"Uncharted: The Lost Legacy" im Test: Geht es auch ohne Nathan?

"Uncharted: The Lost Legacy" bietet Frauenpower im Doppelpack – aber musste eine dieser Frauen ausgerechnet Nadine Ross sein?
"Uncharted: The Lost Legacy" bietet Frauenpower im Doppelpack – aber musste eine dieser Frauen ausgerechnet Nadine Ross sein? Bild: © Sony 2017

Mit "Uncharted: The Lost Legacy" erscheint ein neues Single-Player-Abenteuer im "Uncharted"-Universum. Wir konnten das Action-Adventure von Naughty Dog bereits für unseren Test bis zum Ende durchspielen. Rätseln, Ballern und Sprüche klopfen ohne Nathan Drake – kann das funktionieren?

Story: Schatzjagd in Indien

Die aus "Uncharted 2" bekannte Schatzjägerin Chloe Frazer begibt sich auf die Suche nach einem indischen Artefakt. Dabei wird sie von der Söldnerin Nadine Ross begleitet, die in "Uncharted 4" als Anführerin einer paramilitärischen Organisation hinter einem Piratenschatz her war – und dabei gegen den "Uncharted"-Helden Nathan Drake kämpfte.

Gemeinsam machen sich Chloe und Nadine zum Westghats-Gebirge in Indien auf, wo sie in den Ruinen der Hoysala-Dynastie den goldenen Stoßzahn der Gottheit Ganesha bergen möchten. Leider sind die beiden Damen nicht die Einzigen, die hinter dem Artefakt her sind: Der wahnsinnige Warlord Asav möchte das Relikt ebenfalls in seinen Besitz bringen.

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Chloe und Nadine gehen in Indien auf Schatzsuche. Bild: © Sony 2017

Plot und Charaktere: Nadine ist die Gute?

Eine Schatzjagd in einer abgelegenen Region Indiens, zwei toughe Mädels, ein irrer Warlord – was kann da schon schiefgehen? Nicht viel, aber eines doch: In "Uncharted 4" versuchte die gnadenlose Nadine Ross, den von Spielern geliebten Hauptcharakter der Serie, Nathan Drake, sowie seinen Bruder Samuel zu töten. Im neuen "Uncharted" spielen wir Chloe und sollen Nadine auf einmal als freundschaftliche Begleiterin und Mitstreiterin schätzen. Bei allem guten Willen: Das klappt im Test nicht wirklich gut.

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Nadine (links) wollte in "Uncharted 4" Chloes einstigen Liebhaber Nathan Drake und dessen Bruder töten. Jetzt freunden sich die Frauen an. Bild: © Sony 2017

Nadine macht bei ihren Abenteuern mit Chloe einen gewissen Wandel als Person durch – aber da sie vor Kurzem noch Chloes Ex-Geliebten Nate umbringen wollte, möchte ich sie die ganze Zeit lieber hinter Gittern sehen, als mich um ihre Charakterentwicklung zu sorgen. Wäre Chloe stattdessen etwa mit Sully unterwegs gewesen, hätten wir in "Uncharted: The Lost Legacy" wieder ein sympathisches, witziges Duo auf seinen Abenteuern begleitet.

Aber: Naughty Dog macht das Bestmögliche aus dieser misslichen Ausgangslage. Zunächst stehen sich Chloe und Nadine distanziert gegenüber; vor allem Nadine ist sehr misstrauisch und aggressiv. Allmählich lernen sich die Charaktere kennen und freunden sich an. Dabei lösen sie dramatische Rätsel aus Chloes Familiengeschichte. Die Charakterentwicklung läuft subtil und nuanciert ab, was von einem Spiel gewordenen Popcorn-Kino wie "Uncharted" nicht unbedingt zu erwarten war.

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Die Freundschaft zwischen Nadine und Chloe entwickelt sich nur zögerlich. Bild: © Sony 2017

Im letzten Viertel des Spiels kommt schließlich ein weiterer bekannter Charakter aus der "Uncharted"-Serie hinzu und begleitet die beiden Abenteuerinnen. Mit dieser Figur kehrt auch die lockere Stimmung der Vorgänger zurück. Bis dahin fühlt sich die Geschichte ernsthafter an, wie eine Mischung aus "Uncharted" und "The Last of Us". Dank Chloe ist dennoch für ein paar flotte Sprüche gesorgt. Bei all der Kritik an der Wahl von Nadine als Sidekick: Das Spiel war so spannend, dass ich es trotz seiner ungefähr acht Stunden Spielzeit am Stück durchgezockt habe. Wer alle versteckten Schätze aufsammelt, kommt auf eine noch höhere Spielzeit.

Urteil: Nadine wollte im Vorgänger Nate umbringen und jetzt ist sie die Gute? Das überzeugt nicht. Davon abgesehen liegen Charaktere und Storytelling wieder auf feinstem Hollywood-Niveau.

Gameplay: Action und Abenteuer

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Die Action ist wieder absolut bombastisch. Bild: © Sony 2017

Erkunden, Ballern, Springen, Klettern und Rätsel lösen: Das "Uncharted"-Konzept bewährt sich auch in "The Lost Legacy". Wie gewohnt wechseln sich geruhsame und actionreiche Passagen ab und so wird das Spiel nie langweilig. Bei Rätseln und anderen Aspekten des Spiels gibt es einige Entlehnungen und Anspielungen an "Uncharted 2", wo Chloe erstmals eingeführt wurde. Kleine Gameplay-Neuerungen – etwa ein simpler Mechanismus für das Öffnen von Schlössern– sind an Bord, aber insgesamt bleibt das Gameplay von "Uncharted 4" unverändert.

Wie von den neueren Naughty-Dog-Spielen gewohnt, ergeben sich unterwegs immer wieder emotionale Ereignisse wie der "Giraffen-Moment" aus "The Last of Us". Dabei wird die Handlung kurz unterbrochen und der Spieler darf aufatmen. Von einem großen Augenblick dieser Art abgesehen begegnen uns in "Uncharted: The Lost Legacy" häufig aufsteigende Vögel, die neue Umgebungen einführen. Während der "Giraffen-Moment" gut funktioniert, setzt Naughty Dog bei den aufsteigenden Vögeln auf die "Mehr ist Besser"-Formel. Da ist etwas schade: Eine größere Portion Vielfalt bei der Tierwelt hätte dem neuen "Uncharted" nicht geschadet.

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Die "Uncharted"-Formel funktioniert zwar noch, aber einige Mechanismen wie die fast nur auf Vögel begrenzte Tierwelt werden schnell langweilig. Bild: © Sony 2017

Der Mehrspieler-Modus von "Uncharted: The Lost Legacy" wird übrigens mit dem Multiplayer von "Uncharted 4" zusammengelegt. Wer eines der beiden Spiele kauft, erhält also denselben Multiplayer-Modus ohne Einschränkungen. Naughty Dog ergänzt den Modus sogar um einige Figuren und Outfits aus "The Lost Legacy".

Urteil: Die "Uncharted"-Formel aus Erkunden und Ballern funktioniert wie gewohnt reibungslos.

Grafik und Präsentation: Wieder eine Wucht

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Gigantische antike Bauwerke beeindrucken auch in "Uncharted: The Lost Legacy". Bild: © Sony 2017

Die Grafikqualität erreicht dasselbe hohe Niveau wie "Uncharted 4", was kein Wunder ist: Schließlich werkelt die identische Technik im Hintergrund. Wie schon in "Uncharted 4" überwältigen auch hier immer wieder gewaltige antike Bauten und romantische Dschungel-Umgebungen. Einzig die atmosphärische Abwechslung war in "Uncharted 4" größer, denn "Uncharted: The Lost Legacy" spielt ausschließlich in Indien. Aber auch dort gibt es einiges zu sehen.

Urteil: "Uncharted: The Lost Legacy" ist eine optische Wucht auf ungefähr demselben Niveau wie "Uncharted 4". Besitzer einer PS4 Pro profitieren zudem von einer höheren Auflösung.

Fazit: Ein würdiges "Uncharted"

Etwas anderes als eine uneingeschränkte Kaufempfehlung für "Uncharted: The Lost Legacy" würde dem bombastischen Spektakel und dem hochwertigen Storytelling, das hier serviert wird, nicht gerecht. Negativ fällt lediglich auf, dass Naughty Dog mit der Wahl der brutalen Gegenspielerin von Nathan Drake als befreundetem Sidekick von Chloe ein echter Fehler in der Geschichte unterlaufen ist. Mit einem anderen Abenteurer-Duo – zum Beispiel Chloe und Sully – hätte ich Nate nicht vermisst ... so hätte ich Nadine Ross aber doch gern ab und an eingetauscht.

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Im Gegensatz zu Nadine ist Chloe noch immer ein runder, überzeugender Charakter. Bild: © Sony 2017

Insgesamt steht das Abenteuer etwas außerhalb der großen "Uncharted"-Geschichte und erinnert mich somit an "Uncharted: Golden Abyss" für die PlayStation Vita. Wie dieses Spiel ist "The Lost Legacy" ein tolles Adventure, aber es liegt nicht ganz auf dem extrem hohen Niveau von "Uncharted 4". Wahrscheinlich werde ich es trotzdem unzählige weitere Male durchspielen.

"Uncharted: The Lost Legacy" ist ab dem 23. August im Handel erhältlich.

Angebot
Uncharted: The Lost Legacy
Uncharted: The Lost Legacy
  • Datenblatt
  • Hardware und software
  • Release-Datum
    23.08.2017
  • Genre
    Action-Adventure
  • Plattform
    PlayStation 4 / PS4 Pro
  • Publisher
    Sony
  • Entwickler
    Naughty Dog
  • USK
    Ab 16
TURN ON Score:
4,5von 5
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