In der vergangenen Woche präsentierte "The Walking Dead" in erster Linie die direkten Nachwirkungen der Midseason-Premiere von Staffel 8 auf Rick, Michonne, Negan und die Scavengers. Auch mit Enid und Aaron gab es ein kurzes Wiedersehen. Was auf dem Hilltop und bei Daryl und Co. los ist, führt uns dafür nun Episode 11 ausführlichst vor Augen. Was dabei herausgekommen ist, liest Du in unserem Review.
Zwischen Sumpfgebiet und Bibelstunde
In Episode 10 haben uns die Macher von "The Walking Dead" eindrucksvoll die mehr oder weniger effektive "Trauerbewältigung" à la Michonne und Rick vorgeführt. Und die wohl ekligste Szene in der bisherigen jüngeren Geschichte von "TWD" produziert! Vor allem schien es in der vergangenen Folge von Staffel 8 aber (auch) darum zu gehen, die Vielschichtigkeit der Figuren zu demonstrieren. Soll heißen: Die Bösen sind eigentlich gar nicht alle soooo böse, und manchmal haben sie sogar einen Grund. Naja ...
Die "Flucht nach Hilltop" betitelte Folge bringt uns nun im vollen Bogen zurück zum Start. Wobei wir dieses Mal Daryl und den Überlebenden aus Alexandria auf ihrem Weg nach Hilltop folgen dürfen. Auch wie die Flucht von Doktor Carson und Vater Gabriel läuft erfahren wir endlich. Und bekommen dabei eine Mischung aus "auch die Guten haben ihre dunklen Seiten" und Bibelstunde präsentiert. Was im Sanctuary vor sich geht, verkommt angesichts dessen schon beinahe zur Nebensächlichkeit.
Ab in die Sümpfe!
Wie schon die Vorschau zu Episode 11 eindrucksvoll erahnen ließ, müssen sich Daryl und Co. in dieser Folge mitten durch die Sümpfe schlagen. Einen anderen (und weniger gefährlichen) Weg gibt es offenbar nicht, denn alle Routen werden von den Saviors überwacht. Warum nicht die Sümpfe? Weil selbst Negan dieser Weg zu risikoreich ist. Also latschen wir mal mittendurch! Is' klar! Irgendwie bin ich beinahe genauso wenig von Dwights Vorschlag begeistert, wie Tara (auch wenn die offensichtlich gerade vor allem aus Prinzip gegen alles ist, was aus der Richtung des Savior-Überläufers kommt).
Mir stellt sich dagegen eher die Frage, ob es eine bessere Idee ist, sich mit (schätzungsweise größtenteils) schwachen Alexandrianern und kleinen Kindern (inklusive Judith) durch ein beißerverseuchtes Sumpfgebiet zu quälen, als ein paar Saviors aus dem Hinterhalt auszuschalten? Dramatischer ist es aber vermutlich allemal und bietet Tara ausgiebig Zeit, ihre Wut gegen Dwight spazieren zu führen.
Als Daryl und Rosita sich mit Siddiq auf den Weg machen, um eine Schneise durch den Sumpf zu klären, überrascht es mich überhaupt nicht, dass Tara bei der Gruppe bleiben will, um "aufzupassen". Ja ja ... Ich warte eigentlich nur darauf, dass sie unbeaufsichtigt auf Dwight losgeht – was sie (Überraschung!) auch kurz darauf tut. Die Hetzjagd durchs Dickicht fällt dann aber doch ein wenig halbherzig aus (immerhin können wir ja die eigentlich so nette und easybeasy Tara nicht "wirklich" zur eiskalten Rachemörderin mutieren lassen ...).
Mindestens ebenso wenig überrascht es, dass es Dwight am Ende durch seine Handlungen doch noch gelingt, Tara von seiner Aufrichtigkeit zu überzeugen. Jetzt ist es plötzlich sie, die den wieder zu den Saviors Zurückgekehrten vor Daryl in Schutz nimmt. Können die sich vielleicht mal entscheiden?
Ja, mit Gottes Hilfe ...?
Etwas mehr zu denken geben mir da schon Doktor Carson und Gabriel. Nicht nur, dass beide nicht wissen, wo sie sind, Gabriels Krankheit scheint sich auch zunehmend zu verschlimmern. Der Priester kann kaum noch etwas sehen, was Doktor Carson die Sorgenfalten auf die Stirn treibt.
Gabriel ist dagegen davon überzeugt, dass alles Gottes Wille ist und der Herr schon alles richten wird. Und tatsächlich fügt sich hier ausnahmsweise Mal ein Puzzleteil schon beinahe zu glatt ins andere: Gabriel sieht kaum noch etwas, dafür hört er plötzlich umso besser (wittere ich hier etwa Klischeeklopperei?). Das nur für ihn vernehmliche Geklapper einer Metallplatte führt beide zu einer gut versteckten Hütte, wo sie nicht nur Schutz, sondern auch Antibiotika für Gabriel finden. Und um das Ganze auf die Spitze zu treiben, stößt der halb blinde Kranke auch noch rein zufällig ein Sparschwein um, in dem sich eine Karte und Autoschlüssel verbergen. Echt jetzt?
Die größte Dramatik kommt an dieser Front tatsächlich (vorerst) auf, als beide in die Fallen stolpern, die der Vorbesitzer überall um die Garage herum verteilt hat. Natürlich tritt aber nur Carson in eine der Bärenfallen (Autsch!), Gabriel stolpert halb blind mittendurch, ohne auch nur eine Falle auszulösen. Dass es ihm am Ende sogar mit geschlossenen Augen(!) gelingt, einen Beißer knapp über Carsons Gesicht zu erschießen, ist dermaßen haarsträubend, dass es schon wieder in die "Gott wird's schon richten"-Haltung des aktuellen Handlungsstranges von Episode 11 passt.
So langsam scheint auch der grundskeptische Carson anzufangen, an ein wenig göttliche Unterstützung zu glauben – und schon stehen die Saviors auf dem Plan, um die beiden Flüchtigen wieder einzukassieren. Weil nach so viel unerschütterlichem Glauben ja eigentlich nur ein Schlag in die Magengrube folgen kann, landet Carson am Ende also im Leichensack und Gabriel als Sortierhilfe in Eugenes Patronenmanufaktur. Eine gewisse sadistische Ader könnte man den Machern von "The Walking Dead" angesichts dieser Entwicklung tatsächlich unterstellen (wenn das die bisherigen Folgen von Staffel 8 und davor nicht bereits zur Genüge deutlich gemacht hätten).
Auf dem Hilltop spitzt sich die Lage zu – und trotzdem wird alles besser?!
Während sich die Überlebenden aus Alexandria also durch die Sümpfe schlagen und Carson und Gabriel auf Gottes Pfaden wandeln, wird auf dem Hilltop fleißig geackert. Maggie lässt die Palisaden mit Metallplatten verstärken und plant den Widerstand, doch die Versorgungslage sieht bitter aus. Kein Wunder, dass die Anführerin sich Gedanken über Einsparungsmöglichkeiten macht – und bei den Gefangenen landet.
Natürlich versucht Gregory mal wieder, sich anzubiedern und seine Situation zu verbessern, doch zumindest fürs Erste regiert bei Maggie (noch) die Entschlossenheit, die Gefangenen als Feinde anzusehen, die eigentlich nur eine Belastung sind. Freigang bei guter Führung? Nix da!
Diese Entschlossenheit hält allerdings nicht allzu lange an. Daryl und Co. erreichen das Hilltop und berichten natürlich von Carls Tod. Während Enid eindrucksvoll zusammenbricht, scheint die Botschaft des verstorbenen Juniors Maggie zum Umdenken zu bewegen.
An diesem Punkt überschlagen sich die Fragen in meinem Kopf: Woher wissen Daryl und Co. eigentlich davon? Hat Rick den anderen ihre Briefe mitgegeben, oder hat Siddiq etwas erzählt? Die "Meine Gnade siegt über meinen Zorn"-Predigt gab's zumindest On-Screen doch erst nach deren Abgang für Rick und Michonne, oder hab ich was nicht mitbekommen ...?
Jedenfalls schöpft Maggie angesichts der Ankunft ihrer Freunde und dank der Erkenntnis, mit Siddiq einen neuen (Ersatz-)Arzt vor Ort zu haben, offenbar neuen Mut. Sie bewilligt den gefangenen Saviors sogar beaufsichtigten Freigang und will sie endlich auch nicht nur durchfüttern, sondern ihre Arbeitskraft für sich nutzen. Gregory hätte ich an ihrer Stelle zwar weiter im Zwinger gelassen, aber wer weiß, für welchen Twist das noch gut sein wird?
Da war doch noch was ...
Wie schon erwähnt, spielt das Sanctuary in Episode 11 eine eher untergeordnete, wenn auch nicht zu unterschätzende Rolle. Die Angst vor Negans Zorn sorgt bei Eugene für ganz neue Motivation und der Überläufer beginnt, fleißig Munition in seinem ganz persönlichen Außenposten zu produzieren. Die Avancen von einer von Negans Frauen lässt er dabei kühl-überlegen abblitzen und scheint das bisschen Macht, was er gerade hat, sichtlich zu genießen.
Als Negan den gefangenen Gabriel anschleppt, bekommt es Eugene kurzzeitig mit der Angst zu tun, doch natürlich hat der Pfarrer ihn nicht verraten, sondern die Flucht auf den ohnehin bereits toten Doktor Carson geschoben. Um Negans Wut über das mangelnde Tempo bei der Patronenproduktion zu mildern, kommt der Vokuhila-Fan dann allerdings mit einer dermaßen haarsträubenden Idee daher, dass man sich echt fragen muss, ob blöde Ideen bei ihm eine Art Panikreaktion sind? Beißerteile mit Katapulten zwecks psychologischer Kriegsführung hinter die "feindlichen Linien" schleudern? Geht's noch?
Dem Anführer der Saviors gefällt der Plan dagegen – natürlich – ungemein gut und in den letzten Momenten von Episode 11 wird bereits deutlich, dass Negan die Beißer-Seuche in den kommenden Folgen als eine Art biologische Waffe gegen die vereinten Communitys einsetzen will. Hätte Eugene nicht einfach die Klappe halten können?
Mein Fazit zur elften "The Walking Dead"-Folge von Staffel 8
In Episode 11 dreht sich alles um die (mal mehr, mal weniger erfolgreiche) titelgebende "Flucht nach Hilltop". Doch während der Handlungsstrang von Daryl und den Alexandrianern bei aller Fragwürdigkeit tatsächlich noch relativ interessant ausfällt, muss ich zugeben, dass ich Gabriels Gottvertrauen ziemlich schnell ziemlich anstrengend fand. Hier soll mich keiner falsch verstehen: Natürlich ist es schön für ihn, wenn er einen festen Glauben an Gott pflegen kann und darin Frieden und Rückhalt findet. Aber müssen die Macher das "Gott wird schon alles richten und hat einen Plan für uns" den Zuschauern wirklich in quasi jedem zweiten Satz unter die Nase schmieren?
Insgesamt glänz diese Folge von Staffel 8 (mal wieder) durch eine verstärkte Konzentration auf die psychologische Seite der Handlung. Die Figuren werden mit all ihren inneren Auseinandersetzungen ausgiebig präsentiert und die eigentliche Action wird im Vergleich zu anderen Folgen deutlich zurückgefahren. All das soll wohl als große dramaturgische Vorbereitung auf den letzten Showdown im All-out-war und die Zeit nach dem Kriegsende dienen – oder zumindest hoffe ich das.
Gedanken, die mir nach Episode 11 noch im Kopf herumschwirren
- Wieso kann Eugene nicht die Klappe halten? Oder wenigstens auf weniger eklige Ideen kommen?
- Ist Gabriels Gottvertrauen jetzt endgültig den Bach hinunter?
- Ob das so eine gute Idee war, Gregory auch wieder (halbwegs) rauszulassen? Der Wendehals bedeutet eigentlich immer nur Ärger
- Wie gut, dass wir mit Siddiq noch einen Ersatzarzt in petto haben. Was für ein Zufall ...
TURN ON-Score: 2,5/5