In "X-Men: Dark Phoenix" zeigt sich "Game of Thrones"-Star Sophie Turner als Jean Grey von ihrer dunklen Seite. Der neue Film um die Heldentruppe aus Marvel-Mutanten will erwachsener sein als "X-Men: Apocalypse" und hat dennoch viel Action zu bieten. Lohnt sich der Kinobesuch, oder kannst Du auch auf den Heimkino-Release warten? Unsere Kritik verrät es Dir!
- Alle gegen Jean: Die Story lässt Platz für die Charaktere
- Sophie Turners erste Hauptrolle: Gut gemacht!
- Klar, Superhelden-Action gibt es in "X-Men: Dark Phoenix" auch!
- Fazit
Zeitreisen, alternative Realitäten, epische Schlachten mit unzähligen Superwesen? "Avengers: Endgame", Pustekuchen! Die X-Men haben all das längst hinter sich. Abseits des MCU köchelt Fox bereits seit dem Jahr 2000 am eigenen Marvel-Franchise, mit teils chaotischer Kontinuität, aber ernsterem Unterton. "X-Men: Apocalypse" von 2016 war bereits der neunte Teil der Hauptreihe. "X-Men: Dark Phoenix" steht darum vor der Herausforderung, etwas Neues zu erzählen, das der X-Men-DNA aber treu bleibt, zeitgemäß ist und die Tür für eine Aufnahme ins große Disney-Filmuniversum öffnet.
Alle gegen Jean: Die Story lässt Platz für die Charaktere
Zu Beginn von "X-Men: Dark Phoenix" haben sich mir die Nackenhaare aufgestellt, denn genretypischer geht es kaum: Das Superhelden-Team begibt sich ins Weltall auf eine riskante Rettungsmission, und natürlich läuft etwas schief. Jean Grey, erneut gespielt von "Game of Thrones"-Star Sophie Turner, kommt mit einer mysteriösen Macht aus dem Kosmos in Kontakt. Diese lässt sich kaum von ihr bändigen, und dann kommen auch noch die Geister aus Jeans tragischer Vergangenheit sowie Aliens ins Spiel ...
Man merkt schon, die Handlung klingt wenig originell und ist insgesamt auch nicht sehr raffiniert – aber sie funktioniert soweit und lässt Raum für das, was die Stärke der X-Men, ja eigentlich aller Marvel-Comics ist: die Charaktere der Helden, die in "X-Men: Dark Phoenix" deutlicher im Vordergrund stehen als bisher.
Traditionell haben die Marvel-Helden trotz übermenschlicher Fähigkeiten immer mit ihren Schwächen zu kämpfen, was sie nahbar und interessant macht. Mit einem Peter Parker konnte ich mich als Schüler identifizieren, weil er ein Nerd und Außenseiter ist, von dem niemand ahnt, dass er unter der Spider-Man-Maske steckt. Auch "X-Men: Dark Phoenix" gibt sich trotz viel Bombast Mühe, die Charaktere glänzen zu lassen. Dennoch ist der Film kein Ensemble-Stück mit durchgehend herausragenden Schauspielern, einige der Figuren bleiben eindimensional. Die Geschichte wirkt aber auffallend erwachsen, und das nicht nur, weil der markante Humor der MCU-Filme fehlt.
Um die Filmrechte der Marvel-Figuren herrscht ein ganz schönes Chaos – zumindest bisher: Der seinerzeit klamme Comicverlag hatte die Rechte an den Geschichten um die Fantastischen Vier, die X-Men und ihnen nahestehende Charaktere vor Jahrzehnten an 20th Century Fox verkauft. Alle Marvel-Figuren, die mit Spider-Man im Zusammenhang stehen, gingen dagegen an Sony Pictures. Der Hulk, She-Hulk und Namor, der Prinz von Atlantis, wurden an Universal Pictures verkauft.
Erst nach der Übernahme durch Disney schuf Marvel Productions das eigene Kino-Franchise Marvel Cinematic Universe (MCU) und machte Iron Man, Captain America und schließlich die Avengers zu Welterfolgen. Weitere erfolgreiche Comicverfilmungen folgten – nur die früher veräußerten Figuren durften zunächst nicht im MCU auftreten.
Nach mehreren Reboots ließ Sony sich schließlich auf den Deal ein, Spider-Man im Rahmen einer Kooperation doch im MCU auftreten zu lassen – mit durchschlagendem Erfolg. Nach dem Kauf der Filmsparte von 20th Century Fox durch Disney kehren nun auch die X-Men und die Fantastischen Vier unter das Marvel-Dach zurück.
Sophie Turners erste Hauptrolle: Gut gemacht!
Mystique (Jennifer Lawrence) bemerkt recht am Anfang von "X-Men: Dark Phoenix" gegenüber Professor X (James McAvoy): Die Frauen hätten das Team so oft gerettet, es sei ein Wunder, dass sie nicht "X-Women" hießen. Wer die bisherigen Filme der Reihe kennt, weiß, dass das stimmt – wenig überraschend steht daher im Mittelpunkt des neuen Marvel-Films Sophie Turner als Jean Grey.
So kurz nach dem Ende von "Game of Thrones" stellte ich mir beim Ansehen die Frage, ob es vielleicht zu früh für die junge Schauspielerin sei, eine Hauptrolle in einem großen Blockbuster zu übernehmen. Über weite Teile von "X-Men: Dark Phoenix" wird echtes Charakterspiel geboten, und meinem Eindruck nach stößt Turner dabei auch schon mal ans Limit ihres Könnens.
Hinzu kommt, dass die "Dark Phoenix"-Saga in der Comicvorlage vor Tragweite strotzt, was nach der Übernahme von Fox durch Disney auch im MCU Wellen schlagen könnte. Der tragische, von Zerrissenheit und Trauma geprägte Charakter Jean Greys ist durchaus nicht einfach – aber Turner bringt es gut über die Bühne und gibt für mich sogar eine bessere Figur ab als Kollegin Brie Larsson in "Captain Marvel". Deren Part war ähnlich kompliziert, die Oscar-Preisträgerin musste aber zusätzlich Comedy-Elemente einarbeiten – eine wohl noch schwerere Herausforderung.
Nicht nur Sophie Turner, auch Michael Fassbender als Magneto und James McAvoy als Professor Xavier machen in "X-Men: Dark Phoenix" einen guten Job. McAvoy ist über die Jahre so gut in die Rolle hineingewachsen, dass ich Sir Patrick Steward kaum noch auf dem ikonischen Rollstuhl vermisse.
Klar, Superhelden-Action gibt es in "X-Men: Dark Phoenix" auch!
Trotz Drama und Charakterstudien kann ich Entwarnung geben: "Badassery" kommt nicht zu kurz, im Gegenteil! "X-Men: Dark Phoenix" bietet jede Menge Fan-Service und deftige Superheldenkämpfe, in denen die Fähigkeiten der jeweiligen Figuren cool in Szene gesetzt werden. Wer schon immer wissen wollte, was Magneto alles Heftiges mit Bahnwaggons anstellen kann, kommt definitiv auf seine Kosten. Und auch Jean Grey dreht zum Ende hin als Dark Phoenix richtig auf.
Fazit: Ein Highlight der Filmreihe
Die Stimmung hätte nach meinem Geschmack noch etwas dunkler wie in "Logan" sein können. Dennoch ist "X-Men: Dark Phoenix" für mich eindeutig eine Steigerung gegenüber dem Vorgänger "Apocalypse". Für die Reihe typisch gibt es weniger buntes Popcorn-Hollywood als bei den Geschwistern des MCU, die Inszenierung macht den Kinobesuch aber trotzdem zum Erlebnis. Der wohl letzte eigenständige Fox-Marvel-Film fühlt sich überhaupt nicht nach Abschied an – und ich bin sehr gespannt, ob und wie beide Universen zusammengeführt werden.