperia XZ Premium sein. Natürlich nicht aufgrund seiner auffällig großen Ränder, sondern weil es sich quasi um einen auf 5,5 Zoll geschrumpften Bravia-TV handelt. Zumindest wirft Sony bei seinem Smartphone-Flaggschiff mit denselben Marketing-Begriffen um sich. So kommt das XZ Premium auf eine stolze 4K-Auflösung von 3840 x 2160 Pixeln und eine wahnsinnige Pixeldichte von 801 ppi. Nicht nur die Kamera, sondern auch die Anzeige besitzen eine HDR-Funktion und die Optionen zum Einstellung der Farbdarstellung stehen denen eines Bravia-TVs in kaum etwas nach.
Wie erwartet machte das 4K-Display im Test eine gute Figur. Die Farbdarstellung überzeugt, die maximale Helligkeit geht in Ordnung und einzelne Pixel sucht man natürlich vergeblich. Was den unterstützten HDR10-Standard angeht, der mehr Kontrastabstufungen verspricht, müssen Xperia-Fans wohl noch etwas abwarten, bis mehr entsprechend aufbereitete Inhalte bereitstehen, um wirklich davon zu profitieren.
Hardware und Software: Premium-Specs & schlankes Android
Du hast es vielleicht schon gemerkt: Was man Sony an fehlender Innovationsfreude in Sachen Design vorwerfen kann, trifft auf die Hardware des Xperia XZ Premium nicht zu. Die Technik ist up to date und soll schon beim Überfliegen des Datenblattes beeindrucken. Zu dem 4K-Display mit HDR-Funktion gesellen sich ein Snapdragon-835-Chip, 4 GB RAM, 64 GB interner Speicher, USB Typ-C sowie eine 19-Megapixel-Kamera mit 4K-Video- und Superzeitlupenfunktion.
Vorinstalliert ist Android 7.1.1 Nougat, erweitert um eine vergleichsweise schlanke Oberfläche. Zwar gibt es die üblichen von Sony vorinstallierten und teilweise nicht wirklich nützlichen Apps und Bedienungshinweise. Allerdings fällt die Nutzeroberfläche dennoch vergleichsweise schlank und die Gesamtperformance des Xperia XZ Premium damit vergleichsweise stark aus. Schnelle Animationen und einige deaktivierte Android-Features machen das Sony-Flaggschiff zu einem schnellen Smartphone, das auch unter Last nicht heiß wird (was man vom Vorgänger leider noch nicht behaupten konnte).
Super-Slow-Motion: Superzeitlupe oder super lahm?
"Unser Meisterstück" nennt Sony das Xperia XZ Premium aber nicht aufgrund des 4K-Displays, der HDR-Unterstützung oder des schnellen Prozessors. Das Merkmal, das der Hersteller am prominentesten herausstellt, ist die sogenannte Motion Eye-Kamera, die eine Super-Slo-Mo-Funktion aufs Handy bringt. Das Smartphone ist in der Lage, Superzeitlupen mit sage und schreibe 960 Bildern pro Sekunde aufzunehmen. Zum Vergleich: Das iPhone 7 kann maximal 240 fps aufzeichnen.
Klingt erst einmal beeindruckend, oder? Dann kommen wir mal zum Kleingedruckten: Die Superzeitlupenfunktion steht nur beim Filmen in HD-Auflösung zur Verfügung. Darüber hinaus kann das Xperia XZ Premium lediglich für eine Sekunde mit 960 fps filmen. Du startest also die Kamera-App, aktivierst die Superzeitlupe, fängst an zu filmen und musst im entscheidenden Moment ein zweites Mal auf den Auslöse-Button drücken, um eine Sekunde lang als Super-So-Mo festzuhalten. Das kann zu einem eindrucksvollen Ergebnis führen, in vielen Fällen wirst Du aber mehrere Versuche brauchen, um den richtigen Moment zu erwischen.
Ein weiterer Nachteil der kleinen Smartphone-Optik: Sie braucht richtig gute Lichtverhältnisse, um Superzeitlupenvideos aufzunehmen, auf denen auch etwas zu erkennen ist. Am besten filmst Du daher draußen bei Tageslicht. In allen anderen Lichtsituationen musst Du bereits mit einem starken Rauschen werden. Nichtsdestotrotz: Passt das Licht, kannst Du mit dem Slo-Mo-Feature beeindruckende kurze Filmchen drehen.
Foto und Video: Gute Kamera, nicht ganz so gute Software
Natürlich wird die Kamera im Alltag eher zum Fotografieren oder normalen Filmen eingesetzt. Dabei fielen uns im Test sowohl positive als auch negative Dinge auf. So bin ich nach wie vor ein Fan des Kamera-Buttons von Sony, der nicht nur zum Schnellstart der Kamera-App dient, sondern auch ein wenig Kameragefühl beim Auslösen vermittelt. Die Fotos des Xperia XZ Premium gelingen auch im Automatikmodus fast immer, die Farben sehen toll aus und die Belichtung passt in den meisten Fällen.
Etwas schade ist es, dass die HDR-Funktion nicht im Automatikmodus zur Verfügung steht. Um kontrastreichere Bilder – zum Beispiel bei Gegenlicht – zu erhalten, musst Du in den manuellen Modus wechseln. Und noch etwas könnte den einen oder anderen in Sachen Kamerabedienung stören: Der 4K-Videomodus hat sich ein wenig versteckt. Statt über die Einstellungen im Videomodus ist die 4K-Option nur über das Menü "Kamera-Apps" zu erreichen. Du kannst also nicht einfach die Videoauflösung auswählen (das geht nur bis Full HD), sondern musst eine App innerhalb der App starten.
Schwer zu erreichen ist allerdings immer noch besser, als gar nicht da. Die Möglichkeit, RAW-Fotos zu schießen, bietet das Xperia XZ Premium nämlich nicht – auch nicht mit Drittanbieter-Apps. Dabei ist dieses Feature in Android Nougat integriert, Sony muss es also bewusst deaktiviert haben.
Akku: Es lädt und lädt und lädt…
Ein Knackpunkt bei einem Smartphone-Modell, dass mit einem 4K-Display ausgestattet ist, könnte natürlich die Akkulaufzeit sein. Immerhin fällt auch der Akku im Handy mit dem großen Screen und der großen Pixeldichte vergleichsweise groß aus. Mit 3230 mAh kamen wir im Test gut über einen Tag, sofern die Display-Helligkeit ein wenig heruntergeregelt wurde. Bei intensiver Mediennutzung, beim Filmen und Videoschauen in 4K kann dem Xperia XZ Premium aber auch einmal früher der Saft ausgehen. Wer sparsam ist, kommt aber auch über mehr als einen Tag.
Was auffällig war: Gerade beim Laden über den USB-Anschluss am PC dauert es eine gefühlte Ewigkeit, bis der Akku des Sony-Flaggschiffs wieder voll ist. Nach Möglichkeit solltest Du das Smartphone daher immer an einer Steckdose laden, dank Quick Charge 3.0 geht das dann deutlich schneller.
Fazit: Taschenspiegel für Specs-Fetischisten
Fast zwei Jahre trennen das Xperia Z5 Premium und seinen Nachfolger, das Xperia XZ Premium. Dennoch lautet das Testfazit ganz ähnlich: Das Sony-Flaggschiff beeindruckt – aber vor allem auf dem Datenblatt. Zu dem weltweit ersten 4K-HDR-Display in einem Smartphone gesellt sich nun sogar noch ein weiteres einzigartiges Feature. Die Superzeitlupenfunktion macht das Modell zu einem spannenden Technik-Gadget, mit man Spaß haben kann. Die dafür nötige Leistung steht auf jeden Fall bereit.
Was das Sony Xperia XZ Premium aber eher nicht ist: ein Smartphone für den ganz gewöhnlichen Alltag. Zumindest bei der getesteten Chrome-Variante ist man mehr mit putzen als mit telefonieren beschäftigt. Achtet man nicht auf die Display-Einstellungen, sollte man ihm zudem ein Plätzchen an der Steckdose freihalten. Praktisch überlässt Sony anscheinend lieber anderen Modellen oder Herstellern. Mit seinem Flaggschiff hat der Konzern vielmehr ein Stück fürs Museum geschaffen – verrückte Specs in einem auffälligen Gehäuse, das seinen Glanz verliert, wenn es zu oft angefasst wird.