Es gibt in der Popkultur so ein paar Dream-Teams: John Lennon und Paul McCartney, Clever und Smart, Farin und Bela. Und Simon Pegg und Nick Frost: Die besten Freunde und Hauptdarsteller der "Cornetto"-Trilogie sind endlich wieder vereint – in ihrer neuen Serie "Truth Seekers". Warum die zwar geist-reich, aber leider auch nur ganz nett ist, erfährst Du in unserem Review.
- Pegg, Frost & Cornetto
- Wiedervereint, aber selten zusammen
- Geisterjagd im YouTube-Zeitalter
- Zum Schmunzeln, aber nicht zum Brüllen
- So viel ungenutztes Potenzial
Pegg, Frost & Cornetto
Simon Pegg ist der breiten Öffentlichkeit vermutlich seit der bahnbrechenden Zombie-Komödie "Shaun of the Dead" ein Begriff, in der er den antriebslosen Slacker Shaun spielt, der seine Freundin zurückgewinnen will – inmitten der Zombie-Apokalypse. Vermutlich wäre der Streifen nur halb so lustig, hätte Pegg nicht Nick Frost zur Seite gestanden. Der moppelige Gemütsmensch gibt Shauns besten Freund Ed; einen herzensguten, aber stinkfaulen Kiffer, der am liebsten in den Tag hineinlebt, am Ende aber über sich selbst hinauswächst und für einen sehr emotionalen Filmmoment sorgt.
Zusammen mit der Actionfilm-Persiflage "Hot Fuzz – Zwei abgewichste Profis" und dem Invasions-Ulk "The World's End" bilden die drei Streifen die sogenannte "Cornetto"-Trilogie (weil in jedem Film das gleichnamige Eis mindestens einmal erwähnt wird), die unter Nerds so was wie Legendenstatus hat. In jedem Film spielen Pegg und Frost die Hauptrollen. Ohne die ganz besondere Chemie der beiden wären die Filme schlichtweg nicht vorstellbar.

Kein Wunder: Simon Pegg und Nick Frost sind auch im echten Leben beste Freunde und beschenkten uns schon vor rund 20 Jahren mit der absoluten wundervollen, viel zu unbekannten Popkultur-Sitcom "Spaced", die jeder ernsthafte Nerd mindestens einmal in seinem Leben geguckt haben muss. Ja, muss. Das steht leider nicht zur Diskussion.
Wiedervereint, aber selten zusammen
So. Und warum laber' ich Dich jetzt hier mit Trivia voll, das Du ziemlich sicher sowieso schon weißt? Weil das Dream-Team Pegg & Frost endlich wieder gemeinsam vor der Kamera stand. "Truth Seekers" gibt's ab dem 30. Oktober auf Amazon Prime Video. In der Comedy-Serie geht es um Geistererscheinungen, Cosplay-Wettbewerbe, das Leben als YouTube-Influencer und das Ende der Welt. Klingt spitze, ne? Kommt aber leider nicht über harmlos-nette Nebenher-Unterhaltung hinaus. Das hat mehrere Gründe.
Der offensichtlichste: Obwohl Simon Pegg und Nick Frost die unbestrittenen Stars (und Co-Autoren!) sind, haben sie kaum Screentime miteinander. Ich schätze, dass die Gesamtzeit, in der beide zusammen in einer Szene zu sehen sind, sich auf vielleicht zehn Minuten beläuft. Eventuell zwölf. Ich kann mir das nur mit dem übervollen Terminkalender von Simon Pegg erklären, der mittlerweile ein waschechter Hollywoodstar ist und vermutlich nur ein paar Tage Zeit hatte, seine Szenen für "Truth Seekers" abzudrehen – zwischen zwei Blockbustern.
So müssen Nick Frost als geisterjagender Elektriker Gus und seine Co-Stars aus der zweiten Reihe die Serie schultern. Das machen sie auch ordentlich, keine Frage – aber es bleibt doch ein Jammer, nein: eine riesige Enttäuschung, dass Pegg und Frost ihre unnachahmliche Dynamik hier kaum ausspielen können. Es gibt ein paar Leute, die sind dazu verdammt, alleine ziemlich gut, aber erst zusammen genial zu sein – und die beiden Briten gehören da zweifellos dazu. Dass das Potenzial dieser Traumpaarung so ungenutzt bleibt, schmerzt bis zur letzten der acht Folgen.

Geisterjagd im YouTube-Zeitalter
Aber okay, vielleicht klären wir erst mal, worum es in "Truth Seekers" überhaupt geht. Nick Frost spielt eben den vollbärtigen Gus, der einen recht öden Job als Elektriker hat. Eigentlich. Denn seine wahre Leidenschaft ist die Jagd auf Geister, die er auch immer schön auf seinem eigenen YouTube-Kanal "Truth Seekers" dokumentiert. Sein neuer Partner Elton (Samson Kayo) hält sich von dem ganzen übernatürlichen Kram lieber fern und hält am liebsten nur die Kamera. Und auch das nur unter Protest.
Irgendwann kriegen die beiden tatsächlich paranormale Phänomene vor die Linse – und können es selber kaum glauben. Doch was als ein bisschen Rumgespuke von unheimlichen, eigentlich aber harmlosen Geistern beginnt, wächst sich schon bald zu einer übernatürlichen Verschwörung eines irren Todeskults unter der Leitung des undurchsichtigen Parapsychologen Dr. Toynbee (Julian Barratt) aus.

Viel zu tun also für die Hobby-Geisterjäger. Zumal sie sich ja nicht nur mit Problemen aus der Geisterwelt, sondern auch aus der sehr realen rumschlagen müssen: Eltons Schwester Helen (Susan Wokoma, "Enola Holmes") will unbedingt einen Cosplay-Contest gewinnen, leidet aber an lähmendem Lampenfieber. Die mysteriöse Astrid (Emma D'Arcy) verbirgt ein dunkles Geheimnis und Gus' kauziger Vater Richard (Schauspiel-Urgestein Malcolm McDowell aus "A Clockwork Orange") versteht das Internet zwar nicht so ganz, will aber selber YouTube-Star werden.
Zum Schmunzeln, aber nicht zum Brüllen
Das ist alles zum Schmunzeln und Sympathisch-Finden, aber selten zum Lachen. Hauten uns Pegg und Frost in "Spaced" und der Cornetto-Trilogie die Popkultur-Zitate und clevere Anspielungen quasi im Sekundentakt um die Ohren, ist die Gag-Dichte hier spürbar geringer – richtige Brüller gibt's eigentlich nicht. Tatsächlich kann ich mich an keinen einzigen echten Knallergag erinnern, keinen zitatwürdigen Spruch, keine Sequenz, die ich mir noch mal auf YouTube anschauen möchte. Es plätschert behaglich, aber es prickelt nicht.
Dafür sind die Spuk-Szenen angemessen respektvoll inszeniert. Wirklich gruselig wird's erwartungsgemäß nicht, aber hin und wieder wenigstens ein bisschen schaurig. Fand ich sehr angenehm, dass die Sequenzen, in denen Gus und sein Team auf Geister und Gespenster treffen, nicht in hysterischem Geblödel im Stil der unsäglichen "Scary Movie"-Reihe untergehen. Sondern die dringend benötigte Zeit bekommen, langsam Atmosphäre aufzubauen und so ein willkommenes Gegengewicht zum flapsigen, manchmal gar etwas zu belanglosen Tonfall der eigentlichen Handlung zu bilden. "Truth Seekers" spielt mit Horror-Motiven, zieht sie aber nicht durch den Kakao. Genau richtig so.

Trotzdem: Ein bisschen mehr Schwung und Witz und Biss hätte das alles schon vertragen können. Zumal die oftmals skurrile Welt von YouTube-Influencern (oder denen, die es gerne wären) doch eigentlich überreif ist für eine saftige Comedy, die die selbstverliebte Absurdität der digitalen Dauerstreamer mal so richtig auf die Schippe nimmt.
Ein paar halbherzige Seitenhiebe auf Viewzahlen, dauernörgelnde YouTube-Kommentatoren und alberne Instagram-Filter – das war's schon. Man wird das Gefühl nicht ganz los, dass Simon Pegg und Nick Frost als Drehbuch(mit)schreiber auch nicht so ganz genau wissen, wie die Generation Livestream eigentlich funktioniert. Auch hier: So viel Potenzial, so leichtfertig liegen gelassen.

So viel ungenutztes Potenzial
Somit ist "Truth Seekers" eine harmlos-nette, aber nicht zwingende Unterhaltungsserie geworden, die eine originelle Prämisse hat, in Sachen Inszenierung und Humor aber doch zu sehr auf Nummer Sicher geht und nur wenige Überraschungen und noch weniger Highlights bietet. Schade, echt schade – denn eigentlich müsste das hier eine meiner Lieblingsserien 2020 sein. Im Schaffen von Simon Pegg und Nick Frost wird "Truth Seekers" aber wohl eher eine Fußnote bleiben.
Aber hey – natürlich trotzdem um Welten besser als der letzte "Ghostbusters".