Überraschungshits: 7 Indie-Filme, die die Oscars aufmischten

2017 gewann mit "Moonlight" ein Indie-Film in der Königskategorie "Bester Film".
2017 gewann mit "Moonlight" ein Indie-Film in der Königskategorie "Bester Film". Bild: © David Bornfriend/A24/DCM 2017

"Get Out" und "Call Me By Your Name" haben es dieses Jahr geschafft, ganz ohne große Namen oder teure Werbekampagnen. Mit wenig Budget müssen Regisseure einfallsreich werden. Auch deswegen sind kleine Filme unabhängiger Filmemacher und Studios oft spannender als viele Großproduktionen, denen der Erfolgsdruck im Nacken sitzt. Das hat auch Hollywoods Filmakademie bemerkt – und einige Indie-Perlen mit Oscars bedacht. Wir erinnern uns an ein paar der Überraschungshits.

1. "French Connection – Brennpunkt Brooklyn" (1971)

Regisseur William Friedkin schrieb 1973 Filmgeschichte mit seinem Kulthorrorfilm "Der Exorzist", seinen Durchbruch hatte er aber zwei Jahre zuvor mit "French Connection – Brennpunkt Brooklyn". Das Copdrama dreht sich um den Drogenhandel in New York City, mit Gene Hackman und Roy Scheider als Polizisten in den Hauptrollen. Das Budget betrug lächerliche 1,8 Millionen Dollar, der Film wurde aber unter anderem als "Bester Film" mit dem Oscar ausgezeichnet, genauso wie Friedkin und Hackman.

Gewonnene Oscars: 5 (nominiert in 8 Kategorien)

2. "Lost in Translation – Zwischen den Welten" (2003)

Ihren Vater Francis Ford kannte und verehrte die Welt bereits als Regie-Ass, aber für seine Tochter Sofia Coppola war "Lost in Translation – Zwischen den Welten" ein entscheidendes Projekt. Sie selbst war zuvor nur in der Modebranche tätig und schrieb das Drehbuch im Grunde aus einer Jetlag-Laune heraus. Hilfe von ihrem Vater lehnte sie ab, unter anderem auch den Rat, in HD zu drehen. Auch an große Studios wollte sie das Projekt aus Angst um ihre Vision nicht geben. Ihr Starrsinn brachte ihr einen Oscar fürs Drehbuch ein und die Karriere der damals erst 17-jährigen Scarlett Johansson richtig ins Rollen. Ihr Co-Hauptdarsteller Bill Murray erfuhr ebenso frischen Job-Aufwind und festigte sein heutiges Image als leicht verwirrter, dabei aber sympathischer alter Kauz.

Gewonnene Oscars: 1 (nominiert in 1 Kategorie)

3. "Once" (2007)

Schon vor dem Hype um "La La Land" gab es ein romantisches Filmmusical, das bei den Oscars 2008 für Furore sorgte. "Once" startete mit den in internationalen Kreisen ziemlich unbekannten Musikern Glen Hansard und Markéta Irglová in den Hauptrollen. Sie spielen einen namenlosen Straßenmusiker und eine ebenso namenlose Immigrantin, die in Dublin miteinander anbändeln. Hansard kannten Indiemusik-Kenner vielleicht noch als Sänger und Gitarristen der hervorragenden irischen Rockband The Frames, aber seit dem Oscar-Sieg des Titelsongs "Falling Slowly" ist er fast nur noch solo auf Konzertbühnen unterwegs. Aus "Once" wurde derweil ein ebenso dauerhaft erfolgreiches Musical.

Gewonnene Oscars: 1 (nominiert in 1 Kategorie)

4. "Moonlight" (2016)

Gerade mal 1,5 Millionen Dollar kostete die Produktion des sensiblen Außenseiterdramas "Moonlight", in dem ein schwarzes Ghettokid mit seiner Homosexualität und dem Aufwachsen in einer gestörten Familie ringt. Kein Oscar-Gewinner in der Kategorie "Bester Film" war jemals so günstig. Der bis zu dem Zeitpunkt fast völlig unbekannte Regisseur Barry Jenkins demonstrierte, wie man mit starken Darstellern und einer stimmigen Inszenierung einen Film auf ein Oscar-reifes Niveau heben kann, ohne dabei Abermillionen an Budget in die Hand nehmen zu müssen. Tatsächlich erhielt der Film dann auch drei Academy Awards, für "Bestes adaptiertes Drehbuch", "Bester Nebendarsteller" (Mahershala Ali) und nach einigem Hickhack auf der Bühne auch die Königstrophäe für den "Besten Film".

Gewonnene Oscars: 3 (nominiert in 8 Kategorien)

5. "Precious - Das Leben ist kostbar" (2009)

Ebenfalls mit einem schwarzen Außenseiter befasste sich einige Jahre zuvor eine Oscar-Überraschung. In "Precious" bekommt die zurückgebliebene und mit ihrem zweiten Kind schwangere schwarze Teenagerin Precious die Chance, ihr Leben mit einem Schulförderprogramm in den Griff zu kriegen. Letztlich ist das aber alles nicht so einfach. Das Drama war der wohl meistdiskutierte Film der Oscars 2010 und erntete dort die Trophäen für die "Beste Nebendarstellerin" (Mo'Nique) und "Bestes adaptiertes Drehbuch". Hauptdarstellerin Gabourey Sidibe ist seither in diversen erfolgreichen TV-Serien zu sehen gewesen, etwa "American Horror Story" oder "Empire".

Gewonnene Oscars: 2 (nominiert in 6 Kategorien)

6. "Little Miss Sunshine" (2006)

Der Roadtrip einer leicht gestörten, aber sympathischen Patchwork-Familie zu einer Kinder-Misswahl in "Little Miss Sunshine" sorgte 2006 für Oscar-Buzz. Der weiß-gelbe VW-Bulli hat sich seither genauso in das Gedächtnis der Kinogänger eingebrannt wie die grandiose Darstellung des Kinderstars Abigail Breslin. Die Oscars für "Bestes Originaldrehbuch" und "Bester Nebendarsteller" (Alan Arkin) sahnte die Indie-Komödie ab, ihr Metascore liegt bis heute bei 80 von 100.

Gewonnene Oscars: 2 (nominiert in 4 Kategorien)

7. "Whiplash" (2014)

Was haben wir mit Miles Teller als aufstrebenden Jungschlagzeuger Andrew gelitten. Dessen Lehrer Fletcher ist eine der wohl am meisten Aggressionen hervorrufenden Filmfiguren überhaupt, verstörend brillant gespielt von J.K. Simmons. Seine Leistung im minimalistischen Psycho-Musikdrama "Whiplash" wurde also zurecht mit einem Oscar gewürdigt, genauso Schnitt und Ton. Dabei wäre der Film beinahe nie in die Kinos gekommen, denn Regisseur und Drehbuchschreiber Damien Chazelle konnte zuerst keine Unterstützer für sein Projekt finden. Es reichte nur für einen Kurzfilm, den er dann auch machte, und dadurch genug Aufmerksamkeit und Finanzhilfen für eine Langversion erhielt. Ein vielsagendes Detail, das zeigt, wie schwer es kleine Produktionen auf dem Weg zum Oscar haben.

Gewonnene Oscars: 3 (nominiert in 5 Kategorien)

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