Horrorspiele gibt es massenweise – einige sind gut, ein paar wenige hervorragend, die meisten hat man nach ein paar Monaten vergessen. Nicht so "Dead by Daylight" – ich komme von dem asymmetrischen Multiplayer-Gemetzel einfach nicht los. Eine Liebeserklärung an das eigensinnigste, aufregendste und schlichtweg beste Horrorgame, das man derzeit zocken kann.
- Alleine killen. Gemeinsam sterben.
- Battle Royale der größten Horrorfilm-Ikonen
- Jumpscares zum Selbermachen: Besser als im Kino
- Die Zukunft: Blutig!
Alleine killen. Gemeinsam sterben.
"Multiplayer only" – nichts killt mein Interesse an einem Spiel so schnell wie diese beiden kleinen Wörter. Ich bin überzeugter Einzelspieler. Ich habe absolut keine Lust, mühsam Playdates mit meinen Kumpels zu organisieren, um eine Runde zu zocken. Und bevor ich freiwillig mit irgendwelchen unbekannten Randoms spiele, schmeiße ich eher meine gesamte Spielesammlung auf den Sondermüll und suche mir ein anderes Hobby, vielleicht Makramee oder flämischen Ausdruckstanz oder so. Ohne Einzelspielermodus? Ohne mich.
Dachte ich. Bis ich "Dead by Daylight" ausprobiert habe. Mittlerweile liebe ich dieses verdammte Spiel so sehr, dass ich sogar ein kleines Tribut-Video auf meinem eigenen YouTube-Kanal veröffentlicht habe.
Während andere Mehrspielertitel auf Fairplay und Ausgewogenheit setzen, geht "Dead by Daylight" bewusst einen anderen – und viel spannenderen – Weg: Ein Spieler schlüpft in die Rolle eines blutrünstigen Killers, vier andere müssen als Überlebende versuchen, ein Match, nun ja, zu überleben. Das machen sie, indem sie fünf Generatoren reparieren, die an immer unterschiedlichen Orten auf dem Spielfeld auftauchen. Sobald alle fünf Generatoren wieder laufen, müssen die Überlebenden nur noch eines der zwei Rolltore auf jeder Map öffnen und fliehen. Klingt einfach, was? Ist es aber nicht. Im Gegenteil: Eine Runde "Dead by Daylight" kann zur absolut nervenzerfetzenden Belastungsprobe werden, die den Puls an die Höchstgrenze treibt.

Denn: Die Überlebenden haben nahezu keine Möglichkeit zur Verteidigung. Hat sie der Killer im Visier, können sie nur fliehen oder sich verstecken – und beten, dass der Mörder sie nicht findet und frustriert weiter zieht, auf der Suche nach einem anderen Opfer.
Battle Royale der größten Horrorfilm-Ikonen
Im Grunde ist "Dead by Daylight" also hochgejazztes Versteckspielen. Nur eben mit Blut und Toten. Und mit Michael Myers aus "Halloween". Und Freddy Krueger. Und Leatherface aus dem "Texas Chainsaw Massacre", dem Demogorgon aus "Stranger Things", Jigsaws durchgeknallter Schülerin Amanda aus den "Saw"-Filmen und dem "Scream"-Killer Ghostface, der mit der Frage "Magst Du Horrorfilme?" Unsterblichkeit im Kino erlangte. Neben elf selbst entworfenen Mördern haben es mittlerweile auch sechs lizenzierte Killer aus diversen Horrorfilmen ins Spiel geschafft. Und schon allein diese wunderbare Tatsache sollte jeden ernsthaften Horrorfan überzeugen, "Dead by Daylight" zumindest mal eine Chance zu geben.

Denn die Film-Killer sind nicht einfach nur Schönheitskosmetik in Form von Skins für die anderen Figuren, sondern vollwertige Spielfiguren mit ganz eigenen Stärken und Schwächen. Die Entwickler Behaviour Interactive geben sich mit jedem neuen Lizenz-Killer viel Mühe, dessen persönlichen Besonderheiten ins Gameplay von "Dead by Daylight" zu übertragen.
So ist Leatherface nicht sonderlich schnell und schlecht im Anschleichen, hat dafür aber einen verheerenden Angriff mit seiner geliebten Kettensäge. Freddy Krueger zieht seine Opfer in eine (Alb-)Traumwelt, das "Schwein" Amanda (so bezeichnet wegen ihrer ikonischen Schweinemaske aus den "Saw"-Filmen) setzt auf Überraschungsangriffe und die berühmte Umgekehrte Bärenfalle aus dem ersten Film.

Der geilste Killer ist aber "The Shape", Michael Myers aus "Halloween". Er kann die Überlebenden unbemerkt belauern, wodurch er langsam immer stärker wird. Hat er die dritte und letzte Stärkestufe erreicht, hören alle Überlebenden kurz das berühmte "Halloween"-Theme – und verkrampfen unweigerlich ein bisschen.
Freunde, ich sage Euch: Egal, wie viele Horrorfilme Ihr schon geguckt habt, egal, für wie abgebrüht und taff Ihr Euch haltet – sobald Ihr das bedrohlich flirrende Synthie-Piano hört, erhöht sich Euer Herzschlag. Das ist wirklich der schlimmste Moment in "Dead by Daylight". Nein, halt, stimmt gar nicht: Wenn Michael Myers sich unbemerkt an Dich ranschleicht und Dich plötzlich und ohne Vorwarnung vom Generator wegreißt – DAS ist der schlimmste Moment in "Dead by Daylight".

Jumpscares zum Selbermachen: Besser als im Kino
Du kennst das aus Horrorfilmen: Alles ist ruhig, die Kamera schwenkt ein wenig zur Seite und auf einmal OH MEIN GOTT, DA STEHT DER KILLER! Anders als im Kinosaal bist du in "Dead by Daylight" aber nicht der passive Beobachter dieser Szene, sondern nimmst aktiv an ihr teil. Als Überlebender kriegst Du in solchen Momenten einen tierischen Schock. Aber wenn Du als Killer Deinen Gegnern einen waschechten, filmreifen Jumpscare bescherst, der sie an den Rand eines Herzinfarkts bringt – das sind magische Momente. Sowas können nur Games.

Doch nicht nur das absolut authentische Slasher-Flair fasziniert mich endlos an "Dead by Daylight", sondern auch die ganz spezielle Dynamik, die ich so bisher in keinem anderen Spiel erlebt habe. Eine Runde kann so flüssig laufen wie Blut, das in einen Ausguss rinnt. Oder zum Desaster werden, und zwar für beide Parteien. Ich vergleiche eine Runde in "Dead by Daylight" gerne mit Jenga: Wenn Du den falschen Stein rausziehst, stürzt Dein ganzes so mühsam errichtetes Türmchen ein. Ein einziger Fehler von Dir kann Dein ganzes Team in den Abgrund reißen – oder Dich als Killer um den Rundensieg bringen, wenn Du in letzter Sekunde die Cleverness Deiner Feinde unterschätzt.

Außerdem ist "Dead by Daylight" ein interessantes Experiment in Psychologie. Man lernt hier wirklich sehr viel über sich und seine Mitspieler. Bist Du im Ernstfall ein Feigling, der seine eigene Haut rettet? Oder eilst du heroisch einem verletzten Freund zur Hilfe, statt den rettenden Ausgang zu suchen – was Euch beide das Leben kosten kann?
Und als Killer: Bleibst Du auch unter Druck cool oder lässt Du Dich durch perfekt eingespielte Überlebende aus dem Konzept bringen? Gehst Du lieber clever und bedacht vor oder ergibst Du Dich Deinem Blutrausch und willst einfach nur killen, so schnell und effizient wie möglich? Es gibt keine "falsche" Art, "Dead by Daylight" zu spielen, die taktischen Möglichkeiten und Variationen in einem Match sind nahezu endlos.
Die Zukunft: Blutig!
"Dead by Daylight" ist nun schon drei Jahre auf dem Markt – wie sind denn da die Zukunftsaussichten? Besser denn je! Seit Herbst gibt es das Game endlich auch auf der Switch, zudem wird in diesem Jahr auch eine Mobile-Variante für iOS und Android erscheinen.

Und der stetige Nachschub an Updates rollt nach wie vor ungebremst. Jetzt gerade sind die so genannten Archive rausgekommen, in denen wir neue kosmetische Items und Hintergrundinfos zu den Figuren freispielen können . Zudem wird das Gameplay ständig verbessert und erweitert, noch nicht ganz rund laufende Features immer wieder auf den Prüfstand gestellt. Auch wenn es manchen Meckerern in der Community nicht schnell genug geht mit den Verbesserungen: Das Team von Behaviour Interactive steht mit ganzem Herzen hinter seinem blutig-brachialen Baby. Und das merkt man.

Ich liebe "Dead by Daylight". Bei der Überlegung, welche Film-Killer bald als nächstes ins Spiel finden könnten, kriege ich als Gruselfreak leuchtende Augen und ein nervöses Zucken in den Fingern. Clown Pennywise aus "Es"? Der "Candyman"? Oder mein Favorit, Pinhead aus den "Hellraiser-Filmen? Ich bin sehr froh, dass ich diesem ungewöhnlichen Spiel eine Chance gegeben habe und kann jedem Horrorfan nur raten, dasselbe zu tun.
Also, "Dead by Daylight": Auf die nächsten drei blutigen Jahre!