Mein Nebenjob als Kickboxtrainerin sah Anfang 2020 plötzlich so aus: Workouts zu Hause filmen, Videos schneiden, mit lizenzfreier Musik und Effekten unterlegen und für meine Kursteilnehmer hochladen. Aus einer unvorhergesehenen Situation wollte ich das Beste machen – ohne Geld ausgeben zu müssen. Wie ich das geschafft habe, verrate ich Dir.
- Video schneiden ohne teures Schnittprogramm?
- Set-up fürs Filmen: Systemkamera, GoPro, Stativ
- Der Fernseher wurde zum Monitor fürs Filmen
- Licht und Ton: Gegebenheiten nutzen
- Kostenlos Videos schneiden mit Kdenlive
- Videos konvertieren mit Any Video Converter
- Lizenzfreie Musik: Hier wurde ich fündig
- Kostenlose Effekte: So kam ich an Video-Overlays
- Zusammenfassung
Eigentlich unterrichte ich Frauen im Kickboxen face-to-face. Doch das ging im März 2020 plötzlich nicht mehr. Die Sportschulen mussten ebenso wie Fitnessstudios ihre Türen schließen. Um den Mitgliedern des Vereins dennoch die Möglichkeit zum Sport zu geben – und zwar mit der dazugehörigen Portion Motivation durch die Trainer –, mussten wir Trainer vor die Kamera. Während viele Studios und Schulen ihre Kurse online abhielten, zum Beispiel via Zoom, sollte es bei uns wöchentlich ein Video für die verschiedenen Altersstufen und Kickbox-Level im Verein geben.
Video schneiden ohne teures Schnittprogramm – geht das?
Für mich bedeutete das: Ich muss zu Hause eine passende Location zum Filmen schaffen, mich um das nötige Equipment kümmern, Videos schneiden lernen, Musik und passende Effekte für meine Clips finden und die fertigen Videos dem Vorstand schicken, der sie dann bei Vimeo hochlädt und die Links mit den Vereinsmitgliedern teilt. Dafür wollte ich jedoch kein Geld ausgeben müssen – und das hat sogar geklappt. Wenn Du auch kostenlos Videos schneiden möchtest, lies gerne meinen Erfahrungsbericht. Ich verrate Dir, womit ich gefilmt habe, welches kostenlose Videoschnittprogramm ich empfehlen kann und wo ich lizenzfreie Musik und Effekte gefunden habe.
Set-up fürs Filmen: Systemkamera, GoPro, Stativ

Um meinen Videos einen halbwegs professionellen Look zu verleihen, wollte ich die Workouts aus unterschiedlichen Perspektiven filmen. Gerade bei Fitnessvideos hat das den Vorteil, dass man komplexe Bewegungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln zeigen und für die Zuschauer besser erklären kann. Das heißt, ich brauche fürs Filmen mehr als eine Kamera.
Als Hauptkamera nutze ich unsere Systemkamera, eine Sony Alpha 6000. Diese besitzt glücklicherweise einen schnellen Autofokus, was bei Videos mit viel Bewegung natürlich von Vorteil ist. Zweitkamera ist bei mir eine GoPro Hero Session, die mit passendem Zubehör überall befestigt werden kann und dank Weitwinkel viel vom engen Raum erfasst. Die Sony-Cam ist mit einem Stativ frontal auf mich ausgerichtet, die GoPro ist mit einem Clip an der Deckenlampe befestigt, sodass sie von schräg oben filmt.
Zwei Kameras plus Stativ sind bei mir also bereits vorhanden. Wer keine passenden Geräte besitzt, aber dennoch filmen möchte, ohne Geld für Equipment in die Hand zu nehmen, muss etwas kreativer werden. Heutzutage kannst Du auch mit Smartphones professionell wirkende Videos drehen – und Dir vielleicht ein zweites Gerät von Freunden oder Familie leihen, um verschiedene Perspektiven abzudecken. Selbst auf ein Stativ lässt sich im Zweifel verzichten, wenn Du passende Abstellmöglichkeiten fürs Handy findest. Oder Du baust Dir ein Smartphone-Stativ einfach selbst.
Der Fernseher wurde zum Monitor fürs Filmen
Ein Problem, auf das ich beim Filmen der ersten Videos stieß: Da man sich beim Workout ziemlich viel bewegt – mal am Boden, mal im Stand – ist es schwierig, auf begrenztem Raum einen Bildausschnitt zu wählen, der zu allen Gegebenheiten passt. So kam es vor, dass meine Arme beim Heben schnell aus dem Bild verschwanden oder ein Bein bei einer Bodenübung von der Hauptkamera abgeschnitten wurde. Zum Glück konnte ich für diese Momente meist auf das Material der Zweitkamera ausweichen.
Für die nächsten Videos habe ich einen alten Fernseher als Monitor benutzt. Einfach die Hauptkamera per Mikro-HDMI an den Fernseher anschließen – schon kannst Du jederzeit überprüfen, ob Du Dich aus dem Bild bewegst. Vielleicht hat Deine Kamera auch ein Display, das sich nicht nur schwenken, sondern auch drehen lässt. Das erfüllt denselben Zweck.
Licht und Ton: Die Gegebenheiten bestmöglich nutzen
Eine Investition in professionelles Licht oder ein Mikrofon waren für mich keine Option. Daher musste ich das Beste aus den Gegebenheiten vor Ort machen. Du kannst Dir zum Beispiel einen Raum suchen, in den möglichst viel natürliches Licht fällt, wobei Du nicht gegen das Licht filmen solltest. In diesem Fall ist es ideal, Videos bei gutem Wetter aufzunehmen – ich drehe beispielsweise am Vormittag, da die Sonne zu diesem Zeitpunkt für die beste Ausleuchtung des Raumes sorgt. Allerdings siehst Du dann im Video, wenn eine Wolke vorbeizieht.
Alternativ sperrst Du alle natürlichen Lichtquellen aus und sorgst für künstliche Beleuchtung, um immer dieselben Bedingungen beim Filmen zu haben. Reicht das nicht ganz aus, kannst Du an der Kamera noch ein, zwei Belichtungsstufen nach oben korrigieren. Achte aber darauf, dass Du nicht überbelichtest und weiße Bereiche völlig überstrahlen.
Beim Ton halte ich es simpel und greife auf den Kameraton zurück – in der Regel den der Hauptkamera. Beim Erklären von Übungen versuche ich, klar und deutlich zu sprechen. Kleinere Störgeräusche von außen fallen durch das Unterlegen mit Musik nicht weiter auf. Sofern Du nicht in großen, leeren Räumen filmst, sollte es auch keine Probleme mit Hall geben.
Kostenlos Videos schneiden mit Kdenlive
Die größte Herausforderung war für mich anfangs das Schneiden der Videos. Mit Kdenlive habe ich aber glücklicherweise eine Schnittsoftware gefunden, die nicht nur kostenlos ist, sondern auch recht einfach in der Benutzung, wenn man grundsätzlich weiß, wie Schnittprogramme funktionieren. Obwohl es sich um Gratis-Software handelt, bietet Kdenlive viele Möglichkeiten professioneller Schnittprogramme. Ein bisschen reinfuchsen muss man sich aber schon.

Mein Vorgehen beim Schnitt habe ich von Mal zu Mal optimiert, sodass ich mittlerweile eine Routine entwickelt habe. Wenn ich alle Videospuren in das Projekt gezogen habe, starte ich damit, die beiden Videospuren von Hauptkamera und GoPro zu synchronisieren – dafür beim Filmen die Klappe nicht vergessen! Dann startet das eigentliche Schneiden: Während die Spur der Hauptkamera durchgängig bleibt, schneide ich die GoPro-Spur so zurecht, dass diese zweite Perspektive nur ab und zu für kurze Zeit eingeblendet wird. Mit Jump Cuts schneide ich unschöne Sprechpausen heraus – das ist natürlich Geschmackssache. Für die Übergänge zwischen einzelnen Videoparts nutze ich einfaches Ein- und Ausblenden.

Steht der Schnitt, kümmere ich mich um das Overlay mit dem eingeblendeten Countdown. Bei einigen Videos kommen nun noch kurze Texteinblendungen hinzu – zum Beispiel der Name einer Übung. Als Letztes steht bei mir die Musik auf der Agenda. Dieser Part ist immer etwas fummelig, da ich die recht kurzen Tracks nicht nur mehrfach loopen muss, sondern auch immer mit dem Setzen von Keyframes leiser fade, wenn ich in die Kamera spreche. Anschließend erledigt der PC den Rest, wenn er das Video rendert.
Hier kannst Du schon einmal einen Blick auf das Ergebnis werfen:
Bevor Du Dich selbst ans Werk machst, habe ich noch einige Tipps zum Umgang mit unterschiedlich codierten Videos oder verschiedenen Formaten, zur Verwendung lizenzfreier Musik und zum Finden kostenloser Overlays.
Hast Du selbst noch keine Videos geschnitten, sind Dir Begriffe wie "Overlays" oder "Keyframes" vielleicht noch nicht begegnet. Wir können in diesem Text keine Einführung in den Videoschnitt geben, wollen aber einige Begriffe erläutern, damit jeder dem Text folgen kann:
- Jump Cut bezeichnet einen Schnitt zwischen zwei Bildern, der nicht kaschiert wird. Das Bild "springt" – selbst wenn Kameradistanz und Bildausschnitt identisch bleiben.
- Overlay wird für Bild-in-Bild-Effekte genutzt. Ein Video wird über ein anderes Video "drübergelegt", teilweise mit Transparenzen. Zu sehen sind am Ende beide Videos gleichzeitig.
- Keyframes sind "Schlüsselbilder" bzw. kleine Marker. In diesem Fall nutze ich Keyframes auf der Audiospur. Sie markieren die Stellen in der Timeline, ab denen die Lautstärke angehoben oder gesenkt wird.
Videos konvertieren mit Any Video Converter

Falls Du vor dem Problem stehst, dass Du Videos unterschiedlicher Formate hast und es zu Kompatibilitätsproblemen kommt, kannst Du sie zum Beispiel mit Any Video Converter vorab konvertieren. Ich habe die Gratis-Software für Smartphone-Videos genutzt, die mit ihrem ursprünglichen Codec nicht von Kdenlive geladen wurden. Damit lassen sich Videos ganz einfach umwandeln. Unter den Videooptionen stehen unter anderem verschiedene Codecs, Bitraten, Frameraten und Seitenverhältnisse zur Auswahl.
Lizenzfreie Musik: Hier wurde ich fündig

Da ich bei meinen Follow-along-Workouts selbst ordentlich ins Schwitzen kam, aber niemanden mit meinem Geschnaufe vor der Kamera abschrecken wollte, musste Musik her. Allerdings sollte es lizenzfreie Musik sein, denn die Videos sind bei Vimeo für jeden einsehbar, der den Link besitzt. Fündig wurde ich unter anderem beim CCMixter, vor allem aber im Free Music Archive. In beiden Archiven findest Du zum Beispiel Musik für Film & Video, für öffentliche Websites oder für kommerzielle Projekte mit Creative-Commons-Lizenz.

Die Suche hat bei mir einige Zeit in Anspruch genommen, hat sich aber gelohnt. Ich hatte am Ende eine Auswahl von sechs passenden Tracks in unterschiedlichen Tempi für Aufwärmen, Workout und abschließendes Dehnen zusammen, die ich nun immer wieder verwende. Mein Tipp: Wenn Du wie ich nach Songs mit bestimmtem Tempo suchst, über die Genre-Filter aber nicht fündig wirst, versuche es mal mit Schlagwörtern wie "upbeat", "forward" usw. beziehungsweise "slow", "calm" oder "chill" etc.
Kostenlose Effekte: So kam ich an Video-Overlays

Um meinen Videos einen professionelleren Look zu verleihen, habe ich mich außerdem auf die Suche nach kostenlosen Overlays gemacht. Ich wollte bei den Intervalltrainingseinheiten einen Countdown einblenden, der anzeigt, wie lange die Übung noch ausgeführt werden soll oder wie lange die Trainingspause dauert. Fündig wurde ich bei denselben Quellen, die auch kostenlose Bilder mit Creative-Commons-Lizenz bereitstellen: Pexels und Pixabay.

Bei Pixabay habe ich einen passenden Countdown zur freien kommerziellen Nutzung gefunden. Bei der Suche nach dem Schlagwort "Countdown" habe ich nach Videos gefiltert und einen passenden Clip gefunden, der keinen Bildnachweis erfordert. Die Länge des Overlays, die Farbe der Einblendung (Grün während der Übung und Rot während der Pause) sowie die Größe und Position passe ich jedes Mal aufs Neue im Schnittprogramm an.
Zusammenfassung
- Für Videos mit halbwegs professionellem Look nutzt Du idealerweise mehr als eine Kamera und unterschiedliche Perspektiven
- Filme immer zu ähnlichen Tageszeiten oder setze für gleichbleibende Bedingungen ausschließlich auf künstliches Licht
- Als Schnittprogramm kann ich die Open-Source-Software Kdenlive empfehlen – sie ist kostenlos und bietet viele professionelle Funktionen
- Hast Du Probleme mit unterschiedlichen Videoformaten oder -codecs, kann die Gratis-Software Any Video Converter helfen
- Lizenzfreie Musik findest Du zum Beispiel im Free Music Archive oder beim CCMixter
- Kostenlose Video-Overlays gibt's bei Pexels oder Pixabay, wenn Du nach Videos filterst