Drei Jahre nach dem Release des ersten Teils bringt Massive Entertainment mit "Tom Clancy's The Division 2" die Fortsetzung des beliebten Loot-Shooters. Ungewöhnlich für das Genre: Schon zum Start bietet das Spiel ausgereiftes Gameplay, das lediglich von einer zwanghaft seichten Backstory getrübt wird. Warum mich der Ausflug nach Washington D.C. an den Bildschirm fesselt, verrate ich Dir im Test.
- Story: Enttäuschend platt
- Gameplay: Evolution statt Revolution
- PvP: Die neue Dark Zone
- Endgame: Genug zu tun in Washington D.C.?
- Fazit
Die Chronik des ersten "The Division" ist eine Schablone für den Werdegang vieler Live-Service-Spiele im modernen Gaming: Vor dem Release war der Hype groß – vor allem visuell schien die urbane Apokalypse eindrucksvoll zu werden. Nach dem Launch kehrte aber schnell Ernüchterung ein: Es gab nicht nur ein Grafik-Downgrade, sondern im verwüsteten Manhattan auch schlichtweg zu wenig zu tun. Loot-Shooter dieser Art ziehen schließlich vor allem eine Kundschaft an, die unzählige Stunden in ein Spiel investiert und entsprechend belohnt werden will.
Aber Massive Entertainment schaffte die Wende: Die Entwickler traten auf die Bremse, wichen vom ursprünglichen Plan ab und überarbeiteten die ausstehenden Content-Updates. Das Endgame wurde mächtig aufgebohrt und schließlich wandelte sich "The Division" zu einem Musterbeispiel in Sachen Service-Game – steigende Spielerzahlen inklusive.
Das Sequel "The Division 2" ist nun ein Neustart, in dem das Konvolut aus Nachbesserungen im ersten Teil sorgfältig zu einem glatten Spielerlebnis verarbeitet wurde. Dafür hat man ganz offensichtlich darauf verzichtet, Risiken in Form großer Neuerungen einzubauen.
Trotz Potenzial: Die Story von "The Division 2" ist enttäuschend platt
Nachdem die Agenten der Strategic Homeland Division den anarchistischen Kräften in New York City kurz nach dem Ausbruch einer Seuche den Kampf angesagt hatten, spielt "The Divison 2" etwa ein halbes Jahr später in der US-Hauptstadt Washington D.C.. Die Staatskräfte dort sind am Boden, das Chaos regiert – bis Du als Spieler auf einen Notruf aus dem Weißen Haus (jetzt umfunktioniert zur provisorischen Operationsbasis) reagierst.
Im Spielverlauf säuberst Du die Straßen der Hauptstadt von Gangs und anderen Banditen, eroberst Stadtviertel zurück und hilfst dabei Siedlungen auszubauen. Insgesamt ist die Story fürchterlich flach – der Spieler ist der Gute und muss die Bösen erschießen. Schade, denn dank Easter Eggs und versteckter Lore gibt es eigentlich jede Menge in der Spielwelt zu entdecken. Da wäre in jedem Fall mehr drin gewesen, was das Spielerlebnis weiter aufgewertet hätte. Ubisoft hätte hier gerne mal dorthin gehen können, wo es wehtut, anstatt politische Motive lediglich für Werbezwecke zu nutzen.
Genug für ein Sequel? Das Gameplay bietet Evolution statt Revolution
Am eigentlichen Spiel ändert sich im Vergleich zum Vorgänger wenig. Allerdings hat Massive Entertainment mit "The Division 2" einen Neustart hingelegt, in den die Erkenntnisse aus dem bewegten Werdegang des ersten Teils spürbar eingearbeitet wurden. Das selbst ausgelobte Credo "Endgame first" sorgt später vor allem für einen anspruchsvollen Schwierigkeitsgrad – genau richtig für Vielspieler, denn "The Division 2" ist als Loot-Shooter dazu designt, unzählige Spielstunden zu fressen.
Das grundlegende Gameplay stürzt den Spieler wieder in wilde Schießereien im Stile eines taktischen Deckungs-Shooters, ganz nach Wunsch alleine oder im Koop mit anderen Spielern. Die Kämpfe warten in der offenen Welt von Washington D.C. buchstäblich an jeder Straßenecke, Safe-Houses und Operationsbasen dienen als Respawn-Punkte. In verschiedenen Haupt- und Nebenmissionen müssen dagegen auch größere Gebäudekomplexe oder feindliche Basen eingenommen werden. Hier gibt es Checkpoints, an denen neu gestartet werden kann, wenn der Feind zu mächtig war.
Der Lohn aller Mühen ist natürlich Loot: Ausrüstung, Crafting-Ressourcen und immer mächtigere Waffen und Mods, mit denen die Spielfigur weiter verbessert werden kann. Die begehrte Beute gibt es auch ständig, überall und für so gut wie jede Aktion. Dazu bietet "The Division 2" vielfältige Herausforderungen und Fortschrittssysteme: Ressourcen können nun etwa für verschiedene Projekte gespendet werden, mit denen die Siedlungen ausgebaut werden.
Der Fokus auf die Fertigkeiten in Form tödlicher Gadgets wurde in "The Division 2" weiter verschärft: Nun gibt es acht verschiedene Skills mit unterschiedlichen Funktions-Modi und zusätzlichen Slots für Mods. Neu sind etwa ein kugelsicheres Schild, eine Drohne oder das sogenannte Glühwürmchen – ein Gerät, das Haftminen an Gegnern platzieren kann.
Die Dark Zone neu gedacht – PvP für alle!
Spieler-gegen-Spieler-Action findet dagegen ausschließlich in den drei abgeriegelten Gebieten der Dark Zones statt. Hier gibt es zwar auch gefährliche Computer-Gegner, echte Spieler können sich allerdings auch gegeneinander wenden und sich den sauer verdienten Loot abjagen. In "The Division 2" werden die Spielerwerte im PvP nun normalisiert, um ein gewisses Kräftegleichgewicht zu erhalten. Dabei werden die Ausrüstungswerte aller Items auf das jeweilige Maximum gesetzt, sodass individuelle Builds dennoch relevant bleiben. Zusätzlich ist immer abwechselnd eine der drei Dark Zones "Occupied" – hier gelten dann keine Regeln und keine Normalisierung.
"The Division 2" mit New Game Plus im Endgame
Im PvE-Modus will "The Division 2" nun eine spürbar größere Herausforderung bieten. Am Ende der Kampagne erscheint eine mächtige neue Fraktion auf der Karte und sorgt im Prinzip dafür, dass der Spieler sämtliche Basen erneut einnehmen muss. Die Black Tusk sind dabei enorm gut ausgerüstet und bringen völlig neues Equipment ins Spiel. Das fühlt sich erfrischend anders an, da hier nicht einfach Reskins der bekannten Gegner erneut bekämpft werden müssen, sondern schlauere, schnellere und deutlich mächtigere Feinde mit anderen Waffensystemen.
Aber das Endgame entwickelt sich auch über dieses Stadium hinaus: Durch das Beenden von Missionen und Erobern von Stützpunkten der Black Tusk wird das Welt-Level des Spielers angehoben und der Spaß beginnt von vorn – nur noch schwerer als zuvor. So hat Massive Entertainment eine Art New Game Plus in "The Division 2" eingebaut, das Vielspieler länger beschäftigen dürfte. Später sollen auch noch Raids in das Game integriert werden, die anspruchsvolle Herausforderungen für Acht-Spieler-Teams bieten sollen.
Reicht das an Neuerungen? Und für wen ist das was?
Bereits nach dem Spielen der Beta hatte ich das Gefühl, dass "The Division 2" sich in erster Linie an die bestehende Community richtet, die schon den ersten Teil gespielt hat. Genau darum ist es der richtige Ansatz, ein Game einzuführen, das langfristig Spieler binden soll. Andere Titel haben versucht, zuerst möglichst viele Einsteiger anzuziehen und mussten hinterher neue Anreize für Hardcore-Spieler einbauen. Bei entsprechendem Erfolg von "The Division 2" werden aber früh genug neue Fans dazukommen.
Als wiederkehrender "The Division"-Spieler habe ich mich direkt wie Zuhause gefühlt. Statt mich an völlig neue Mechaniken zu gewöhnen, konnte ich mich über das sommerliche Setting freuen, in dem seit dem Ausbruch der Pandemie immer noch Weihnachtsdekoration herumsteht. Dazu konnte ich verbesserte Details entdecken, die sich nach Fortschritt anfühlen – zum Beispiel die Möglichkeit, Gegenstände beim Looten direkt als Schrott markieren zu können oder gezielt zerstörbare Panzerung bei stärkeren Feinden.
Fazit: Wenig Tiefgang aber viel zu tun – es bockt!
Die künstlich flach gehaltene Hintergrundstory, mit der Ubisoft möglichst wenig anecken will, raubt mir zwar an einigen Stellen die Immersion. Das Ganze spielt allerdings vor hübscher Kulisse und das Gameplay macht immens viel Spaß. Wer an Filmen wie "Independence Day" oder "Stargate" trotz dümmlicher Story inklusive Patriotismus-Gejohle Gefallen findet, wird auch über die Handlung von "The Division 2" hinweg sehen können. Dann verspricht der Loot-Shooter Unmengen an fesselnden Spielstunden und bereits zum Start jede Menge Content.
Das hat mir gut gefallen | Das hat mir weniger gut gefallen |
+ Fühlt sich bereits zum Launch fertig an | - Fragwürdige Story nagt an der Immersion |
+ Zum Start bereits viel Content | - Für Neueinsteiger etwas komplex |
+ PvP- & PvE-Verhältnis ausgewogen |