Es wäre fast untertrieben, "Tekken 3" für PlayStation 1 eine Gaming-Legende zu nennen. Namcos Geniestreich aus dem Jahr 1998 ist nicht nur eines der meistverkauften Beat 'em ups der Geschichte, sondern gilt auch als eines der besten Spiele überhaupt. Mir persönlich hat der Kampf um die Krone des "King of the Iron Fist Tournament" auf der ersten PlayStation damals zudem viele Entscheidungen im Leben abgenommen – Zeit, Danke zu sagen!
- "Tekken 3" im Zivi-Kabuff: Um Längen besser als Stein-Schere-Papier
- Von der Spielhalle auf die Konsole: Ein Meilenstein der Gaming-Geschichte
- "Tekken 3" war seiner Zeit und der Konkurrenz technisch weit voraus
- Wie Bruce Lee: Charaktere, die im Gedächtnis bleiben
- Wie Fahrradfahren: Diese Moves verlerne ich nie
In den 20 Jahren, die seit dem PlayStation-Release von "Tekken 3" ins Land gegangen sind, hat sich die Welt ziemlich verändert. Das ist nicht nur an der mittlerweile etwas blockig wirkenden Grafik des Namco-Klassikers zu sehen.
"Tekken 3" im Zivi-Kabuff: Um Längen besser als Stein-Schere-Papier

1998 haben junge Männer in Deutschland auch noch verpflichtend einen 13-monatigen Zivildienst verrichten dürfen. Und genau während meines zivilen Dienstes am Vaterland in diesem Jahr übte "Tekken 3" regelmäßig großen Einfluss auf meinen Tagesverlauf aus.
An meinem Standort waren damals gut drei Dutzend Zivis im Schichtdienst als Fahrer tätig. Immer wieder kam es zu langen Wartezeiten, in denen man sich im spartanisch eingerichteten Aufenthaltsraum herumdrückte.
Während an den vergilbten Wänden lediglich der veraltete Kalender eines Autoreifen-Herstellers sein Dasein fristete und sich die Anwesenden auf gespendeten Sofas lümmelten, sorgte vor allem der große Röhrenfernseher mit angeschlossener PlayStation One für Gemütlichkeit: Hier wurde in jeder freien Minute gezockt – wenn nicht Fußball, dann "Tekken 3".
Wir nutzten die kurzen Matches dabei immer wieder, um unliebsame Entscheidungen auszuknobeln. Wer fährt die besonders späte Tour? Wer wäscht die Fahrzeuge in der Halle? Klar, Stein-Schere-Papier hätte es auch getan, aber das brandneue Prügelspiel in 3D eignete sich hervorragend dafür, Fragen des täglichen Lebens per Best-of-Three-Match zu klären.
Von der Spielhalle auf die Konsole: Ein Meilenstein der Gaming-Geschichte
Derweil war niemandem von uns so richtig klar, dass "Tekken 3" weltweit einen unglaublichen Hype auslöste und die Entwicklung der eSport-Geschichte stark beeinflusste. Ursprünglich war der dritte und größte Teil der Kampfspielserie bereits 1996 in Arcades weltweit spielbar. Die Heimversion, die die PlayStation an ihre technischen Grenzen führte, ermöglichte es den Fans aber plötzlich, ohne Zeitdruck an ihrem Spielstil zu feilen.
Anthony "Grayfox" Anifowoshe, Programmierer und damals in der eSport-Szene aktiv, erklärte 2017 im PlayStation-Blog: "Am Spielautomaten führten Gamer zu Anfang hauptsächlich recht allgemeine Schlagkombinationen aus. In der Konsolenversion entfalteten sie ihren eigenen, ganz persönlichen Stil. Selbst wenn man sich nicht mehr an das Aussehen eines Spielers erinnerte, so blieben einem doch ihre typischen Combos im Gedächtnis, an denen man sie sofort erkennen konnte".
"Die Leute sind aus aller Herren Länder angereist, um gegen uns anzutreten", so Anifowoshe weiter. "Ich kam mir vor wie ein Filmstar. Spieler aus anderen Ländern zu besiegen und für den eigenen Gaming-Stil gelobt zu werden, ist eine unglaubliche Erfahrung, vor allem für einen 16-Jährigen."
Damit wurde hierzulande leider auch die soziale Komponente von Videospielhallen ausgeklammert, wie etwa Spielbar.de berichtet. Der Austausch von Spielern über Tricks oder Highscores, das Treffen abseits von Kaufhäusern oder Onlinegames – beides fand in Deutschland daher kaum statt. Vermutlich liegt hier auch einer der Hauptgründe, weshalb Beat-'em-up-Games mit ihrer eindeutig Arcade-lastigen Historie in Deutschland bis heute weit weniger populär sind als im Ausland.
Erst ab 2003 durften in Deutschland wieder Automaten mit einer Freigabe ab sechs Jahren öffentlich aufgestellt werden. Diese Altersbegrenzung schließt allerdings einen Großteil an Games aus und ist für viele interessierte Spieler eher unattraktiv.
"Tekken 3" war seiner Zeit und der Konkurrenz technisch weit voraus
Was aber machte "Tekken 3" so anders? Im Grunde ähnelte das Spiel stark seinen Vorgängern. Die Grafik wirkte jedoch weniger blockig als noch in "Tekken 2" (1996). Und: Die Kämpfe in "Tekken 3" fanden nicht mehr nur auf einer 2D-Ebene statt. Die Spielfiguren konnten nun auch einen Schritt zur Seite machen, was durch die abgeschwächten Sprungeigenschaften der Charaktere im neuen Teil auch wichtiger für das Ausweichen im Game wurde.
Dreidimensionale Kämpfe bot, im Gegensatz zur populären "Street Fighter"-Reihe, auch einer der damals größten Konkurrenten auf PSX: "Battle Arena Toshinden" und dessen Sequel von 1996. Allerdings war das Prügelspiel von Entwickler Takara ansonsten technisch weit weniger ausgereift. So konnte das Spiel nicht auf die Memory Cards der PlayStation zugreifen, was das Speichern des Spielfortschritts verhinderte. Außerdem war die Grafik weit weniger spektakulär als in "Tekken".
"Tekken 3"-Game-Director Katsuhiro Harada von Namco legte schon damals Wert auf neuartige Motion-Capturing-Technik, die vor allem in den Spielhallen Blicke auf sich ziehen sollte. Die damals untypische Eröffnungssequenz von "Tekken 3" zeigte den südkoreanischen Fighter Hwoarang, der zu einem Soundtrack aus Big-Beat und Digital-Rock eine Embu-Kampfsportvorführung gab. Diese war vom Kampfsportler und Embu-Weltmeister Hwang Su unter großem Aufwand per Motion-Capturing für das Spiel eingefangen worden und war für damalige Maßstäbe spektakulär.
Wie Bruce Lee: Charaktere, die im Gedächtnis bleiben
Der Erfolg bestätigte die Mühen: Das Bewertungsportal Metacritic, das die Testnoten wichtiger Magazine sammelt, wertet "Tekken 3" mit 96 von 100 Punkten. Damit ist Namcos Prügelspiel das am zweitbesten bewertete PSX-Spiel aller Zeiten, hinter "Tony Hawk's Pro Skater 2". Insgesamt wurden 8,5 Millionen Exemplare von "Tekken 3" verkauft, diese Menge erreichte keiner der Nachfolger Selbst das aktuelle "Tekken 7", das als kommerzieller Erfolg gilt, wurde bisher nur etwa drei Millionen Mal verkauft.
Zusätzlich zur Grafik und der komplexen Spielmechanik dürfte der Siegeszug von "Tekken 3" im Jahr 1998 auch auf die bunten Charaktere zurückzuführen sein. "Tekken"-Profi Anifowoshe dazu im PlayStation-Blog: "Anfangs waren wir ein wenig enttäuscht, weil manche unserer Favoriten aus 'Tekken 2' es nicht in den Nachfolger geschafft hatten. Aber dieses Gefühl verflog, sobald ich Hwoarang als Kämpfer auswählte und mir vorkam wie in einem Kung-Fu-Film. In 'Tekken 2' zollte Marshall Law Bruce Lee Tribut und Lei war eine Verneigung vor Jackie Chan. Doch in 'Tekken 3' konnte ich mich im weißen Anzug von Forest Law tatsächlich in Bruce Lee verwandeln. Und als Lei kämpfte ich wie der echte Jackie Chan in *Police Story.'"

Wie Fahrradfahren: Diese Moves verlerne ich nie
Auch für mich, der ich während meines Zivildienstes viele Stunden mit Lei Wulong und seinen Special-Moves im Training verbrachte, sind diese Momente unvergesslich. Viele seiner Bewegungen sind mir bis heute ins Muskelgedächtnis gebrannt. Auch mit dem Kämpfer Bryan Fury und seiner Dampfhammer-Geraden könnte ich heute wahrscheinlich gut bestehen, wenn ich damit die Pflicht einer Autowäsche per Hand abwenden könnte.
Vor allem aber hat mich seit "Tekken 3" kein anderes Beat'em Up mehr so faszinieren können. Auch wenn moderne Titel wie "Street Fighter 5" oder "Injustice 2" technisch um Welten besser sind, so revolutionär andersartig wie seinerzeit "Tekken 3" kamen sie mir nie vor.
Quick-Facts: "Tekken 3" | |
Plattform | PlayStation 1 |
Entwickler | Namco |
Publisher (D) | Sony Computer Entertainment Europe (SCEE) |
Release (D) | 12. September 1998 |
Verkaufte Einheiten (weltweit) | 7,16 Millionen |
Verkaufsrang Plattform (PS1) | 6 |
Zeitgenössische Testergebnisse (Auswahl) | 87% (Video Games 9/98) 95% (Next Level 9/98) 90% Mega Fun (9(98) 10/10 (Play The PlayStation 8/98) |