In "Star Wars Jedi: Fallen Order" darfst Du wieder selbst das Lichtschwert schwingen – ohne, dass Multiplayer-Chaos Dir das epische Gefühl eines Kino-Abenteuers zerschießt. Bricht der Genremix von Respawn Entertainment endlich EAs "Star Wars"-Fluch? Unser Test verrät es!
- Schluss mit Multiplayer!
- Story: Was passiert im Spiel?
- Gameplay: Was spiele ich hier eigentlich?
- Lichtschwert-Kampf so wie er sein sollte!
- Grobe Wookiees: "Star Wars"-Atmosphäre mit Rucklern
- Fazit
Mit "Star Wars"-Games ist das so eine Sache. Electronic Arts erwarb 2014 für zehn Jahre die Exklusivlizenz zur Sternensaga von Disney, in dieser Zeit gab es für Freunde von Skywalker, Vader und Familie aber lediglich Games mit Mehrspieler-Ausrichtung. Dabei wollen viele Fans doch vor allem eins: eintauchen in die dichte Welt der Jedi, der Sith, der Rebellen und des dunklen Imperiums und selber ein Abenteuer erleben, das eines Kinofilms würdig ist.
Schluss mit Multiplayer!
Singleplayer-Adventures standen bei EA aber nicht auf der Agenda. Ein geplantes Spiel wurde sogar eingestellt und das entsprechende Studio Visceral Games geschlossen. Anscheinend war erst ein Weltrekord nötig, um den Publisher davon zu überzeugen, dass Online-Schlachten und Ingame-Käufe nicht das sind, was ein großer Teil der "Star Wars"-Fans sich für ein Videospiel wünschen: Ein Entwickler-Beitrag zu "Star Wars: Battlefront 2" wurde zum am negativsten bewerteten Reddit-Thread aller Zeiten.
Mit "Star Wars Jedi: Fallen Order" füllt Respawn Entertainment nun die Lücke im Portfolio. Mehr noch: Die Entwickler schmeißen in einem interessanten Mix eine Vielzahl an Einzelspieler-Mechaniken in einen Topf und versuchen die eierlegende Wollmichsau mit Lichtschwert für Singleplayer-Fetischisten aus der Taufe zu heben. Und siehe da: Die Rechnung geht größtenteils auf.

Story: Was passiert im Spiel?
Kurz vor dem ersten "Krieg der Sterne"-Film "Eine neue Hoffnung" sind fast alle Jedi durch die Order 66 des bösen Imperators ausgelöscht. Letzte Mitglieder des Ordens werden von Inquisitoren des Imperiums gejagt, nur einige können sich verstecken – darunter Cal Kestis, der Held von "Star Wars Jedi: Fallen Order". Doch seine Tarnung fliegt auf und er ist zur Flucht gezwungen. Zum Glück helfen ihm eine ehemalige Jedi, ein Raumschiffkapitän und ein kleiner Droide namens BD-1. Zusammen mit Cal wollen sie die in der Galaxis versprengt lebenden Padawan finden und den Orden der Jedi wiederbeleben.
Das Abenteuer führt Dich als Cal Kestis an unterschiedliche Schauplätze aus dem "Star Wars"-Universum. An Bord des Raumschiffs Mantis reist Du zwischen verschiedenen Planeten hin und her. Dort warten teils ausladende Gebiete darauf, erkundet zu werden. Die verzweigten Spielwelten verbergen viele Geheimnisse, Rätsel und versteckte Abkürzungen und sind oft mit viel Liebe zum Detail gemacht. Vor allem aber triefen sie vor "Star Wars"-Atmosphäre – Fans werden hier mit einer vollen Breitseite begrüßt.

Gameplay: Was spiele ich hier eigentlich?
Viel war im Vorfeld darüber zu hören, dass "Star Wars Jedi: Fallen Order" stark an Spiele wie "Dark Souls" und "Sekiro: Shadows Die Twice" erinnert. Mich, als alten Frustverächter hat das eher mit Skepsis erfüllt – schließlich habe ich mir ein spielbares Heimkino-Erlebnis gewünscht, keine Geduldsprobe im "Star Wars"-Kosmos. Frust kommt tatsächlich selten auf, trotzdem packt Respawn ins Gameplay von "Star Wars Jedi: Fallen Order" eine großzügige Dosis Soulslike, zusätzlich eine Prise Metroidvania sowie jede Menge "Uncharted"-DNA.
Wie in den PlayStation-exklusiven "Uncharted"-Spielen von Naughty Dog steuerst Du Cal durch unterschiedliche Biome, die viele Überraschungen parat halten. Auf einem Planeten erkundest Du etwa eine uralte Tempelanlage und musst Umgebungs-Rätsel mit gigantischen Mechanismen freischalten. Auf einer anderen Welt lässt Du BD-1 technische Anlagen des Imperiums kurzschließen und Barrieren überladen. Immer wieder sind Kletterpassagen und Jump-'n-Run-Abschnitte zu bestehen. Wie in einem Metroidvania-Spiel lassen sich viele Abschnitte erst mit dem Freischalten neuer Fähigkeiten erreichen, was den Wiederspielwert erhöht.

Aber keine Sorge: Stürzt Cal in einen Abgrund, kannst Du es direkt erneut versuchen. Nur, wenn Du von einem Gegner getötet wirst, setzt eine Soulslike-typische Mechanik ein: Du verlierst alle mitgeführten Erfahrungspunkte und startest an einem der regelmäßig gesetzten Meditationspunkte neu. Hier lassen sich auch neue Fertigkeiten erlernen, die mithilfe der Erfahrung freigeschaltet werden.
Um die Punkte zurückzuerlangen, musst Du dem Gegner Schaden zufügen, der für Dein Ableben verantwortlich war. Gleichzeitig erscheinen die meisten bis dahin erledigten Feinde wieder und Du musst Dich erneut bis zum letzten Punkt durchkämpfen. Schaffst Du es, erhältst Du zusätzlich zu den verlorenen Erfahrungspunkten auch neue Lebensenergie und eine aufgefüllte Macht-Leiste. Das sorgt für einen angenehmen Motivationsschub im Spiel. Aber: Auch, wenn Du am Meditationspunkt Deine Lebensenergie neu auflädst, erscheinen die bisher erledigten Gegner erneut – hier ist also etwas Taktik gefragt.

Lichtschwert-Kampf so wie er sein sollte!
Das Kampfsystem in "Star Wars Jedi: Fallen Order" ist vorzüglich ausbalanciert. Der Vergleich zu "Sekiro" ist unumgänglich: Der Fokus liegt auf dem Timing bei Angriffen, Blocks und beim Ausweichen. Zusammen mit verschiedenen Macht-Attacken entsteht mit der Zeit eine flüssige Kampf-Choreografie, die direkt aus dem Muskelgedächtnis herausfließt. Das Kämpfen mit dem Lichtschwert hat sich in Videospielen wohl nie befriedigender angefühlt.

Die kritischen Faktoren dieses Kampfsystems sind die Länge des Paradefensters, die Menge des eingehenden Schadens und die Aggressivität der Gegner. Der Schwierigkeitsgrad von "Star Wars Jedi: Fallen Order" reguliert genau diese Werte, was sehr viel cleverer ist, als einfach die Lebensenergie der Gegner hochzusetzen. Schon auf normaler Schwierigkeit habe ich mich schnell an die Intensität der Kämpfe gewöhnt – selbst als jemand, dem "Sekiro" irgendwann zu mühselig wurde. Einzelne Gegner sind fast immer problemlos zu besiegen, richtig knifflig wird es nur bei mehreren Feinden.

Die verfügbaren Macht-Fähigkeiten sind verhältnismäßig einfach gehalten, Du kannst Dinge und Gegner zum Beispiel ziehen, schieben oder verlangsamen. Aber sie sind gut an die Erfordernisse des Spiels angepasst und erzeugen perfektes Jedi-Feeling. Mit etwas Übung lässt sich ein Gegner im Kampf mit einigen Schwerthieben an den Rand eines Abgrunds zu drängen und dann mit dem Macht-Schub in die Tiefe stoßen – was will man mehr?
Grobe Wookiees: "Star Wars"-Atmosphäre mit Rucklern
Die Welt von "Fallen Order" vermittelt mir spürbar mehr "Star Wars"-Atmosphäre als die meisten früheren Versuche, die Saga auf ein Videospiel zu übertragen. Die verwinkelten Level sind hervorragend designt, die meisten Figuren sehen toll aus – bis auf die Wookiees, deren Fell schrecklich detailarm dargestellt wird.

Dieser Ausreißer ist symptomatisch für den Grad an Politur im Spiel: "Star Wars Jedi: Fallen Order" läuft in Sachen Framerate nicht immer glatt, selbst auf einem High-End-PC hakt es mitunter kurz. Es macht aber dennoch einen guten Gesamteindruck – vielleicht hat Respawn hier zum Release einfach entsprechende Prioritäten gesetzt, was durchaus löblich ist. Probleme mit der Performance lassen sich wohl noch eher per Patch beheben als inhaltliche Schwächen.
Fazit: Genau das, was Fans wollten
Der Genreaufguss aus Adventure, Soulslike und Metroidvania geht so weit, dass man dem Action-Adventure Ideen-Armut unterstellen könnte. Allerdings ist es genau das, was sich viele "Star Wars"-Fans gewünscht haben: ein Singleplayer-Spiel mit fesselnder Story, packenden Lichtschwertkämpfen und dichter Atmosphäre.

Wenn ich inhaltlich etwas kritisieren müsste, wäre es der Held Cal Kestis, gespielt von Cameron Monaghan, der mir während des Spiels nicht wirklich ans Herz wächst. Allerdings reißt es auch hier der Cast als Ganzes raus – zum Beispiel durch die gute Chemie zwischen Cal und Raumpilot Greez Dritus und durch BD-1, ohne den "Star Wars Jedi: Fallen Order" kaum funktionieren würde. Der heimliche Star ist also mal wieder ein Droide – und spätestens das ist dann "Star Wars" in Reinkultur.
Das hat mir gefallen | Das hat mir weniger gut gefallen |
+ Tolle "Star Wars"-Atmosphäre | - Hauptcharakter etwas flach |
+ Gutes Kampfsystem | - Performance nicht einwandfrei |
+ Gutes Leveldesign |