Filmkritik

"Soul"-Kritik: Pixars neuer Film ist Balsam für die Seele

Pixars "Soul" gibt's ab dem 25. Dezember auf Disney+.
Pixars "Soul" gibt's ab dem 25. Dezember auf Disney+. Bild: © Disney/Pixar 2020

Pünktlich zu Weihnachten bringt die Animationsschmiede Pixar ihr neues Werk "Soul" raus. Und es gibt ein Novum: Erstmals gibt's den Film nicht im Kino zu sehen, sondern direkt auf Disney+. Ob "Soul" mit Pixar-Highlights wie "Oben" oder "Alles steht Kopf" mithalten kann, erfährst Du in unserer Kritik.

Darum geht's in "Soul"

Mit seinem Können haut Joe selbst Superstar Dorothea Williams von den Socken. fullscreen
Mit seinem Können haut Joe selbst Superstar Dorothea Williams von den Socken. Bild: © Disney/Pixar 2020
Joe kann es noch gar nicht glauben: Dorothea Williams will ihn in ihrer Band. fullscreen
Joe kann es noch gar nicht glauben: Dorothea Williams will ihn in ihrer Band. Bild: © Disney/Pixar 2020
Mit seinem Können haut Joe selbst Superstar Dorothea Williams von den Socken.
Joe kann es noch gar nicht glauben: Dorothea Williams will ihn in ihrer Band.

Dreh- und Angelpunkt in "Soul" ist Joe Gardener, ein Aushilfslehrer und leidenschaftlicher Jazzpianist aus Harlem, der von der ganz großen Karriere träumt. Eines Tages bekommt er endlich die Chance: Ein ehemaliger Schüler von ihm, der inzwischen für die gefeierte Saxofonistin Dorothea Williams arbeitet, fragt Joe, ob er nicht vorspielen könne. Ihnen fehle ein Jazzpianist.

Nach kurzen Startschwierigkeiten legt Joe ein phänomenales Vorspiel hin, das Dorothea so sehr beeindruckt, dass sie ihn direkt für die nächsten Shows engagiert. Voller Vorfreude tänzelt Joe nach Hause und weicht unwissentlich mehreren Katastrophen aus – nur um dann in einen offenen Gully zu fallen.

Seine Seele befindet sich plötzlich auf einer Rolltreppe, die sie ins Jenseits befördern soll. Doch Joe will sich nicht damit abfinden, dass sein Leben auf der Erde nun beendet sein soll, flüchtet und landet im Vorseits. Hier werden neue Seelen geprägt und darauf vorbereitet, in ein Leben auf der Erde zu starten. Alle sind ganz aufgeregt, nur Seele 22 sieht keinen Sinn darin, das Vorseits zu verlassen. Joe wird als Mentor für 22 eingesetzt und soll ihr die Erde schmackhaft machen, in der Hoffnung, am Ende selbst zu dieser zurückkehren zu können.

Profi am Werk

"Soul" stammt von keinem Geringeren als Pete Docter, der schon 2001 mit "Die Monster AG" seinen ersten Pixar-Film inszeniert. Von ihm stammen auch die großartigen Animationsfilme "Oben" und "Alles steht Kopf". Und was soll ich sagen: "Soul" kann problemlos mit diesen beiden Hits mithalten.

Ähnlich wie "Oben" und "Alles steht Kopf" nimmt sich Docter in "Soul" ernsten und großen Themen an – in diesem Fall Verlust, Tod, Vergänglichkeit und der Frage nach dem Sinn des Lebens. Docters Film ist der vorläufige Höhepunkt einer Entwicklung bei Pixar, während der die Filme immer "erwachsener" wurden. Natürlich werden auch kleinere Kinder ihren Spaß haben. Doch wirklich durchdringen und die Message hinter "Soul" verstehen, werden wohl in erster Linie die Erwachsenen.

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"Also, ich hab' das jetzt noch mal nachgerechnet: Da fehlt einer!" Bild: © Disney/Pixar 2020

"Soul" mit den typischen Disney-Bausteinen

Entgegen dem, was der Trailer vermittelt, spielt "Soul" nach einer kurzen Einführung von Protagonist Joe nur rund 20 Minuten im Vorseits. Danach wird der Film zu einer Body-Switch-Komödie, die wieder in Harlem spielt. Dabei bilden Joe und 22 ein ähnlich unterhaltsames Duo wie Woody und Buzz in "Toy Story", Mike und Sullivan aus "Die Monster AG" oder nahezu jede andere Zweierkonstellation aus den Pixar-Filmen.

22 ist das perfekte Gegenstück zu Joe. Die Seele ist der Inbegriff eines Pessimisten, der dem Leben auf der Erde nichts abgewinnen kann, keine Leidenschaft hat und immer nur das Schlechte sieht. Wie heißt es an einer Stelle zwischen 22 und Joe im Vorseits? "Keine Sorge, denen geht's gut. Man kann hier keine Seele zerstören, dafür ist ja die Erde zuständig!"

It's Magic!

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Highlight in der Originalversion: Graham Norton spricht den völlig schrägen Moonwind. Ein Fest! Bild: © Disney/Pixar 2020

Machen wir uns nichts vor: Da es immer noch ein Disney-Film ist, ist der Spannungsbogen vorhersehbar und das Ende keine Überraschung. Aber wie die Geschichte erzählt wird, ist wirklich rührend und an vielen Stellen wirkt die "Magie", von der bei Disney-Filmen immer die Rede ist.

Sei es der Moment, in dem sich Joe ganz seiner Musik hingibt und in seine eigene Welt abtaucht oder die kleinen Verweise von Joe, warum das Leben etwas Wunderbares ist und man es schätzen sollte.

Disney entwickelt sich weiter

"Soul" ist zudem der erste Animationsfilm von Pixar mit einem schwarzen Protagonisten und vielen schwarzen Nebencharakteren. Hinzu kommt, dass auch der Co-Regisseur und -Autor Kemp Powers Afroamerikaner ist und auch im englischen Original-Cast diverse schwarze Synchronsprecher mitmischen. Darunter allen voran Jamie Foxx als Joe, aber auch Angela Bassett als Dorothea, Questlove als Curley und Daveed Diggs als Paul.

Musikalischer Ohrenschmaus

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Joe Gardener liebt die Jazz-Musik. Bild: © Disney/Pixar 2020

Neben den Figuren steht auch die Musik im Zentrum des Geschehens. Dabei haben Docter und Powers eine clevere Wahl getroffen, denn die Musik ist genauso gegensätzlich wie das Vorseits und die Erde bzw. Harlem. Optik und Akustik bilden hier eine wunderbare Symbiose.

In Harlem, das bunt, belebt und voller wunderbarer Details ist, ertönen vor allem die Jazz-Kompositionen von Jon Batiste. Im Vorseits hingegen, das optisch in Pastelltönen gehalten ist, sehr aufgeräumt und clean wirkt, in denen die fluffigen Seelen umherschwirren und von Wesen geleitet werden, die aussehen, als wären sie einem kubistischen Werk von Picasso entsprungen, gibt's die Musik von Trent Reznor (Nine Inch Nails) und Atticus Ross auf die Ohren. Die minimalistische Ambient-Musik mit Synthie-Klängen spiegelt die Optik des Vorseits.

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Fazit: Richtiger Film zum richtigen Zeitpunkt

"Soul" ist in jeder Hinsicht Balsam für die Seele. Die Botschaft ist klar: Genieße jeden Tag als wäre es dein letzter und freue dich über die schönen Dinge im Leben. Träume, Ziele und Leidenschaften zu haben ist wichtig, ihnen aber hinterherzujagen, ohne im Hier und Jetzt zu leben, kann die Gegenwart ziemlich eintönig machen.

Pixar liefert zum Ende des – nennen wir es durchwachsenen – Jahres einen Film, der ins Herz trifft, zum Nachdenken anregt und einen positiver ins nächste Jahr blicken lässt. Denn trotz aller Widrigkeiten: Lasst uns das Beste draus machen!

TURN ON-Wertung: 4/5

Sendehinweis
"Soul" steht ab dem 25. Dezember 2020 auf Disney+ zum Abruf bereit.
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Das Bild könnte von Picasso sein. Bild: © Disney/Pixar 2020
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