Mit der Xbox Series X schickt Microsoft einmal mehr die angeblich stärkste Spielekonsole der Welt ins Rennen. Hält der graue Klotz, was er verspricht? Und fühlt sich Spielen darauf schon nach Next Gen an? Im Test nehmen wir die Konsole und ihre wichtigsten Features unter die Lupe.
- Maße, Gewicht, Anschlüsse
- Lüfter: Abwärme & Lautstärke
- Ladezeiten-Killer: Die NVMe-SSD
- Performance: Einfach durchpowern
- Quick Resume: Geniales Alltags-Feature
- HDR und Auto-HDR: Teils fantastisch, teils durchwachsen
- Raytracing: Das große Fragezeichen
- Controller: Evolution statt Revolution
- Nutzeroberfläche: Schneller – und besser?
- Einrichtung: Am TV oder per App – alles simpel
- Multimedia & Apps: Zum Launch alles da
- Fazit
Maße, Gewicht, Anschlüsse
Der Formfaktor der Xbox Series X ist, gelinde gesagt, ungewöhnlich: Vorbei sind die Videorecorder-Zeiten, die neue Konsole ist ein wuchtiger Klotz, angesiedelt irgendwo zwischen PC-Tower und dem Monolithen aus "2001: Odyssee im Weltraum". Ob man das mag oder nicht, ist Geschmackssache. In jedem Fall ist die Konsole ein Statement, das entsprechend ausgestellt werden will – nein, muss: Weil sie etwa so hoch ist wie die Xbox One X breit, passt sie liegend zwar theoretisch in dieselben Regale. Da die Lüftung aber unten (und hinten) Luft zieht und diese nach oben herausbläst, empfiehlt sich diese Platzierung nicht. Die Series X braucht Platz – das sollte man einkalkulieren. Auf dem runden Standfuß an der Unterseite oder auf vier seitlichen Gumminoppen steht sie aber stets stabil.
Zur Stabilität trägt auch das Gewicht der Konsole bei: Gut 4,5 Kilogramm zeigt die Waage – ein Kilo mehr als bei der One X. Weil sich die Konsole aufgrund der quadratischen Grundfläche nur schwierig mit einer Hand halten lässt, wirkt sie sogar noch schwerer. Allerdings ist sie auch nicht zum Herumtragen gebaut: hinstellen, anschließen, stehen lassen – dann sind Gewicht und Handlichkeit egal.
Die Zahl der Anschlüsse hat Microsoft im Vergleich zur Xbox One X reduziert: Die Xbox Series X kommt mit drei USB-3.1-Slots (einer vorn, zwei hinten), HDMI-2.1-Ausgang und LAN-Buchse sowie einem speziellen Slot für SSD-Speichererweiterungskarten. Nicht mehr an Bord: der optische S/PDIF-Ausgang, der IR-Ausgang sowie der HDMI-Eingang, mit denen sich die Xbox One leicht in ein Wohnzimmer-Set-up integrieren ließ. Wer diese Anschlüsse genutzt hat, muss sich bei der Series X etwas Neues überlegen.
Lüfter: Abwärme & Lautstärke
Die Xbox Series X wird im Betrieb so heiß, dass man sich die Finger verbrennen kann – das war vor einigen Wochen zu lesen. Relativ schnell wurde diese Behauptung widerlegt, und auch ich kann Entwarnung geben: Ja, natürlich wird die Konsole im Betrieb warm, aber Verletzungsgefahr besteht zu keiner Zeit – selbst beim ausgiebigen Spielen von grafikintensiven Games wie "Gears 5" und "Forza Horizon 4" pustet der Lüfter Luft, die nicht einmal heiß genug ist, um bei Kontakt unangenehm zu sein. Trotzdem klar: Platz zum "Atmen" sollte man der Xbox Series X geben.

Der Lüfter ist groß, aber nicht laut. Tatsächlich ist die Xbox Series X dauerhaft so flüsterleise, dass ich die Fenster schließen und den PC im selben Raum herunterfahren muss, um sie überhaupt wahrzunehmen. Deutlich hörbare Geräusche macht nur das Disc-Laufwerk, vor allem bei der Installation von Spielen. Ganz nah mit dem Ohr an der Konsole ist der Lüfter als dumpfes, tiefes Geräusch gerade so hörbar. Die interne SSD macht natürlich gar keine Geräusche, und als ich eine externe HDD angeschlossen habe, war ihr leises Surren lauter als die komplette Konsole.
Allerdings muss auch gesagt werden: Ob der Lautstärkepegel dauerhaft und bei allen Titeln so niedrig bleibt, muss sich noch zeigen. Wenn Next-Gen-Spiele den Lüfter richtig fordern und er vielleicht ein bisschen eingestaubt ist, könnte sich das ändern. Das lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt aber kaum seriös sagen – wie für so vieles müssen wir die nächsten Monate abwarten.
Ladezeiten-Killer: Die NVMe-SSD
Die Xbox Series X soll Ladezeiten enorm verkürzen und Datenstreaming in Spielen beschleunigen. Dazu setzt sie auf eine integrierte NVMe-SSD als Speicher und eine Reihe von damit verbundenen Konstruktions- und Software-Maßnahmen, die Microsoft als "Xbox Velocity Architecture" vermarktet. Neue Spiele, die voll darauf ausgelegt sind, gibt es zum Konsolen-Launch aber noch nicht. Der SSD-bedingte Geschwindigkeitsunterschied zur Xbox One ist aber schon in älteren Games deutlich spürbar.

Ich habe Dutzende Games für die Xbox One auf der neuen abwärtskompatiblen Konsole ausprobiert. Alle profitierten von deutlich schnelleren Ladezeiten, obwohl sie überhaupt nicht optimiert sind. Länger als zehn Sekunden war ich eigentlich nie im Ladebildschirm, meist verging weniger Zeit – selbst bei notorischen Lade-Monstern wie "The Witcher 3", "Assassin's Creed Origins" und "The Outer Worlds". Wer einmal erlebt hat, wie schnell die Series X Spiele lädt, will nie wieder zur Xbox One zurück – versprochen!
- Prozessor: 8 Rechenkerne, AMD Zen 2, 3,8 GHz
- Grafikkarte: 12 Teraflops, speziell angepasste RDNA2-Architektur mit 52 Recheneinheiten bei 1,825 GHz
- Videospeicher: 16 GB GDDR 6
- Speicherbandbreite: 10 GB bei 560 GB/s, 6 GB bei 336 GB/s
- Speicher: Speziell angefertigte NVMe-SSD mit 1 TB (davon 802 GB für Spiele, Apps und andere Inhalte nutzbar)
- Erweiterbarer Speicher: Optionale Erweiterungskarte mit 1 TB (proprietäre NVMe-SSD von Seagate)
- Externer Speicher: USB 3.1 für externe Festplatten
- Optisches Laufwerk: 4K UHD Blu-ray
- Performance-Ziel: 60 FPS (Bilder pro Sekunde) bei 4K-Auflösung, bis zu 120 FPS bei niedrigeren Auflösungen
Der 1 TB große interne Speicher der Xbox Series X lässt sich per USB-Festplatte unkompliziert erweitern. Ältere Spiele starten auch von der externen HDD, haben dann aber natürlich wieder längere Ladezeiten. Für die Series X optimierte Titel müssen auf die interne SSD kopiert werden, damit sie starten. Das Kopieren und Verschieben von Spielen dauert aber seine Zeit – beim Kopieren des 40 GB großen "The Witcher 3" auf eine USB-3.0-HDD vergingen etwa 20 Minuten, beim Zurückspielen auf den internen Speicher etwa acht Minuten. Es ist aber wohl jederzeit schneller als ein neuer Download. Die exklusiv von Seagate hergestellten Speicherweiterungskarten, für die es einen eigenen Slot an der Rückseite der Konsole gibt, konnte ich noch nicht ausprobieren.
Performance: Einfach durchpowern
Was für die Ladezeiten der Xbox Series X gilt, gilt auch für Grafik und Performance: Stand jetzt ist kaum abschätzbar, wie viel die Konsole in den kommenden Jahren bei extra für sie entwickelten und optimierten Spielen leisten wird. Aber: So wie das bloße Vorhandensein der NVMe-SSD die Ladezeiten verkürzt, so verbessert die Konsole bereits verfügbare Spiele – einfach, indem sie tonnenweise Rechenleistung auffährt.

Als Faustregel lässt sich festhalten: 4K bei 60 FPS sind für die Xbox Series X kein Problem, Spiele ohne FPS-Limitierung laufen ohne weiteres Zutun butterweich. Spiele mit eingebauter Sperre bei 30 FPS sind natürlich weiterhin darauf begrenzt, hier kommt es auf die jeweiligen Entwickler an, die Upgrades liefern müssen. Theoretisch schafft die Xbox Series X an einem HDMI-2.1-Monitor 4K-Auflösung mit 120 FPS oder 8K-Auflösung. Solche Monitore gibt es derzeit aber kaum, und darauf ausgelegte Spiele auch nicht.
Was ich immerhin schon testen konnte: den Multiplayer von "Gears 5" bei 120 FPS in 1080p-Auflösung. Der Unterschied zwischen 60 und 120 FPS ist gefühlt geringer als der zwischen 30 und 60 FPS, flüssig und konstant läuft der Modus aber auf jeden Fall. Wie oft 120 FPS in Spielen künftig überhaupt angeboten werden – nun ja, ich wiederhole mich. Erreichbar ist die Bildrate an entsprechend ausgestatteten Monitoren aber.
Quick Resume: Geniales Alltags-Feature
Stell Dir vor, Du startest mehrere Spiele auf Deinem PC und wechselst zwischen ihnen nahtlos hin und her, wobei Du sie jeweils in die Taskleiste minimierst. Ungefähr so funktioniert Quick Resume auf der Xbox Series X: Mehrere Spiele können gleichzeitig laufen, wobei alle außer dem gerade aktiv gespielten im Hintergrund geöffnet bleiben. Drückst Du auf den Xbox-Button des Controllers, kannst Du zu einem anderen Spiel springen, ohne dieses neu starten zu müssen.
Quick Resume eignet sich nicht nur, um spontan von einem Spiel zum andere zu wechseln, sondern insbesondere, um eine Handvoll regelmäßig gespielter Games ständig "auf Abruf" zu halten: Die Xbox speichert die Hintergrund-Games nämlich sogar, wenn sie abgeschaltet oder vom Strom getrennt wird – so etwas kann in der Konsequenz derzeit nicht einmal ein Gaming-PC. Sogar von externen HDDs gestartete Spiele funktionieren mit Quick Resume.
Ein paar Kinderkrankheiten hat die Funktion aber: Vom Menü aus ist nicht ersichtlich, welche Spiele gerade im Hintergrund geöffnet sind und nach welcher Logik sie irgendwann doch beendet werden. Ich vermute, dass Konsolen-Updates zum vollständigen Abschalten eines Spiels führen, sicher bin ich mir aber nicht.
Wie viele Spiele zugleich geöffnet sein können, ist ebenfalls nicht ganz klar. Vier bis fünf gehen auf jeden Fall, zum Teil auch mehr, es kommt wohl auf die Games an – allerdings steht nirgends, worauf genau. Bei Multiplayer-Spielen funktioniert das Feature nur eingeschränkt, hier werde ich ausgeloggt, wenn ich das Game in den Hintergrund schiebe. Und bei manchen Spielen streikte die Funktion aus unbekannten Gründen komplett. Das sind aber (fast) alles Probleme, die per Update lösbar sind.
HDR und Auto-HDR: Teils fantastisch, teils durchwachsen
Spiele mit HDR-Support gibt die Xbox Series X an HDR-fähigen Monitoren via HDR 10 oder Dolby Vision mit dem verbesserten Kontrastverhältnis aus. Ich hatte an zwei Monitoren – einem Benq EW277 HDR und einem HP Omen X65 Emperium – allerdings Probleme: Die Konsole erkannte die Geräte nicht als HDR-fähig und gab kein Bild aus. An einem vier Jahre alten LG-Fernseher der Einsteigerklasse (Modell 55UH615V) funktionierte das Feature aber tadellos – und sah fantastisch aus. "Forza Horizon 4" in 4K bei 60 Bildern pro Sekunden in HDR ist einfach ein Erlebnis!

Etwas ernüchtert bin ich vom Auto-HDR-Feature der Xbox Series X, das bei Spielen ohne nativen HDR-Support den besseren Kontrast automatisch berechnet: Es mag am verwendeten TV gelegen haben oder an den getesteten Spielen, aber die Unterschiede zwischen "ohne HDR" und "Auto-HDR" waren äußerst gering bis nicht vorhanden. Ich verlinke hier die Eindrücke der Tech-Spezialisten von Digital Foundry, die ebenfalls gemischte Ergebnisse berichten, aber einige Spiele gefunden haben, bei denen das Feature gute Bild-Upgrades bringt. In jedem Fall ist es nicht schlecht, es zu haben – vielleicht wird es in Zukunft ja noch besser.
Raytracing: Das große Fragezeichen
Die Xbox Series X kann Raytracing – theoretisch. Praktisch sind vor dem Launch noch keine Spiele für die Konsole verfügbar, die die Lichtsimulations-Technik anbieten. Für diesen Test muss das Feature daher ausgeklammert werden. Nach dem Next-Gen-Upgrade für "Watch Dogs Legion", das zum Launch der Xbox am 10. November bereitstehen soll, wissen wir hoffentlich mehr sowohl über die Leistungseinbußen als auch den optischen Zugewinn durch die neue Technik.
Controller: Evolution statt Revolution
Der neue Xbox-Controller ist optisch kaum vom alten zu unterscheiden. Aber: Es gibt Unterschiede – vor allem, wenn man ihn in der Hand hält. Rückseite und Trigger sind mit einer Textur versehen und angenehmer zu greifen. Das neue Steuerkreuz ist "klickiger" und weniger glatt, als Anschluss gibt es nun zudem den geläufigeren USB-C-Port. Allerdings läuft auch der neue Controller nicht mit internem Akku, sondern mit Batterien.

Die oberen Kanten des Controllers sind etwas anders gewölbt als beim Vorgänger, sodass man mit kürzeren Fingern besser an Trigger und Bumper gelangt. Und es gibt den neuen Share-Knopf in der Mitte, mit dem das Aufnehmen von Screenshots endlich kein Krampf mehr ist. Einmal drücken, schon speichert die Konsole ein Bild. Langes Drücken startet die Videoaufnahme – intuitiv und sehr nützlich.
Nutzeroberfläche: Schneller – und besser?
Das Dashboard der Xbox One hatte nie viele Freunde, die Nutzeroberfläche der Konsole ist unübersichtlich und irgendwie träge. Für die Series X hat Microsoft Besserung gelobt – und geliefert. Teilweise. Ein Ausbund an Übersichtlichkeit ist auch das neue UI nicht: Die Menü-Kacheln wirken oft durcheinander gewürfelt, und ich habe nicht das Gefühl, als zeige mir die Konsole wirklich die wichtigsten Elemente an prominentester Stelle an. Das ginge intuitiver, ist aber auch Gewöhnungssache. Und: Mit Farben und Hintergrundbildern lässt sich das Menü umfassend anpassen, die Kacheln können Spieler auch nach Wunsch verschieben – Ordnung zu halten ist also mit etwas Gestaltungswillen gut möglich.

Wichtiger ist, dass das Dashboard quasi verzögerungsfrei ist. Ob ich in die Einstellungen navigiere, den Game Pass durchforste oder den Shop öffne: Neue Menüs öffnen sich in Sekunden oder gar Sekundenbruchteilen. Praktisch ist vor allem das Guide-Menü, das ich aus Spielen heraus durch Drücken der Xbox-Taste als Overlay öffne: Hier finde ich alles Wesentliche übersichtlich geordnet in einem nützlichen Widget, kann Partys, Clubs und Spielaufzeichnungen verwalten und Gameplay sofort online posten.
Einrichtung: Am TV oder per App – alles simpel
Es ist dankenswert einfach, die Xbox Series X in Betrieb zu nehmen. Nach dem Anschließen kann ich mich am Bildschirm durch das Set-up führen lassen. Wer schon einen Xbox-Account hat, benötigt keine fünf Minuten, bis die Konsole einsatzbereit ist. Noch komfortabler geht's mit der Xbox-App: Die lade ich aufs Smartphone, starte die Konsole, gebe eine auf dem TV-Monitor angezeigte Ziffernfolge in die App ein und klicke mich dann bequem am Smartphone durch.

Multimedia & Apps: Zum Launch alles da
Die Xbox Series X ist in erster Linie Spielekonsole, als Multimedia-Center taugt sie aber auch: Das Laufwerk spielt 4K-UHD-Blu-rays (und natürlich auch DVDs) ab. Im Shop sind ab Launch Apps für alle großen Streamingdienste verfügbar, Streams lassen sich in 4K-Auflösung mit HDR wiedergeben. Ferner beherrscht die Konsole Dolby Digital 5.1, DTS 5.1, Dolby TrueHD mit Dolby Atmos und Surround-Sound bis LPCM 7.1. Was soundtechnisch leider weiterhin nicht geht: Bluetooth-Headsets einfach so mit der Konsole zu koppeln – das war schon bei der Xbox One ein Ärgernis.
Fazit
Die Xbox Series X ist in so gut wie jeder Hinsicht ein Upgrade zur Xbox One. Darauf zu spielen fühlt sich an, als hätte ich einen modern ausgestatteten Gaming-Rechner gestartet, nur ohne den ganzen Ärger, den PC-Gaming manchmal mit sich bringt. Das ist im Grunde das höchste Kompliment, das ich der Konsole machen kann. Das Beeindruckendste: die Unmittelbarkeit, mit der sie mich in Spiele höchster Qualität springen und zwischen ihnen wechseln lässt – selten hatte ich das Gefühl, mich beim Spielen um so wenig kümmern zu müssen und derartig wenigen Hürden technischer oder zeitlicher Natur ausgesetzt zu sein.
Nun fehlt der Xbox Series X nur noch eines: Next-Gen-Games, die zeigen, was die Hardware wirklich leisten kann. Auf solche Spiele werden wir wohl oder übel noch etwas warten müssen und manche Features erst dann vernünftig beurteilen können. Der Grundstein für eine spannende nächste Generation ist aber definitiv gelegt.