Das Honor View 10 will trotz seines moderaten Preises als echtes Flaggschiff-Smartphone durchgehen. Im Test haben wir das Gerät deshalb dem ultimativen Flaggschiff-Check unterzogen.
Das Versprechen, das hinter dem Honor View 10 steht, klingt fast zu gut, um wahr zu sein: Man bekommt angeblich ein Flaggschiff auf dem Level von iPhone X, Samsung Galaxy S9, Google Pixel 2 oder LG V30 für deutlich weniger Geld. Die naheliegende Frage ist da natürlich, ob der Hersteller Huawei (Honor ist bekanntlich eine Tochter-Marke der Chinesen) dieses Versprechen auch einlösen kann. Anstelle eines herkömmlichen Tests möchten wir das Honor View 10 deshalb einem knallharten Flaggschiff-Check unterziehen.
Äußerlich gibt sich das Honor View 10 eher bieder
Das Äußere des Honor View 10 wirkt wenig ambitioniert und ist fast schon ein bisschen bieder. Tatsächlich liefert der Hersteller hier einmal mehr das typische Unibody-Aluminium-Gehäuse, wie wir es nun schon von diversen Huawei-Geräten wie dem Mate 10 Lite, dem P Smart oder auch dem jüngst veröffentlichten Honor 7X kennen. Wo sich iPhone X, Google Pixel 2 XL und Samsung Galaxy S9 jeweils mit ihrer ganz eigenen Design-Sprache voneinander abgrenzen, steckt das Honor in einem Allerwelts-Gehäuse.
Die Verarbeitung selbst ist hingegen beinahe tadellos: Auf der Vorderseite kommt das View 10 mit sehr schmalen Displayrändern um den 5,99 Zoll großen LCD-Screen aus. Die Auflösung ist mit 2260 x 1080 Pixeln ausreichend hoch, um stets ein scharfes Bild zu liefern und am unteren Rand hat es der Hersteller sogar noch geschafft, einen schmalen Fingerabdrucksensor zum Entsperren unterzubringen. Der Scanner arbeitet gewohnt zuverlässig und schnell und bietet keinerlei Anlass zur Kritik.
Etwas störend wirken hingegen die beiden sehr auffälligen und scharfkantigen Kamerabuckel auf der Rückseite, die für unseren Geschmack ruhig etwas dezenter in das Gehäuse integriert sein könnten. Schön ist, dass es der Hersteller schafft, auch weiterhin einen microSD-Slot und einen echten Kopfhöreranschluss im Rahmen unterbringt. Daran scheitert in letzter Zeit ja so manches Flaggschiff. Nur wasserdicht ist das View 10 leider nicht.
Die Specs können sich sehen lassen
Im Inneren des Honor View 10 findet sich tatsächlich echte Flaggschiff-Technik. Genau genommen wurde beinahe das gesamte Hardware-Setup aus dem sehr guten Huawei Mate 10 Pro übernommen. So kommt als Prozessor der extrem schnelle Kirin 970 zum Einsatz, der selbst ein aufwendiges Spiel wie "PUBG Mobile" in unserem Test problemlos auf Ultra-Settings stemmen konnte.
Für App-Multitasking stehen 6 GB Arbeitsspeicher zur Verfügung, was ebenso viel ist wie im brandaktuellen Huawei P20 Pro und auch der interne Speicher bewegt sich mit 128 GB auf Top-Niveau. Lediglich den Verzicht auf den neuesten Bluetooth-Standard 5.0 könnte man dem Honor View 10 vielleicht negativ ankreiden – aber in dieser Beziehung kann auch manch anderes Top-Smartphone nicht mithalten.
Der Akku, der im Honor View 10 steckt, gehört ebenfalls zur größeren Sorte und bietet mit einem Fassungsvermögen von 3750 mAh bei moderater Nutzung genug Saft für zwei volle Tage. Selbst Heavy-User sollten mit dem Smartphone locker über einen ganzen Tag kommen. Geschlagen geben muss sich das View 10 in der Akku-Kategorie eigentlich nur dem Huawei Mate 10 Pro, das mit seinen 4000 mAh bei gleicher Hard- und Software logischerweise noch etwas länger durchhält.
Dual-Kamera ohne Leica, aber mit ordentlich Power
Die Dual-Kamera, die im Honor View 10 sitzt, ist auf den ersten Blick ebenfalls identisch zu jener im Huawei Mate 10 Pro. So gibt es einen 12-Megapixel-Hauptsensor mit einer lichtstarken f/1.8-Blende und einen 20-Megapixel-Monochrom-Sensor für hochwertige Schwarzweiß-Aufnahmen. Das Leica-Branding fehlt aber ebenso wie ein optischer Bildstabilisator, den es im Mate 10 Pro gibt.
Was heißt das unterm Strich für die Bildqualität? Bei normalem Tageslicht nicht so viel, wie sich im Test gezeigt hat. Das Honor View 10 knipst hervorragende Bilder, die eines Flaggschiffs auf jeden Fall würdig sind. Genau wie das Huawei Mate 10 Pro neigt die Kamera aber dazu, manchen Motiven ein bisschen zu wenig Sättigung zu verpassen. Dank der Dual-Cam sind Fotos mit Unschärfeeffekt und Porträtfotos ebenfalls möglich. Die gelingen meist recht gut, aber wie jedes Dual-Kamera-Smartphone hat auch das View 10 manchmal doch Probleme, die verschiedenen Tiefenebenen sauber zu trennen.
Vor allem im Low-Light-Bereich macht sich dann aber der fehlende optische Bildstabilisator bemerkbar. Hier erreichen die Aufnahmen nicht das sehr gute Niveau des Mate 10 Pro. Unterm Strich bleibt klar festzuhalten, dass das Honor View 10 zwar nicht ganz auf dem Level von Galaxy S9, iPhone X oder Pixel 2 knipst, aber dennoch ein hervorragendes Telefon zum Fotografieren ist. Insgesamt erreicht die Kamera durchaus Flaggschiff-Niveau, auch wenn sie ein gutes Stück unter dem Siegertreppchen bleibt.
Software und Nutzeroberfläche
Die Software von Huawei-Smartphones ist traditionell Geschmackssache. Viele Nutzer mögen das Design der EMUI-Benutzeroberfläche, das sich irgendwo zwischen Stock-Android und iOS bewegt, und schätzen die vielen Features, die der Hersteller integriert. So gibt es ab Werk beispielsweise eine App-Sperre, die einzelne Anwendungen auf Wunsch blockiert und nur über den Fingerabdrucksensor freigibt. Es gibt weiterhin einen integrierten Virenscanner, ein Tool zur Datenträgerbereinigung und die Möglichkeit, Apps zu klonen. Dies ermöglicht beispielsweise zwei WhatsApp-Accounts auf einem Gerät.

Auf der anderen Seite gibt es aber auch Nutzer, die sich über die überladenen Menüs beschweren und den Design-Mischmasch kritisieren, der irgendwie Elemente von Apple, Samsung und Google vereint. Tatsächlich hat sich mit Android 8.0 und EMUI 8.0 auf dem Honor View 10 aber viel im Vergleich zu früheren Versionen verbessert, sodass die Menüstruktur nun auf den ersten Blick recht übersichtlich wirkt und erst bei tieferem Eintauchen die übliche Komplexität enthüllt.
Ja, man kann eine Menge machen mit dem Honor View 10 und manchmal ist nicht gleich ersichtlich, was wie funktioniert. Es mag sogar Funktionen geben, über die so mancher Nutzer erst mit der Zeit durch Zufall stolpert. Im Großen und Ganzen ist es jedoch Gewöhnungssache und gar nicht so viel anders als bei anderen Herstellern.
Fazit: Ein Flaggschiff mit Abzügen in der B-Note
Wie lautet nun also unser Fazit zum Honor View 10? Unterm Strich fällt es sehr gut aus, gerade auch angesichts des sehr fairen Preises, den der Hersteller für sein Smartphone veranschlagt. Vor allem bei Ausstattung und Performance braucht sich Honor nicht zu verstecken und kann stattdessen mit breiter Brust vor die Konkurrenz treten.
Abstriche müssen eigentlich nur in zwei Kategorien wirklich gemacht werden. Da wäre zum einen das Design, das zwar ordentlich und hochwertig, aber nicht wirklich originell ausfällt. Zudem kann die Dual-Kamera kritisiert werden, die in den meisten Situationen sehr gute Bilder knipst und viele Einstellungsmöglichkeiten bietet, aber ebenfalls nicht an die ganz großen Kamera-Champions von Google oder Samsung herankommt.

Was bleibt, ist aber dennoch ein Top-Smartphone – und zwar eines, das so manchem Konkurrenten vor allem mit seinem Preis die Schamesröte ins Gesicht treiben dürfte. Man kann leicht 300, 500 oder sogar 600 Euro mehr für ein Smartphone ausgeben. Viel mehr bekommen als beim Honor View 10 wird man dafür aber ehrlicherweise nicht.
Das hat uns gut gefallen | Das hat weniger gefallen |
+ Ausstattung ohne Kompromisse | - Langweiliges Design |
+ Top-Performance dank aktueller Hardware | - Kamera nicht ganz auf Top-Niveau |
+ Sehr gute Akkulaufzeit | - Unschöne Kamera-Buckel |