"Turok 2: Seeds of Evil" gilt als einer der besten Ego-Shooter für das N64 und hatte nachhaltigen Einfluss. Er überzeugte im Erscheinungsjahr 1998 mit großartiger Grafik, reichhaltiger Waffenauswahl und einem professionell eingespielten Orchestersoundtrack. Mich fesselte damals sogar der Multiplayer-Modus – das passiert mir sonst fast nie.
- Die Story: Weil Dino-Mutanten nicht genug waren
- Gameplay: Auf dem Weg zur Open-World
- Der Multiplayer-Modus: Eine Spaßbombe
- Die Grafik: Mit damals beeindruckenden "Hi-Res"-Modi
- Das Erbe von "Turok 2"
- Ist der PC-Remaster empfehlenswert?
Die Story: Weil Dino-Mutanten nicht genug waren
Nachdem Turok im ersten Teil den bösen "Veteranen" besiegt hat, wirft er die mächtige Waffe Chronozepter in einen brodelnden Vulkan. Die Explosion erweckt den hochintelligenten Außerirdischen "Der Primat", denn das Chronozepter bestand aus Teilen seines Raumschiffs, mit dem der Primat psychisch verbunden ist.
Das Raumschiff wird von mehreren Kraftfeldern auf dem Planeten "Lost Land" festgehalten und so kann der Primat nicht entkommen. Er übernimmt mit seinen Psycho-Kräften die Kontrolle über eine Armee von Dinosaurier-Mutanten, um die Kraftfelder zu zerstören. Dabei töten die Dinos die Bewohner des "Lost Land" und verwüsten den Planeten.
Nur der Ältestenrat der Ureinwohner weiß, dass der Primat hinter der Verwüstung steckt. Der Rat beauftragt Turok, die Kraftfelder zu beschützen und vier Teile des Schlüssels zu finden, der Zugang zum Raumschiff des Alien-Unholds gewährt.

Die vom Ältestenrat beauftragte Dame Adon erklärt dem Helden vor jedem Level seine Aufgaben und beim Schamanen "Spirit Father" kann Turok seine Fähigkeiten aufleveln.
Kurz gesagt: Ja, die Story von "Turok 2" ist völlig an den Haaren herbeigezogen und dient nur als Pseudo-Erklärung dafür, warum ein Indianer mit futuristischen Waffen gegen Dino-Mutanten kämpfen sollte. Ehrlich gesagt: Ich hatte die Geschichte 1998 komplett ignoriert und wusste bis vor Kurzem nicht, dass das Spiel überhaupt eine hat. Ich wollte nur auf Dinos ballern.
Die Minimal-Story ist auch typisch für klassische Ego-Shooter – und vielleicht ist das gar nicht so falsch: Hier geht es schließlich um die Action! Heute haben viele Shooter wie die modernen Ableger der "Call of Duty"-Serie ausladende Zwischenszenen mit bekannten Schauspielern darin, die vor einem Green-Screen herumhampeln durften. Im Gegenzug erhalten die Spieler eine Story, die genauso bescheuert ist wie die der alten Shooter – nur wird sie ausschweifend erzählt und hält uns länger von der Action fern. Wer "Turok 2" spielt, fragt sich nicht ganz zu Unrecht: Wozu eigentlich?
Gameplay: Auf dem Weg zur Open-World
Turok läuft, springt, schwimmt und taucht durch sechs komplexe Level, die er unter anderem nach den Schlüsseln zum Raumschiff seines großen Widersachers durchforstet. Außerdem kann er auf Leitern klettern, um jeden letzten Winkel zu durchkämmen. Dabei gibt es eine Menge Backtracking – der Spieler muss immer wieder zu bereits bekannten Orten zurückkehren, um dort offene Aufträge zu erfüllen.
Wie für damalige Spiele üblich, nimmt die Gesundheitsanzeige ab, wenn Turok getroffen wird, und füllt sich – anders als bei vielen modernen Spielen – nicht selbstständig wieder auf. Nach dem Verlust eines Lebens beginnt das Spiel beim letzten Checkpoint erneut. Sind alle Leben verbraucht, ist das Spiel vorbei und Du fängst ganz vorne an.

Das Spiel lässt sich nur bei speziellen Portalen speichern, wo der Spieler einmal pro Level auch Turoks Lebensenergie und Munition wieder vollständig auffüllen kann. Leider müssen die Spieler in allen Leveln jede Aufgabe erfüllen, die ihnen Adon aufträgt – das ist so ähnlich, als müsstest Du in einem modernen Spiel sämtliche Nebenaufträge schaffen, um zum nächsten Level zu kommen.

"Turok 2" war damit insgesamt deutlich schwieriger zu bewältigen als heutige Exemplare der Gattung Ego-Shooter, in denen sich die Lebensenergie von selbst wieder auffüllt und in denen Du Fortschritte jederzeit speichern kannst. Allerdings war das Erlebnis dadurch auch intensiver, da mehr auf dem Spiel stand.
Die komplexen Riesenlevel, in denen es viel zu finden und entdecken gibt, haben heute eine neue Dimension angenommen: als Open-World in Shootern wie "Far Cry 5". Zum Glück gibt es darin abwechslungsreichere Aufgaben zu lösen als damals, aber Spiele wie "Turok 2" legten den Grundstein für die offenen Spielwelten unserer Zeit.
Der Multiplayer-Modus: Eine Spaßbombe
Wie gewisse Rare-Spiele für das N64 bot "Turok 2" einen Multiplayer-Modus, der bei Spielern und Kritikern großen Anklang fand. Er konnte mit bis zu vier Spielern im Split-Screen-Modus gezockt werden, ich spielte ihn damals mit meinem Bruder. Anfangs schlüpfte ich gerne in die Rolle des Velociraptors, weil ich ein großer "Jurassic Park"-Fan war. Der Raptor begnügte sich mit Nahkampfangriffen, konnte sich dafür aber sehr schnell und agil bewegen.

Irgendwann vermisste ich die Schusswaffen und war wieder die meiste Zeit als menschliche Figur unterwegs. Ich glaube, neben "Halo 1" hatten wir mit "Turok 2" den meisten Spaß. Zur großen LAN-Höhle eines Schulfreundes hat es das Spiel allerdings nicht geschafft, da waren die Rare-Spiele und "Mario Kart 64" beliebter.
Von Affen und Dinos
Die Modi Deathmatch, Team Deathmatch und Frag Tag standen damals auf dem N64 zur Auswahl. In Frag Tag ist ein Spieler als Affe mit sehr wenig Lebensenergie unterwegs und muss schnell einen bestimmten Punkt im Level erreichen, um sich in eine normale Figur zu verwandeln. Der Gegner wird in den Affen transformiert, falls ihn der andere Spieler nicht schnell genug aufhalten kann. Meistens stand bei uns aber Deathmatch auf dem Plan. Wer will schon ein Affe sein?
Das N64 war eine wichtige Station für die Entwicklung des Multiplayer-Ego-Shooters. "Turok 2" zählt mit seinen abwechslungsreichen Modi sowie der Figuren- und Waffenvielfalt zu den besten Beispielen. Heute steht bei vielen Shootern wie der "Battlefield"-Serie der Multiplayer-Modus stark im Vordergrund und beliebte Games wie "Fortnite" und "PUBG" haben gar keinen Singleplayer-Modus mehr.
Die Grafik: Mit damals beeindruckenden "Hi-Res"-Modi

Aus damaliger Sicht bot "Turok 2" eine fantastische Grafik. Wie das Spielemagazin neXt Level es in der Ausgabe 11/98 ausdrückte, hatten die Entwickler "eine der beeindruckendsten 3D-Optiken auf dem N64 überhaupt" erschaffen. Das Memory Expansion Pack, das den Arbeitsspeicher der Konsole auf 8 MB erweiterte, ermöglichte zwei sogenannte "High-Res"-Modi, die das Spiel in den Auflösungen 640 x 480 Pixel oder 512 x 480 Pixel darstellen konnten.

Ohne Expansion Pack lief das Spiel mit einer Auflösung von 480 x 360 Pixeln. Aus heutiger Sicht wären 640 x 480 Pixel selbst für ein Smartphone eine viel zu niedrige Auflösung, aber damals empfanden nicht nur die Kritiker von neXt Level die "aufwendig animierten Gegner" in der relativ hohen Auflösung als "beeindruckend". Auch Lichtquellen, die in Echtzeit Schatten auf Objekte werfen konnten, und die komplexe Level-Geometrie wussten zu begeistern.

Auf der PS4 Pro und der Xbox One X ist der "Hi-Res-Modus" in vielen Games zurückgekehrt. Inzwischen ist damit jedoch eine Auflösung nahe 4K alias 3840 x 2160 Pixeln gemeint – zum Beispiel lässt sich "Gears of War 4" auf der Xbox One X alternativ in 4K-Auflösung bei 30 FPS oder in Full-HD-Auflösung bei 60 FPS spielen.
Das Erbe von "Turok 2"

"Turok 2" hatte Einfluss auf andere Spiele, erhielt aber auch einige direkte Nachfolger. Im Jahr 2000 wurde "Turok 3: Shadow of Oblivion" veröffentlicht und kassierte gute Bewertungen von der Fachpresse. Der Ego-Shooter litt allerdings daran, dass er am Ende der Lebenszeit des N64 veröffentlicht wurde und so kein Verkaufshit mehr werden konnte. In "Turok 3" konnte der Spielfortschritt bereits jederzeit gespeichert werden und die Sichtweite wurde um ein Vielfaches erhöht.
Auf "Turok 3" folgte der letzte Serienteil, "Turok Evolution", der im Jahr 2002 unter anderem für die PlayStation 2, die Xbox und den Gamecube veröffentlicht wurde und Wertungen im 70-Prozent-Bereich kassierte. Während ich "Turok 3" nicht gespielt habe, gefiel mir "Turok: Evolution" recht gut. Hier konnte der Spieler gelegentlich auf einem Flugsaurier fliegen und aus der Luft Feinde bekämpfen. Der ärgerliche Nebel, der die Sichtweite begrenzte, war verschwunden und Fans freuten sich über eine actionreiche Ballerorgie mit Dinosauriern.
Nach "Turok: Evolution" folgte im Jahr 2008 ein Reboot für Xbox 360, PlayStation 3 und PC namens "Turok", der aber nicht von den Original-Entwicklern von Iguana Entertainment, sondern von Propaganda Games entwickelt wurde. Auch dieses Spiel kassierte Wertungen im 70-Prozent-Bereich. Die Spielgeschwindigkeit fiel jedoch geringer aus als in den Originalen und der Spieler konnte sogar schleichen statt zu ballern, was für die actionreiche "Turok"-Serie wie ein Fremdkörper wirkte.
- 1997: "Turok: Dinosaur Hunter" (N64, PC)
- 1998: "Turok 2: Seeds of Evil" (N64, PC)
- 2000: "Turok 3: Shadow of Oblivion" (N64)
- 2002: "Turok: Evolution" (Gamecube, Xbox, PS2, PC)
- 2008: "Turok" (PS3, Xbox 360, PC)
- 2017: "Turok: Remastered" (PC, Xbox One)
- 2018: "Turok 2: Seeds of Evil Remaster" (PC, Xbox One)
Ist der PC-Remaster empfehlenswert?

Nach dem Remaster des ersten Teils ist im März 2017 ein Remaster von "Turok 2: Seeds of Evil" erschienen. Er umfasst unter anderem eine leicht verbesserte Grafik, eine optimierte KI der Gegner, eine Option, sich schnell zu bereits besuchten Portalen teleportieren zu lassen, sowie den neuen Multiplayer-Modus "Last Turok Standing". Auch lässt sich der Spielstand nun jederzeit speichern.
Ich habe den Remaster gespielt und empfinde vor allem die mit 60 FPS sehr flüssige Framerate und die neuen Hinweise als hilfreich. Die Hinweise markieren die verschiedenen Dinge, die Turok im Spiel finden muss, darunter Schlüssel, Munitionslager und Gefangene.

Leider war kaum jemand im Multiplayer-Modus des Remasters unterwegs, weshalb ich ihn nicht testen konnte. Noch heute überzeugen aber die sehr abwechslungsreichen Singleplayer-Settings, die sich auch im Levelaufbau stark unterscheiden – darunter ein Hafen, ein Sumpfgebiet und ein außerirdisches Raumschiff. Die Vielfalt der originellen Waffen ist noch immer vorbildlich und die Gewalt ist im Remaster unzensiert enthalten, was die Atmosphäre unterstützt.
"Turok 2" hat mir vor Augen geführt, dass alte Ego-Shooter ihren modernen Nachfolgern in einem Aspekt für mich deutlich überlegen waren: Die Spielgeschwindigkeit, einmal von der FPS-Frage abgesehen, war viel höher. Turok ist immerzu unterwegs, springt, taucht, weicht Gegnern aus, entkommt ihren Projektilen, stürmt auf sie zu, sammelt nebenbei Munition und Lebensenergie ein.

"Turok 2" ähnelt in dieser Hinsicht dem alten "Doom" viel mehr als, nun ja, "Doom", also die Neuauflage von 2016. Damals waren Ego-Shooter eben wirklich Actionspiele und keine strategischen Schleichereien mit Schießbuden-Einlagen, in denen man viel Zeit hinter Deckungen verbringt. Vielmehr ging es um blitzschnelle Reaktionen. Hinter Deckungen verweilte man keine halbe Ewigkeit, sondern jeweils nur einen kurzen Augenblick.
"Turok 2" ist ein echter Klassiker und wer mal wieder einen traditionellen Ego-Shooter erleben möchte, ist mit dem Remaster gut beraten.
Quick-Facts: "Turok 2" | |
Plattform | Nintendo 64 |
Entwickler | Iguana Entertainment |
Publisher (D) | Acclaim Entertainment |
Release (D) | 01. Januar 1998 |
Verkaufte Einheiten (weltweit) | 1,86 Millionen |
Verkaufsrang Plattform (N64) | 35 |
Zeitgenössische Testergebnisse (Auswahl) | 92% (Video Games 11/98) 95% (Next Level 11/98) 94% Mega Fun (11/98) |