- Sehr praktisch: Schwenkbares Display eingebaut
- Sensor, Autofokus und Prozessor – die inneren Werte können sich sehen lassen
- Kamera kann Videos nicht in 4K aufnehmen, bei Full HD ist Schluss
- Bilder sind scharf und haben ein schönes Bokeh
- Fazit: Keine Innovations-Rakete, nicht ganz billig, aber eine gute DSLR
Auch ambitionierte Hobbyfotografen flirten immer öfter mit einer DSLR mit großem Vollformatsensor. Während die meisten Spiegelfeflexkameras mit dem großen Chip noch sehr teuer sind, kommt jetzt die Canon EOS 6D Mark II und will auch Fotografen mit einem weniger prallen Geldbeutel überzeugen. Ob die Canon-Kamera genug Technik fürs Geld bietet, soll unser Test zeigen.
Wer heutzutage eine digitale Spiegelreflexkamera in die Hand nimmt und damit Fotos machen will, braucht kein Plastik-Spielzeug, sondern ein handfestes Gerät, das auch mit Robustheit punkten kann. Die Canon EOS 6D Mark II bringt diesbezüglich einiges auf die Waage. Neben knapp 800 Gramm mit Akku (aber ohne Optik) vor allem auch ein gegen Staub und Spritzwasser geschütztes Alu-Gehäuse, das einiges aushält. Die Verarbeitung der Gummi-Abdeckungen für die Anschlüsse wirkt durchweg wertig und die Kamera liegt gut und griffig in der Hand. Zum Test hat uns Canon die Kamera mit dem hauseigenen Objektiv 24-105mm/f3.5-5.6 zur Verfügung gestellt.
Sehr praktisch: Schwenkbares Display eingebaut
Ansonsten fällt vor allem sofort das schwenkbare und scharfe Display mit 3,0 Zoll Größe auf. Schwenkbare Displays galten – und gelten – im Profi-oder Halbprofi-Bereich oft als überflüssige Spielerei und stellen natürlich immer auch einen mechanischen Schwachpunkt einer Kamera dar, die sonst über Nehmerqualitäten verfügt. Schön, dass Canon dennoch ein sehr praktisches, schwenkbares und berührungsempfindliches Display verbaut hat. Für Videos und Aufnahmen etwa aus der tiefen Bodenperspektive ist das prima und man kann sogar Selfies machen – mit einer Spiegelreflexkamera.
Was die Bedienung ansonsten betrifft, sollte man sich etwa als bisheriger Kompakt-Knipser nicht abschrecken lassen: Die Kamera hat für Neulinge vermutlich gefühlt zwar in etwa so viele Bedienelemente wie das ganze Raumschiff Enterprise – aber ein kurzer Blick ins Handbuch schafft schon mehr Klarheit. So lernt man schnell, dass es kaum etwas wirklich an der Bedienung zu lernen gibt, weil das Konzept überaus intuitiv umgesetzt ist.
Auch die Motivprogramme, die es in dem Modell für angehende Profis immerhin noch reichlich gibt, sind sehr schnell mit einem Tastendruck abrufbar. Es stehen insgesamt zwölf Voreinstellungen für Fotosituationen von Porträt bis HDR-Gegenlicht zur Verfügung. Prima ist in Sachen Bedienung auch, dass sich auf dem Display alle Funktionen wenigstens per Berührung anwählen und dann mit dem Einstellrad modifizieren lassen. Da braucht man manchmal zwar dünne und lange Pianistenfinger, aber man kann auf einen Blick die eingestellten Werte sehen und auch verändern.
Sensor, Autofokus und Prozessor – die inneren Werte können sich sehen lassen
Was die inneren Werte betrifft, kann sich die Canon ebenfalls sehen lassen. Der Sensor ist nagelneu und bietet jetzt 26 statt die 20 Megapixel des Vorgängermodells. Selbst bei hoher ISO-Zahl sind die Bilder noch rauscharm und auch die Schärfe hat unter der vergrößerten Auflösung nicht gelitten. Während der Autofokus von vielen DSLR-Modellen im LiveView-Modus tempomäßig in die Knie geht, ist das bei der Canon kein Thema. Die Schärfe wird mit der Dual-Pixel-Methode ermittelt, bei der es für jeden Bildpunkt zwei Fotozellen gibt. Zum Scharfstellen wird jetzt die Differenz dieser beiden Zellen ausgewertet. Das ist schnell und funktioniert vor allem auch im Live-View-Modus, bei dem ja der Spiegel hochgeklappt wird, damit Licht auf den Sensor fallen kann. Dadurch reagiert der Autofokus in allen fotografischen Lebenslagen flott und sicher, ohne jetzt einen neuen Geschwindigkeitsrekord aufzustellen.
Mit dem neuen Sensor gibt es auch dazu passend einen neuen Digic-7-Bildprozessor. Das Rechenhirn der Kamera sorgt eindeutig für Tempo in Sachen Serienbildern. Die Canon EOS 6D Mark II schafft mit entsprechenden Speicherkarten ausgestattet im JPEG-Format deutlich über sechs Bilder pro Sekunde. Beim Vorgänger war bei etwa vier Aufnahmen Schluss. Aber: Im RAW-Format sind viel weniger als die weit über 100 Bilder mit Maximaltempo möglich. Da die Kamera nur einen langsamen Kartenslot hat, können nur etwa gut 25 RAW-Bilder gemacht werden, bevor die Kamera abbremsen muss.
Kamera kann Videos nicht in 4K aufnehmen, bei Full HD ist Schluss
Für viele mittlerweile sicher ein wichtiges Feature: die Videofunktion. Als Filmkamera ist die Canon aber nicht mehr auf der Höhe der Zeit, weil sie "nur" Full HD kann. Für 4K hat es nicht gereicht – seltsam. Dabei schafft das Gerät sowohl 60 Vollbilder pro Sekunde in der Maximalauflösung wie auch HDR für Videos, was wirklich eine Besonderheit darstellt. Um das hinzubekommen, nimmt die Kamera abwechselnd etwas zu helle und etwas zu dunkle Einzelbilder auf und fügt diese dann zu einem Film zusammen. Klappt aber nur mit 30 Vollbildern und ist wegen der Doppelbelichtungen natürlich nichts für bewegte Motive, aber bei Landschaftsaufnahmen sollte man es mal ausprobieren.
Interessant ist die eingebaute HDR-Funktion aber vor allem bei den Bildern. Es werden in schneller Folge drei Aufnahmen gemacht – der Lichtwert-Abstand ist einstellbar – und dann errechnet die Kamera draus ein HDR-Bild. Das kann sich zwar nicht mit den manuell erstellten HDR-Bildern messen, aber bietet durchaus ansehnliche Ergebnisse. Vor allem die Farben werden deutlich satter bis hin zu quietschig – was aber für die alltägliche Fotografie durchaus sinnvoll sein kann. Die HDR-Funktion ist auch besser, als etwa in der Profikamera Nikon D5, die ja locker das Dreifache kostet. Bei normalem Licht sollte es kaum Doppelbilder geben, ganz vermeiden lassen sie sich vor allem bei nahem Hinsehen nicht.
Bilder sind scharf und haben ein schönes Bokeh
Und die Bilder sonst? Sehr scharf und ausgewogen, die Kamera schafft ein sehr schönes Bokeh, die Farben wirken allerdings im normalen Modus manchmal etwas blass. Aber vor allem der Detailreichtum und die guten Kontraste sowie der hohe Dynamikumfang können sich im wahrsten Sinne des Wortes sehen lassen. Der große Sensor spielt hier klar seine Vorzüge aus und hat in jeder Hinsicht mehr Reserven als die kleineren APS-C-Modelle.
Nicht neu, aber auch im Gegensatz zur Konkurrenz bei Nikon ausgereift und immer sofort einsatzbereit ist die Fernsteuerung der Kamera per Smartphone-App. Die funktioniert per WLAN, wie man sich so etwas auch vorstellt: Kamera und App werden blitzschnell miteinander verbunden, es gibt einen Live-View-Modus und man kann bequem Einstellungen per App machen und natürlich auch Bilder schießen. Wie gesagt: Kein neues Feature, aber wie selbstverständlich das bei Canon umgesetzt ist, wirkt auf die Nutzer der Marke in jedem Fall sehr verlässlich. Natürlich sind auch NFC und Bluetooth eingebaut, wodurch die Kontaktaufnahme mit Smartphone oder Tablet erleichtert wird.
Fazit: Keine Innovations-Rakete, nicht ganz billig, aber eine gute DSLR
Unterm Strich hat sich beim Nachfolgemodell im Vergleich zum Vorgänger einiges getan, aber eine Innovations-Rakete hat der Hersteller nicht gestartet. Hier etwas mehr, da ein bisschen besser: Die Neuerungen stecken in vielen Details. Warum der Fortschritt ausgerechnet beim 4K-Video ausgefallen ist, wirkt merkwürdig. Viele Fotografie-Fans machen eine Kaufentscheidung bei ansonsten gleichwertigen Geräten gerne von solchen "Nebenfeatures" abhängig. Wem das nicht wichtig ist, bekommt mit der Canon EOS 6D Mark II eine sehr gute Spiegelreflexkamera, die keine Wünsche offen lässt. Ganz billig ist das Gerät mit einem Gehäusepreis von knapp 2100 Euro nicht, wobei dieser empfohlene Preis in den Wochen seit Markteinführung schon spürbar gesunken ist.