Dem Sprichwort nach liegen Freud und Leid oft nah beieinander. Und auf nichts trifft das mehr zu als auf Folge 6 der finalen Staffel von "Vikings". Es ist die beste und die zugleich herzzerreißendste Episode der bisherigen Season. Halt lieber schon mal das Taschentuch bereit!
- Die Schattenseiten der Demokratie
- Lagerthas blutiger Schwanengesang
- Das Schicksal ist ein mieser Verräter
- Fazit: Was für eine Folge!
Die Schattenseiten der Demokratie
Tja, Björn, das war abzusehen. Wie erwartet hat Harald "Schönhaar" in "Vikings"-Folge 5 tatsächlich für sich selbst die Werbetrommel gerührt – und nicht für Ragnars Sohn. Und so kommt es, wie es kommen muss: Harald "Schönhaar" wird in Folge 6 zum ersten König von ganz Norwegen gewählt. Da kann Björn "Eisenseite" schmollen, so viel er will. Die Mehrheit hat gewählt – sei die Wahl nun weise oder nicht.
Nach seiner Krönung lässt sich Harald ausgiebig feiern und präsentiert sich als "König für das Volk". Im Gespräch mit dem desillusionierten Olaf zeigt der neue Herrscher allerdings sein wahres Gesicht. Er habe "jedem einzelnen versprochen, was er hören wollte." Seine Wahlversprechen halten will er allerdings offenbar nicht. Was Harald eigentlich zu einem sehr modernen Herrscher macht, denn seien wir ehrlich: Eine ähnliche Wahlkampf-Taktik fahren viele Politiker auch heutzutage noch.
Unterdessen offenbart Haralds heimlicher Verbündeter, Kjetill "Flachnase" seine wahren Ambitionen: Er will König von Island werden! Als er jedoch erkennt, dass Harald Björn aus dem Weg räumen will, vollführt er einmal mehr eine Kehrtwende. Kurzerhand warnt er Björn vor dem Angriff und rettet ihm sogar im Kampf das Leben. Zum Dank schleppt Björn ihn höchstpersönlich auf das Fluchtboot, mit dem der ausgestoßene Wikinger Erik, "nur Erik", (später: "der Rote") sie aus der Gefahrenzone schafft. Allerdings macht Letzterer Björn prompt seine missliche Lage klar: Der König von Kattegat braucht nun allen Schutz, den er kriegen kann.

Lagerthas blutiger Schwanengesang
Björns Mutter Lagertha beweist unterdessen eine bessere Menschenkenntnis. Wie von ihr vorhergesagt, kehren der ausgestoßene Weißhaar und seine Räuberbande zum Dorf zurück. Doch die Schildmaid und die Dorfbewohner sind wieder vorbereitet: In einer Art selbst gebautem Labyrinth trennen sie die Verstoßenen und schlachten sie auf ausgeklügelte Weise einen nach dem anderen ab. Ragnar wäre sicher stolz auf das militärische Geschick seiner Ex! Da kann Björn noch Einiges lernen ...
Am Ende heißt es: Weißhaar gegen Lagertha. In einem spektakulären Zweikampf prügeln und hacken der Krieger und die Schildmaid aufeinander ein – für mich ganz klar die beste Kampfszene der bisherigen Staffel! Endlich kann Lagertha-Darstellerin Katheryn Winnick wieder zeigen, warum sie als leidenschaftliche Kampfsportlerin die perfekte Besetzung für die "Vikings"-Heldin ist. Da sitzt jeder Schlag, die starke Schildmaid kaufe ich ihr voll und ganz ab, eine echte Top-Performance von Winnick!
Der blutige Ausgang des Eins-gegen-Eins-Showdowns ringt dann sogar der toughen Gunnhild Respekt ab: "Mögen dich die Götter am Leben halten – um unser aller Willen."

Das Schicksal ist ein mieser Verräter
Unglücklicherweise haben die Götter ihre ganz eigenen Pläne. Die schwer verwundete Lagertha macht sich nach Kattegat auf, um ihren Sohn Björn aufzusuchen. Ohne ihre Wunden versorgen zu lassen. Eine unlogische Kurzschluss-Aktion, die nicht so ganz zur sonst so kopfgesteuerten Schildmaid passen will. Ob sie ihres Lebens so überdrüssig ist oder diese Entscheidung einfach bequem für die Drehbuchautoren war, sei einfach mal dahingestellt.
In Kattegat angekommen, sieht Lagertha sich prompt dem toten Seher gegenüber – und mir schwant Böses. Schließlich sah auch Ragnar den Seher kurz vor seinem Tod in Staffel 4.
Was dann folgt, könnte tragischer nicht sein: Hvitserk – einmal mehr im Drogenrausch – torkelt durch die Nacht, halluziniert und ersticht im Wahn einen seiner persönlichen Dämonen. Unglücklicherweise entpuppt sich der kurz darauf als Lagertha. Der Seher sollte einmal mehr Recht behalten: Einer von Ragnars Söhnen tötet die berühmteste Schildmaid aller Zeiten, genau wie er es vorhergesagt hatte.
Während Hvitserk entsetzt auf die verblutende Lagertha starrt, wirkt die geradezu erleichtert. Endlich kann sie zu ihrem geliebten Ragnar nach Walhalla! Noch im Sterben tröstet sie ihren Mörder: Keiner könne seinem Schicksal entfliehen, es musste so kommen. Ein echter Trost ist das aber nicht, weder für Hvitserk noch für die "Vikings"-Zuschauer, die nun mit schwerem Herzen Abschied von einem weiteren Fanliebling nehmen müssen. Abschied von einer Mutter, Ehefrau, Schildmaid, Königin, Legende – von einem der stärksten weiblichen TV-Charaktere unserer Zeit.
Fazit: Was für eine Folge!
Bei den Göttern! Endlich bescherte uns "Vikings"-Showrunner Michael Hirst die lang ersehnte Portion Action. Aber Hirst wäre nicht Hirst, wenn die krachenden Kampfszenen nicht auch mit einem unerwarteten, emotionalen Twist einhergehen würden. Diese Mischung macht "Lagerthas Lied" zur bislang besten Episode von Staffel 6.
Und am Ende kann ich feststellen: Ich hab's Dir ja gesagt. Schließlich wurde ich schon nach Folge 5 das Gefühl nicht los, dass die Show auf einen großen Verlust hinsteuert. Wirklich besser fühle ich mich dadurch aber auch nicht, schließlich war Lagertha zusammen mit Ragnar mein absoluter Lieblingscharakter in "Vikings". Bleibt zu hoffen, dass zumindest Björn "Eisenseite" ein rosigeres Schicksal erwartet ...
Was mir nach Folge 6 sonst noch durch den Kopf geht
- Oleg kann mit seinen Grausamkeiten beinahe schon mit "Game of Thrones"-Ekel Ramsay Bolton mithalten. Er setzt seine neue Frau Katya alias Freydis 2.0 gezielt ein, um Ivar zu quälen.
- Woher weiß Oleg bloß von Ivars Kind mit Freydis? Und wenn er von dem getöteten Neugeborenen weiß: Was weiß er noch?
- Hvitserk sieht Lagertha als eine Art Schlange, bevor er sie tötet ... Ihre große Liebe Ragnar starb in einer Schlangengrube! Zufall? Vermutlich nicht.
- Wie wohl Björn auf Lagerthas Tod reagieren wird? Und die Tatsache, dass sein Halbbruder seine Mutter auf dem Gewissen hat?