Das Midseason-Finale von Staffel 6 ist da – die "Vikings"-Folge, die ich so gefürchtet und herbeigesehnt habe. Und die Episode endet so spektakulär und schmerzhaft zugleich, wie ich gehofft und befürchtet habe. Wappnet euch, Schildmaiden und Nordmänner, die Götterdämmerung naht!
- Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft
- Katz-und-Maus-Spiel bei den Rus
- Wo Könige umfallen wie die Fliegen
- Tot oder nicht tot, das ist hier die Frage
- Fazit
- Gedanken, die mir nach Folge 10 noch im Kopf herumschwirren
Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft
Es gibt Menschen, die möchte man nie wiedersehen. Blöd nur, wenn man sie für eine bevorstehende Schlacht als Verbündete braucht. So stehen sich der König von Kattegat, Björn "Eisenseite", und Harald "Schönhaar", seines Zeichens König "von ganz Norwegen", zu Beginn des Midseason-Finales etwas unwillig gegenüber und machen gute Miene zum bösen Spiel.
Das gelingt Harald mal mehr, mal weniger gut. Auch wenn "Schönhaar" Björn die norwegische Krone vor der Nase wegschnappen konnte, in allen anderen Belangen ist er Ragnars Sohn weiterhin unterlegen. Vor allem in Liebesdingen ist Harald kein Glück beschieden, während Björn mittlerweile sogar zwei Ehefrauen hat.
Und so ist König Harald in Gedanken nicht mit dem nahenden Heer der Rus beschäftigt, sondern mit seiner Eifersucht. Schmollend beklagt er sich bei König Olaf: "Ich verstehe nicht, warum er sich eine zweite Gemahlin genommen hat. Warum muss er nur alles für sich selbst beanspruchen?" Olafs lässige Antwort, für mich ein Highlight der Folge: "Nun, möglicherweise, weil er es kann."
Überhaupt erinnert Olaf immer mehr an eine menschliche Version von Jiminy Cricket (die Grille aus "Pinocchio"): Ständig spielt er Haralds Gewissen und erinnert ihn daran, was eigentlich sein Augenmerk als König von Norwegen sein sollte. Nicht, dass es helfen würde. Harald stellt lieber Björns Zweitfrau Ingrid nach und vergewaltigt sie letztlich. Er ist schließlich der König, er darf das. Hat jemand einen Brechbeutel parat?

Katz-und-Maus-Spiel bei den Rus
In der Kiewer Rus drehen sich unterdessen auch die Gedanken von Ivar um die Frau eines anderen. Olegs Ehefrau Katya alias Freydis 2.0 tanzt plötzlich oben ohne im Feenkostüm für "den Knochenlosen". Die absurde Szene macht nicht nur Ivar stutzig: woher der plötzliche Sinneswandel von Katya, die bislang so gar kein romantisches Interesse an Ivar zeigte? Oder wollten die Serienmacher nach dem Fan-Hype um den nackten Hintern von Freydis- und Katya-Darstellerin Alicia Agneson lediglich mit der Frontansicht nachlegen?
Die Vermutung liegt nahe, dass es sich um eine Falle von Oleg handelt, der Ivar auf die Probe stellen will. Der spätere Blickwechsel zwischen Katya und Oleg untermauert den Verdacht. Glücklicherweise scheint Björns Halbbruder den Treuetest zu erahnen: Katyas Avancen weist er ab, auf ihre Fragen nach Prinz Dirs Flucht geht er nicht ein. Vielleicht besteht doch noch Hoffnung, dass wir den gerissenen Prä-Freydis-Ivar wiedersehen, den genialen Strategen, der Æthelwulf und dessen Soldaten in Wessex das Fürchten lehrte. Ich würde es mir wünschen.

Wo Könige umfallen wie die Fliegen
Zumindest stürzt sich Ivar mit Eifer in die Schlacht gegen Björn und Harald. Gemeinsam mit Oleg, Hvitserk und den Rus landet er an der Küste von Norwegen, an der Björn ihn bereits erwartet. Passend zum Episodentitel "Blutiger Strand" richten die übermächtigen Streitkräfte der Rus und die wild entschlossenen Nordmänner ein Blutbad an.
Die gewaltige Schlacht ist mehr als ein militärisches Kräftemessen und ein Kampf der verschiedenen Glaubensrichtungen. Es ist vor allem ein geistiger Schlagabtausch zwischen Björn und Ivar, verdeutlicht durch imaginäre Gespräche zwischen den Brüdern am Strand. Beide versuchen, die Pläne des anderen vorauszusehen, beide sehen sich im Recht.
Am Ende schafft es Ivar allein durch die Überzahl der Rus, Haralds Hauptstadt von zwei Seiten zu überrennen. Dazu klettert der gehbehinderte Wikinger mit einigen Rus-Kriegern eine gewaltige Felswand empor. Cut zum Strand. Ivar ersticht Björn mit seinem Schwert. Mitten durch die Brust. Keine Pointe.
Wie "der Knochenlose" dort hingekommen ist? Wie viel Zeit zwischen der Kletterpartie und der Strandszene vergangen ist? Warum keiner der Nordmänner am Strand Ivar hat kommen sehen? All diese Fragen lässt "Vikings"-Showrunner Michael Hirst unbeantwortet. Vielleicht ist Ivar ja doch ein nordischer Gott. Oder die Szene spielt sich nur in Ivars Kopf ab, ähnlich wie das Zwiegespräch mit Björn am Strand. Oder aber Michael Hirst hat völlig den Verstand verloren.
Tot oder nicht tot, das ist hier die Frage
Ich weigere mich zu glauben, dass es das für Björn "Eisenseite" gewesen sein soll. Einfach so. Aus dem Nichts. Schließlich bekamen bislang alle Fanlieblinge eine spektakulär inszenierte Todesszene. Der plötzliche Tod des Jungens, den wir in der Serie zum Mann heranwachsen haben sehen, wäre einfach zu schmerzhaft.
Hoffnung macht mir Michael Hirst persönlich: "Ihr wisst nicht, ob Björn tot ist oder nicht", äußerst sich der Showrunner im Interview mit Variety doppeldeutig.
Für König Harald, in der Schlacht ebenfalls schwer verletzt, sieht es auch ziemlich übel aus: Blutüberströmt fordert er Erik auf, sich an einem anderen Ort eine neue Heimat zu suchen. Daraufhin schnappt sich Erik die Krone von Norwegen und macht sich davon. Ähnlich wie bei Björn sieht der Zuschauer Harald jedoch nicht sterben.
Die Handlung der finalen zehn Episoden von Staffel 6 setzt sich laut Showrunner Hirst nur ein oder zwei Tage nach der Schlacht im Midseason-Finale fort. "Mehrere Schlüsselfiguren werden schwer verletzt sein", kündigt er gegenüber Variety an. Verletzt, aber am Leben?

Fazit: Ich hasse die Midseason-Pause.
Folge 10 von Staffel 6 ist nervenaufreibend, emotional, episch und schockierend – kurzum: Sie bietet alles, was ich mir von "Vikings" wünsche. Ich kann es kaum erwarten, bis die zweite Staffelhälfte startet! Leider gibt es bislang keinen Starttermin. Hoffentlich müssen wir nicht wieder bis November warten, wie es bei Staffel 4 und 5 der Fall war ...
Gedanken, die mir nach Folge 10 noch im Kopf herumschwirren
- Gunnhild erinnert mich mehr und mehr an Lagertha. Die von allen begehrte Schildmaid, die ihr ungeborenes Kind verliert und für sich allein bittere Tränen vergießt – eine herzzerreißende Szene, stark gespielt von Darstellerin Ragga Ragnars!
- Was Erik wohl mit Haralds Krone anstellt? Laut Hirst symbolisiert sie Eriks Schicksal als "Königsmacher". Aber wem verhilft er zum Thron?
- Der Promo-Trailer bestätigt es: In der zweiten Staffelhälfte geht es zurück nach England zu König Alfred! Hoffentlich sehen wir dann endlich eine Schlacht zwischen den einstigen Schach-Partnern Alfred und Ivar.