Radikal einfach will Google Duo sein – mehr nicht. Herunterladen, Telefonnummer registrieren, loslegen: Wenn die Videotelefonie-App hält, was sie verspricht, dann könnte Google endlich eine nützliche Video-Chat-App geschaffen haben. Wir haben Google Duo getestet – und sind begeistert vom coolen "Knock Knock"-Feature.
Von den beiden neuen Chat-Apps, die Google auf seiner Entwicklerkonferenz I/O 2016 vorstellte, schien Duo die mit Abstand langweiligere Anwendung zu sein. Videotelefonie-Optionen gibt es bereits viele – wie soll sich da eine App durchsetzen, die fast keine besonderen Features bietet? Das machte bei der Präsentation im Mai die gesamte Tech-Welt – und uns auch – stutzig. Jetzt ist Google Duo da und kann getestet werden. Ob wir im Test dahinterkommen, was Google sich mit der Entwicklung einer weiteren Videotelefonie-App dachte, die fast nichts kann?
Starten & telefonieren – so einfach wie versprochen
Der erste Schritt auf dem Weg zum Videoanruf führt uns in den Google Play Store. Dort steht Google Duo seit dem heutigen Freitag offiziell und gratis zum Download bereit. Aber nicht nur hier: Wer ein iPhone nutzt, kann sich die Video-Chat-App ebenfalls kostenlos im App Store herunterladen. Nach der Installation verlangt die App Deine Zustimmung zu den Nutzungsbedingungen und den Zugriff auf einige Smartphone-Dienste wie die Kamera und das Mikro. Anschließend wirst Du aufgefordert, Deine Telefonnummer einzugeben und erhältst eine SMS mit einem Code zur Bestätigung. Das war's. Hat die Registrierung geklappt, erscheint nun das Videotelefonie-Fenster von Google Duo mit einer Live-Ansicht der Frontkamera. Vom Download bis hierhin hat es vielleicht zwei Minuten gedauert.
Um einen Videoanruf tätigen zu können, braucht es natürlich ein Gegenüber, das ebenfalls Google Duo nutzt. Das Prinzip ist hier nämlich das gleiche wie bei WhatsApp. Statt Nutzernamen, E-Mail-Adressen und Passwörter reicht eine Telefonnummer, um die Video-Chat-App zu nutzen. Google Duo greift also wie WhatsApp auf Deine Kontakte zu. Haben diese bereits Duo, kannst Du sie anrufen. Haben Sie Duo nicht, kannst Du ihnen aus der App heraus eine SMS mit Link zu Google Play oder zum App Store schicken. Das Telefonieren könnte dann einfacher nicht sein: Im Startfenster von Google Duo auf das blaue Videoanruf-Symbol tippen, einen Kontakt auswählen – und er wird angerufen. Nach den ersten Telefonaten erscheinen die zuletzt angerufenen Kontakte dann auch direkt neben dem Kamera-Symbol. So geht das Anrufen später noch fixer.
Qualität der Videotelefonate überzeugt
Während des Telefonats ist die Ansicht ebenso übersichtlich gehalten wie die gesamte App. Standardmäßig ist der Gesprächspartner über den gesamten Bildschirm zu sehen, man selbst erscheint nur in einer kleinen Blase in der linken unteren Ecke. Durch einen Tipp auf diesen Kreis werden die Ansichten allerdings getauscht. Wer hingegen an eine andere Stelle tippt, bekommt zwei zusätzliche Buttons sowie das Symbol zum Auflegen eingeblendet. Einer der Buttons lässt Dich zwischen der Front- und der Rückkamera wechseln, der andere mutet das Mikrofon, damit Du beispielsweise etwas besprechen kannst, das der Telefonpartner nicht mitbekommen soll.
Die Qualität der Telefonate konnte im Test durchweg überzeugen. Der Video-Stream lief ohne Unterbrechung. Das liegt auch daran, dass Google Duo stets Wi-Fi und mobile Datenverbindung etabliert und beim Abreißen der einen nahtlos zur anderen Verbindung wechselt. Sinkt die Übertragungsgeschwindigkeit, skaliert die App die Videoqualität herunter. So sollte es wirklich nur an Orten ohne Wi-Fi- oder Mobilfunkabdeckung zu Aussetzern bei Video oder Ton kommen.
Das gefällt uns am "Knock Knock"-Feature
So einfach Google Duo auch ist – ein besonderes Feature bringt die Video-Chat-App dann doch mit. "Knock Knock" bezeichnet eine Live-Vorschau bei den Videotelefonaten. Sofern ich und mein Gegenüber die Funktion aktiviert haben (und Duo auf einem Android-Smartphone nutzen), kann ich das Live-Video-Bild des Anrufers schon sehen, wenn ich noch gar nicht rangegangen bin. Und das ist in der Tat ganz schön praktisch: So bekomme ich nämlich gleich einen Eindruck davon, ob mein Gegenüber gut drauf ist, ob mich ein eher schwieriges Gespräch erwartet oder ob es vielleicht ganz dringend ist, dass ich rangehe.
Außerdem unterstreicht das Feature die Unmittelbarkeit von Google Duo. Wer schon einmal Skype mit langsamer Internetverbindung genutzt hat und minutenlang warten musste, bis auch der Video-Stream auf beiden Seiten lief, wird das zu schätzen wissen. Ruft jemand via Duo an, steht der Stream bereits und das Videotelefonat startet ohne Verzögerung.
Das kann Google Duo alles nicht
"Knock Knock" ist also das einzige erwähnenswerte Feature – und derzeit nur auf Android-Smartphones verfügbar. iOS-Nutzer bekommen keine Live-Vorschau auf ihren iPhones angezeigt, wenn sie untereinander telefonieren. Doch auch mit Android-Handy muss man diese Funktion nicht nutzen. Sie lässt sich in den Einstellungen der App jederzeit aktivieren oder deaktivieren. Hier wird auch deutlich, wie begrenzt der Funktionsumfang von Google Duo ist. Es gibt zwei Schalter – einen zum Ein- und Ausschalten des Vibrierens beim Klingeln und einen zum Einschränken der mobilen Datennutzung. Zudem kann man die Registrierung der eigenen Telefonnummer aufheben für den Fall, dass man Nummern wechselt oder bestimmte Nummern blockieren. Das war's.
Google Duo bietet keine Möglichkeit, mit mehr als einer Person zur gleichen Zeit zu telefonieren, und auch reine Audioanrufe ohne Ton lassen sich nicht tätigen. Außer zum Einladen lassen sich keine Textnachrichten verschicken und wer Videotelefonate am Tablet oder am Desktop-PC führen möchte, muss ebenfalls auf ein anderes Kommunikations-Tool zurückgreifen. Der Duo-Account ist immer auf ein einziges Gerät (= Smartphone) beschränkt.
Fazit: Radikal einfach? Check ✓

Google Duo ist tatsächlich so einfach wie versprochen. Die Video-Chat-App macht genau das, was sie machen soll und kein bisschen mehr. Aber das – und davon hat uns erst der Test überzeugt – ist genau gut so. Duo will nämlich kein weiteres Skype, FaceTime oder Hangouts sein. Google legt den Fokus vielmehr auf Spontaneität. Wer noch aus Zeiten stammt, in denen man sich für Skype-Anrufe von einem Desktop-PC zum anderen verabredet hat, der wird die Unmittelbarkeit von Google Duo schnell zu schätzen lernen. Dadurch, dass die App so einfach zu installieren, so schnell zu starten und so simpel zu nutzen ist, liegt die Einstiegshürde viel niedriger. Und dass es gar keine Desktop-Variante von Google Duo gibt, unterstreicht nur noch einmal mehr, dass die App fürs Smartphone-Zeitalter und nicht für die Computer-Ära konzipiert wurde. Noch ein Pluspunkt: Google Duo setzt auf Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, sämtlich Gespräche bleiben somit vollkommen privat.
Insgesamt überzeugt die Video-Chat-App tatsächlich also damit, dass sie weniger bietet als die Konkurrenz. Das darf in unseren Augen auch gerne so bleiben. Zusätzliche Features würden wahrscheinlich nur die Unmittelbarkeit und Spontaneität killen.