Warum Apple den Kampf für besseren Datenschutz mit halber Kraft führt

Apple gilt in Sachen Datenschutz als Musterschüler – doch stimmen Anspruch und Wirklichkeit überein?
Apple gilt in Sachen Datenschutz als Musterschüler – doch stimmen Anspruch und Wirklichkeit überein? Bild: © picture alliance/ZUMA Press 2019

Im Vergleich zu Google, Facebook und Co. möchte Apple wie der letzte Verfechter des Datenschutzes dastehen. Doch lässt der iPhone-Macher seinen Worten auch wirklich Taten folgen? Ich finde: Apple führt zwar einen wichtigen Kampf – nur leider nicht mit voller Kraft.

In den letzten Jahren ist Datenschutz als großes Thema verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt – auch aufgrund des Facebook-Datenskandals. Eine fragwürdige Analysefirma sammelte die Daten von fast 90 Millionen Facebook-Nutzern ohne ihr Wissen. Apple warb sogleich damit, es besser zu machen als das soziale Netzwerk.

Der Zwist zwischen Facebook und Apple dauert an

In Cupertino, der Firmenzentrale Apples, gab man klar zu verstehen: Unter den großen Tech-Firmen sind wir die letzte Bastion des Datenschutzes – und Facebook verkörpere das genaue Gegenteil, verfolge ein Geschäftsmodell unermüdlicher Datensammelei. Das sorgte für reichlich Verstimmung zwischen Apple-Chef Tim Cook und Facebook-Boss Mark Zuckerberg, die sich mit verbalen Scharmützeln ein Gefecht auf offener Bühne lieferten. Schließlich gipfelte das Geplänkel darin, dass Zuckerberg seiner Facebook-Führungsriege den Einsatz von Android-Smartphones wärmstens ans Herz legte.

Ende Januar hat Apple dann interne Facebook-Apps, die das soziale Netzwerk mit eigenen Entwicklerzertifikaten programmiert hatte, ohne Vorwarnung gesperrt. Facebook – und übrigens auch Google – nutzte das Zertifikat nämlich nicht nur, um seine eigenen Apps in früher Phase auf dem iPhone testen zu können. Das Unternehmen entwickelte über diesen Umweg auch eine neugierige App, die es unter normalen Umständen nie in den App Store geschafft hätte.

Facebooks Schnüffel-App sorgte für neue Verstimmung

Rund 20 US-Dollar im Monat zahlte Facebook an Freiwillige, die sich eine Datensammel-App auf ihrem Smartphone installierten und sich bereitwillig ausspionieren ließen. Als Apple das mitbekam, sperrte das Unternehmen kurzerhand alle internen Apps von Facebook.

Mittlerweile hat sich Facebook von der App wieder verabschiedet – und das wohl nicht aus Überzeugung. Ein fader Nachgeschmack bleibt, denn was ist schlimmer? Dass Menschen für 20 Dollar bereit sind, ihre Daten an eifrige Sammler zu verkaufen; dass Facebook so schamlos damit operiert – oder dass die Schnüffel-App über mehrere Jahre lang von Apple unentdeckt blieb?

"Wir bei Apple glauben, dass Datenschutz ein fundamentales Recht ist", betonte Tim Cook im vergangenen Jahr im Rahmen einer Konferenz über Privatsphäre in Brüssel. Wir wissen auch", schob er kurz danach süffisant hinterer, "dass nicht jeder die Dinge so sieht wie wir". Eine Namensnennung erfolgte nicht, sie war auch nicht nötig. Stattdessen hielt er ein flammendes Plädoyer, das Sammeln und Verkaufen von Daten innerhalb der Tech-Industrie einzustellen.

Cook prangerte mit Vehemenz die Überwachung an, die nur dazu diene, die Taschen der Tech-Konzerne zu füllen – auf Kosten der Menschen. In diesem Zusammenhang forderte der Apple-Chef auch ein umfassendes US-amerikanisches Datenschutzgesetz, das eine minimale Datenerfassung und -sicherung vorsehe. Und vor allem: die Nutzer über die beabsichtigte Verwendung zu unterrichten. Als einer der wenigen Firmenchefs lobte Cook an anderer Stelle auch die Datenschutz-Grundverordnung der EU, kurz DSGVO, die vielfach aufseiten von Unternehmen eher auf Kritik als auf Zustimmung stößt.

Datenschutzbedenken? Die Google-Milliarden nimmt Apple gerne mit

Apple führt zwar wirklich einen harten Kampf für den Datenschutz – doch leider nicht in letzter Konsequenz. Geht es um Profitmaximierung, zeigt sich der iPhone-Hersteller selbst flexibel. Die 9,5 Milliarden US-Dollar, die Google laut CNBC etwa 2018 dafür zahlte, damit die Suchmaschine als Standardsuche auf dem iPhone eingestellt ist – die nimmt Apple gerne mit. Getreu der Devise: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass. Nur durch das Erfassen von Daten kann der Suchmaschinenriesige schließlich zielgenaue Werbung von seinen Werbepartnern ausspielen – und somit massenhaft Geld verdienen.

Einen Tag stellt Apple Datensammler wie Google an den Pranger, am nächsten Tag freuen sich die Verantwortlichen über den dicken Scheck aus Mountain View, wo Google Zuhause ist. In Zeiten schwächelnder iPhone-Verkaufszahlen freut sich Apple über steigende Umsätze seines Service-Segments. Zu diesem trägt allerdings Datenkrake Google mehr als 20 Prozent bei – und sogar ein Drittel des Gewinns.

Um es klar zu sagen: Verglichen mit vielen anderen Tech-Konzernen agiert Apple in puncto Datenschutz grundsätzlich deutlich verbraucherfreundlicher. Jüngst erst wurde die Privatsphäre mit dem Release von iOS 12.2 abermals verbessert. Dennoch würde Apple hier noch mehr überzeugen, würde das Unternehmen seinen Kunden etwa DuckDuckGo empfehlen – eine Suchmaschine, die Dir tatsächlich anonymes Surfen erlaubt. Leider kann sie nicht knapp 10 Milliarden Dollar im Jahr an Apple überweisen.

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Apple könnte über den App Store noch bessere Datenschutzregelungen durchsetzen. Bild: © TURN ON 2017

Apple sollte Datenschutzanspruch über den App Store durchsetzen

Ginge es Apple um echten Datenschutz, würde auch im hauseigenen App Store härter durchgegriffen. Große Tech-Firmen wie Google und Facebook bieten ihre Apps allesamt im App Store an und verlangen von den iPhone-Nutzern kein Geld dafür. Das heißt gleichwohl keineswegs, dass der Nutzer dafür nicht bezahlen würde. Die Währung heißt nur nicht "Geld", sondern "Daten" – das ist das Geschäftsmodell von Facebook, Google und Co. Apple weiß das, ergreift aber nur halb gare Maßnahmen dagegen.

Früher wurde Software zwischen Entwickler und Kunde noch ohne Mittelsmann gehandelt und verbreitet, etwa auf CDs oder Disketten. Eine zwischengeschaltete Plattform gab es in den meisten Fällen somit noch nicht, bis der App Store 2008 die bisherige Praxis auf den Kopf stellte.

Fortan wachte der Konzern aus Kalifornien über die Software auf seinen iPhones und etablierte einen strengen Auswahlprozess. Das hat unbestrittene Vorteile: Malware ist auf dem iPhone so gut wie nicht existent, auch werden Apps so auf ordentliche Funktionsweise überprüft. Doch reicht das aus? Ich finde: nein. Apple hat als Eigentümer der Plattform alle Möglichkeiten, die eifrigsten Datensammler in ihre Schranken zu weisen.

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Apple agiert beim Datenschutz an vielen Stellen mustergültig – an anderen Stellen jedoch nicht. Bild: © Adobe Stock/Bits and Splits 2018

Eine Maßnahme wäre etwa eine stärkere Regulierung von kostenlosen Apps, die sich über Werbung und Datenerfassung finanzieren. Durch zielgenaue Maßnahmen könnte Apple darauf hinwirken, dass solche Apps kostenpflichtig werden und der Nutzer dafür nicht mit seinen wertvollen Daten bezahlt.

Bei Apple gilt noch der Grundsatz: Wir verkaufen Hardware, keine Daten. Noch ist das iPhone das mit Abstand wichtigste Produkt der Kalifornier – doch zukünftig wird das sogenannte Service-Geschäft immer wichtiger werden. Spätestens dann, wenn durch Dienste mehr Geld als durch den Verkauf von Hardware eingespült wird, wird sich zeigen, ob Apple seinem eigenen Anspruch auf Dauer gerecht werden kann. Bis dahin wird noch viel Zeit ins Land ziehen – und Apple seinen Kampf wohl weiter nur mit angezogener Handbremse führen.

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Apple ist ein auf Datenhandel beruhendes Geschäftsmodell wie jenes von Google zuwider – gut so. Und doch hat der iPhone-Macher keine Probleme damit, fast 10 Milliarden US-Dollar im Jahr zu kassieren, damit Google auf dem iPhone die Standard-Suche bleibt. Wenn man seine eigenen Ansprüche derart hoch formuliert, sollte man auch standhaft sein, wenn es die eigenen Profite schmälert.
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