Mit "State of Decay 2" will Undead Labs eine umfassende Simulation der Zombie-Apokalypse auf Xbox One und PC bringen – und das in neuem Glanz. Die erfolgreiche Spielidee des Vorgängers soll im zweiten Teil mit aktueller Technik und erweiterten Features umgesetzt werden. Ob das gelingt, verrät unser Test.
- Der richtige Look: Apokalyptische Stimmung
- Endzeit-Alltag im Loop: Sammeln, zurückbringen, ausschlafen
- Sensibelchen: Beziehungen zwischen Spielfiguren sind wichtig
- Mit der Blutseuche infiziert: Barmherzigkeit oder Erlösung?
- Basenbau ginge sicher noch besser
- Schade: Sequel mit wenig neuen Ideen
- Warten auf den Patch: Release mit vielen Bugs
"State of Decay 2" war für mich von vornherein ein interessantes Spiel – aus verschiedenen Gründen habe ich mich im Vorfeld deutlich mehr darauf gefreut, als auf Microsofts erstes Exklusiv-Spiel 2018, "Sea of Thieves". Dabei ist das Setting ebenso wenig originell wie das Piraten-MMO von Entwickler Rare. Aber Undead Labs, die Macher hinter "State of Decay 2", hatten sich eben bereits zur Gründung auf ein Genre festgelegt: Zombies sind ihr absolutes Spezialgebiet.
Das Spiel erscheint im Xbox-Play-Anywhere-Programm und ist somit als Cross-buy-, Cross-play- und Cross-save-Titel auf Xbox One und PC spielbar. Games dieser Art sind für PC allerdings nur über den Microsoft-Store, nicht über Plattformen wie etwa Steam erhältlich. Allerdings ist das Game direkt zum Release im Spiele-Abo Xbox Game Pass enthalten.
Der richtige Look: Apokalyptische Stimmung
Entsprechend stimmungsvoll ist die Welt von "State of Decay 2" gestaltet: Verlassene und verwüstete Siedlungen in den ländlichen USA bilden das Setting, verwaiste Straßensperren und Barrikaden, die der Apokalypse augenscheinlich nicht standhalten konnten, säumen die Highways und Landstraßen. Die Spielwelt wurde offensichtlich irgendwann von Unmengen an Zombies überrannt, die nun über die Landschaft verstreut sind, in versprengten Grüppchen herumstreunen oder einfach träge in der Wildnis herumstehen. Kurz: Die Atmosphäre stimmt.
Zum Einstieg ins Spiel wähle ich ein Duo aus zwei Spielfiguren und starte in die weitläufige Open-World. Direkt werden erste weitere Gruppenmitglieder rekrutiert und ein vermeintlich sicheres Haus als Basis eingenommen. Ab da stehen das Management der Gruppe und der Anlagen des gemeinsamen Zuhauses an. Mangelnde Ressourcen oder sinkende Moral aufgrund von Zombie-Verseuchungen auf nahen Anwesen sind die Hauptmotivation, den Schutz der neuen Heimat zu verlassen. Zudem können Händler besucht oder Kontakte zu anderen Fraktionen gepflegt werden.
Endzeit-Alltag im Loop: Sammeln, zurückbringen, ausschlafen
Diese Unternehmungen finden im Singleplayer mit maximal zwei Spielfiguren statt, im neuen Koop-Multiplayer kann man zu viert auf Plünder-Tour gehen. Wohnhäuser, Schuppen, Geschäfte oder alte Polizeiwachen sind dabei die Ziele – Schränke oder andere Behälter enthalten verschiedene Ressourcen und sind entsprechend gekennzeichnet. Dabei werden sowohl die Behälter, als auch das enthaltene Loot zufällig erzeugt – mit den meisten Möbeln, Tonnen oder Kisten kann man nämlich nicht interagieren.
Die Spielfiguren schleppen nun so viel Beute mit wie sie tragen können. Die begrenzten Plätze im Gepäck lassen sich durch verschiedene Rucksäcke etwas erweitern, sobald alle Slots der beiden Figuren belegt sind, geht es wieder zurück zur Basis zum Abladen.
Nach jeder Tour müssen sich die Figuren dann erstmal von den Strapazen erholen – Ausdauer und Lebensenergie regenerieren sich ansonsten immer langsamer. Dann müssen wir in der Basis zu einem anderen Überlebenden wechseln. Hilfreich ist daher in jedem Fall ein Fahrzeug zu finden, dessen Kofferraum man mit gefundenen schweren Versorgungspacks beladen kann, um noch weiteres Loot einzusacken und dieses auf dem schnellsten Weg an der Basis einzulagern.
Noch dazu können die gefährlichen Wanderungen durch die Landschaft per Auto deutlich abgekürzt werden. Schnell wird mir in "State of Decay 2" nämlich bewusst, dass ein Questmarker in 500 Meter Entfernung alles andere als nahe ist – ob zu Fuß oder nicht. Auch wenn das Sammeln von Ressourcen nämlich den Haupt-Loop des Spiels darstellt, fallen immer wieder Nebenaufgaben an, mit denen ich meinen "Einfluss", die virtuelle Ingame-Währung in "State of Decay 2", aufbessern muss.
Sensibelchen: Beziehungen zwischen Spielfiguren sind wichtig
Augenscheinlich nach dem Zufallsprinzip empfängt meine Gruppe Hilferufe per Funk oder Aufforderungen zum Handel mit anderen Fraktionen. Manchmal will einer Überlebenden auch auf eine Mission gehen, um seine verlorene Tante zu finden. Wer sich dazu entscheidet, diese Nebenaufgaben zu vernachlässigen, muss auf Dauer mit Moral-Abzügen bei der Truppe rechnen. Das wiederum kann dazu führen, dass die Basis nach und nach verwaist, während man selbst noch in der Landschaft unterwegs ist um Ressourcen zu sammeln.
Die eigentliche Hauptkampagne im Singleplayer eröffnet sich dem Spieler dagegen erst, wenn einer der Überlebenden aufgrund seiner Leistungen auf das "Helden"-Level aufsteigt und zum Anführer befördert werden kann. Hier gibt es dann doch eine halbwegs interessante Quest-Reihe zu sehen, die etwas Abwechslung vom eintönigen Alltag in "State of Decay 2" zu bieten hat.
Mit der Blutseuche infiziert: Barmherzigkeit oder Erlösung?
Als weiteres neues Spielelement spielt die infektiöse Blutseuche eine Rolle in "State of Decay 2": Bei Kontakt mit bestimmten blutüberströmten Zombies füllt sich eine Leiste, die den Grad der Infektion der jeweiligen Spielfigur darstellt. Ist diese gefüllt, ist der Charakter komplett geschwächt – ein Timer zeigt nun an, dass er sich bald selbst in einen Blutseuchen-Zombie verwandeln wird. Der Spieler kann die Figur nun entweder ins Exil schicken, sie von ihrem Leiden "erlösen" oder ein Heilmittel herstellen, dass die Plage kuriert.
Das Gruppenmitglied fällt ansonsten dem Permadeath zum Opfer und ist für immer verloren – soziale Beziehungen, Spezialfähigkeiten und aufgelevelte Werte sind dann futsch. Der Tod eines Charakters im Spiel ist tatsächlich ein schwerwiegendes Ereignis, das großen Einfluss auf das Gruppenverhalten haben kann. Diese einigermaßen ausgefallene Idee hatte auch schon das erste "State of Decay" aus dem Jahr 2013 zum Geheimtipp gemacht.
Basenbau ginge sicher noch besser
Leider bietet der Basenbau im Nachfolger nicht besonders viele neue Möglichkeiten, im Grunde sind nur einige weitere Bauoptionen, Mods und Upgrades dazugekommen. Stattdessen wäre es beispielsweise schön gewesen, wenn es auch möglich wäre, Barrikaden und Verteidigungsanlagen zu bauen.
Stattdessen latschen immer wieder Zombies durch die angelehnte Pforte des eigenen Anwesens, die sich nicht mal abschließen lässt. Mir hat sich während des Tests zudem nicht erschlossen, ob die Tore sich hinter mir automatisch wieder schließen sollten oder nicht. Weil ich schnell keine Lust mehr auf die unpräzise Steuerung des Türenschließens hatte, bin ich stattdessen irgendwann einfach nur noch über die Mauern geklettert.
Schade: Sequel mit wenig neuen Ideen
"State of Decay 2" strengt sich enorm an, eine gewisse Balance zwischen Action, Sozial-Simulator und Basenbau zu finden, wobei das Jonglieren mit diesen Aufgaben mir erst mit fortschreitender Spielzeit leichter von der Hand ging. Das kann beim ersten Versuch auch zu Frust führen, zumal das Gameplay nur bedingt das Gefühl steigender Herausforderung vermittelt.
Stattdessen fühlen sich die zu erledigenden Side-Quests und Aufgaben, deren Erfüllung die Heimatbasis am Laufen halten soll, schnell repetitiv an – immer wieder heißt es: Losziehen bis die Taschen voll sind, den Weg nach Hause möglichst gesund überstehen und dann die Figuren wechseln.
Gleichzeitig drängen sich mir immer wieder Nebenmissionen auf, die mich zumindest gefühlt dazu zwingen, Ansehen zu farmen. Das mag einer Simulation des Lebens nach einer Zombie-Apokalypse nahe kommen, ist aber leider auf Dauer etwas langweilig. Immerhin lassen sich nacheinander insgesamt drei verschiedene große Karten besiedeln.
- Hast Du den Vorgänger gespielt? Hier haben wir aufgelistet, welche neuen Elemente in "State of Decay 2" zu finden sind.
- Außerdem klären wir, ob ein PS4-Release realistisch ist.
Warten auf den Patch: Release mit vielen Bugs
"State of Decay 1" hatte vor allem technische Probleme. Daher war zu hoffen, dass Undead Labs beim Nachfolger ein Produkt abliefert, das – dank 4K-Auflösung und HDR – nicht nur auf aktuellem technischem Stand ist, sondern auch mit weniger Bugs auskommt. Zum Release ist das leider nicht gelungen: Hier müssen die Entwickler noch gehörig nacharbeiten und mit Updates nachrüsten.
Im Himmel spawnende Zombies, spontane Abstürze und den wiederholten Einsatz des Menü-Buttons "Steckst Du fest?" muss man zum Release leider noch in Kauf nehmen. Zumindest hatte ich den Eindruck, dass auf der Xbox One weniger Bugs auftreten – da die Entwickler ihr Spiel hier konkret auf die bekannte Hardware einstellen können, wäre das nicht ungewöhnlich. Schade ist alleridngs, dass es keine Möglichkeit gibt, auf der Xbox One X zwischen Grafik- und Performance -Modus zu wählen.
Andererseits bietet "State of Decay 2" für den Ladenpreis von etwa 30 Euro enorm viele Spielstunden – zumindest wenn einem Open-World-Games liegen, die dem Spieler auch ohne konkrete Kampagne etwas zu tun geben. Vor allem für Gaming-Streamer und Koop-Fans könnte das Spiel auf mittlere Sicht gut geeignet sein. Wer darauf gehofft hatte, dass die Xbox One mit "State of Decay 2" endlich einmal ein Game mit einer fesselnden Story bekommt, wird leider enttäuscht.