Kaum ein Film wurde in den letzten Monaten so heiß diskutiert wie "Venom". Die einen konnten es bis zum Kinostart kaum abwarten, die anderen sagten schon einen Flop voraus, bevor auch nur der erste Trailer zu sehen war. Wie bissig oder zahnlos "Venom" wirklich ist, liest Du in unserer Filmkritik.
Vom Regen in die Traufe: Die Story
Eddie Brock (Tom Hardy) ist erfolgreicher Investigativ-Reporter in San Francisco. Doch eines Tages tritt er dem falschen Mann auf die Füße: Dr. Carlton Drake (Riz Ahmed), der mit der Life Foundation die Menschheit in eine bessere Zukunft führen will. Brock verliert nicht nur seinen Job, sondern auch seine Wohnung und seine Freundin Anne (Michelle Williams).
Als er durch eine Whistleblowerin die Chance wittert, den selbst ernannten Weltverbesserer doch noch als den Schurken zu enttarnen, für den er ihn hält, läuft alles schief. In einem geheimen Labor wird Eddie mit einem seltsamen Parasiten infiziert und plötzlich ist nichts mehr, wie es mal war ...
Es darf gelacht werden
Zumindest eine Sache funktioniert in "Venom" ordentlich: der Humor. Das ist bei einem Regisseur wie Ruben Fleischer keine Überraschung, schließlich hat er mit Filmen wie "Zombieland" (2009) und Formaten wie "Jimmy Kimmel Live!" oder "Between Two Ferns with Zach Galifianakis" bereits mehrfach unter Beweis gestellt, dass er komödiantisches Gespür besitzt. Dieses setzt Fleischer gekonnt ein, um dem düsteren Anti-Helden mit dem Mordsappetit eine amüsante Leichtigkeit zu verpassen, die vielleicht nicht jeder so erwartet hatte.
Insbesondere die inneren Dialoge zwischen Eddie Brock und seinem symbiotischen Alter Ego Venom sind teilweise wirklich lustig. Die konfliktbeladene Beziehung zwischen den beiden hat etwas herrlich Schrulliges und ist ganz klar das Beste am ganzen Film – eine bissige Gag-Schleuder wie "Deadpool" ist der Film aber dennoch bei Weitem nicht.
Bloß kein Risiko
Außer beim Humor bleibt "Venom" in vielen Beziehungen leider unter seinen Möglichkeiten. Die Actionszenen und Special Effects sind ansehnlich, setzen aber keine neuen Maßstäbe. Obwohl es durchaus Highlights wie die Verfolgungsjagd mit dem Motorrad quer durch San Francisco gibt, bei dem die eine oder andere "Wow"-Kameraeinstellung herausspringt, wirkt "Venom" erstaunlich altbacken. Echtes Spektakel gibt es wenig, dafür vieles, was so schon oft auf der Leinwand zu sehen war. Dienst nach Vorschrift, bloß kein Risiko.
Dabei hätte gerade die Figur Venom so viel düsteres Potenzial gehabt. Man muss sich das klarmachen: Dieser Marvel-Charakter ist nicht etwa der blitzsaubere Captain America, sondern ein boshafter Anti-Held, der frisches Menschenfleisch frisst. Auch wenn das durchaus thematisiert wird, bleibt der Film erstaunlich brav dabei. Schade, dass sich die Verantwortlichen hier nicht getraut haben, auf Kosten einer höheren Altersfreigabe mehr Filmblut zu vergießen.
Starker Tom Hardy, schwache Nebenfiguren
Was bleibt, ist kein abgrundtief schlechter Film – auch wenn die ersten Reaktionen in den sozialen Netzwerken, die "Venom" sogar bereits mit Flops wie "Catwoman" in der Halle-Berry-Version oder Ben Afflecks "Daredevil" vergleichen, das vermuten lassen. Es ist aber kein besonders guter Film, sondern bestenfalls Durchschnitt. Die Story ist vorhersehbar, die Figuren sind eindimensional und wenig mitreißend.
Tom Hardy gibt sein Bestes und spielt den kaputten Eddie Brock wirklich gut. Leider ist die Figur aber bereits im Drehbuch so angelegt, dass es einem schwerfällt, Sympathie für sie zu empfinden. Eddie Brock ist in vielen Teilen des Films eitel und feige. Auch Michelle Williams ist ein echter Lichtblick, kommt aber viel zu kurz.
Die vielleicht größte Enttäuschung im Cast stellt Riz Ahmed ("Star Wars: Rogue One", 2016) dar, der es nicht schafft, seinem Bösewicht Dr. Carlton Drake mehr als klischeehafte und oberflächliche Abgründe zu verleihen. Dabei wäre er schauspielerisch sicher dazu in der Lage gewesen. Aber im Gesamtkonzept von "Venom" war Experimentierfreudigkeit scheinbar einfach nicht vorgesehen.
"Venom": Fazit
"Venom" trumpft mit einem starken Tom Hardy und einem schrulligen Pärchen Eddie Brock/Venom auf, das für manche Lacher sorgt. Bis auf einige gute Actionszenen war es das dann aber auch schon mit den Highlights. Der Film bleibt für einen Anti-Helden-Plot viel zu brav, fühlt sich teils überraschend altmodisch an und enttäuscht mit einem schwachen Gegenspieler. Unterhaltung für zwischendurch, aber nichts für die Ewigkeit.