Das Honor View 20 ist ein günstiges Flaggschiff-Handy mit auffälligem Äußeren und innovativen Features. Das Smartphone bringt die Selfie-Cam im Display unter und knipst Fotos außerdem mit 48-Megapixel- und 3D-Kamera. Im Test haben wir geprüft, ob es sich gegen die Konkurrenz behaupten kann.
- Design: Eigenständig dank Nanolithografie und kleiner Lochkamera
- Display: Groß und gut genug
- Technik: Schneller Chip, lange Laufzeit
- Kameras: 48 Megapixel und 3D-Sensor knipsen geniale Fotos
- Audio: Guter Klang, leider keine Stereo-Speaker
- Fazit Honor View 20: Starkes und günstiges Flaggschiff
- Honor View 20 oder Xiaomi Mi 9?
Design: Eigenständig dank Nanolithografie und kleiner Lochkamera
Die Glasrückseite des Honor View 20 spiegelt das Licht in "V"-Formen, die bei der Betrachtung über die Rückseite laufen. Das dynamische Muster auf der Nanovakuumbeschichtung erinnert an optische Illusionen wie 3D-Hologramme. Hier ist Honor ein sehr eigenständiges, faszinierendes Design gelungen. Die horizontal angebrachte Dual-Kamera nebst LED-Blitz auf der Rückseite ragt ein wenig aus dem Gehäuse heraus, darunter ist ein Fingerabdrucksensor angebracht. Die Verarbeitung des Smartphones ist generell hochwertig, so besteht der Gehäuserahmen aus solidem Metall.
Der Rahmen um das Display ist sehr dünn, denn die Selfie-Kamera kommt in einem Loch oben links im Bildschirm unter. Tatsächlich war das Honor View 20 das erste Smartphone mit einer Lochkamera auf dem Markt, noch vor dem Samsung Galaxy S10. Wir haben die beiden Flaggschiffe nebeneinandergelegt und dabei fällt auf, dass das Loch beim Galaxy S10, vor allem aufgrund des schwarzen Rahmens, minimal größer ist als beim View 20. Auch ist es auf der rechten Seite verortet und weiter vom Displayrand entfernt.
Honor hat das hauseigene Design der Lochkamera gegenüber Digital Trends in einigem Detail begründet. Im Vergleich zum Galaxy S10 stört das Loch beim Honor View 20 im Alltag tatsächlich weniger, es fällt bei der App-Nutzung und Medienbetrachtung so gut wie nicht auf. Im Grunde hätte es allerdings auch eine kleine Wassertropfen-Notch getan, wie ich im Artikel "Aber bitte mit Notch" im Detail erläutere. Aber was den aktuellen "Lochvergleich" der Flaggschiffe angeht, bin ich der Auffassung, dass Honor als Sieger daraus hervorgeht.
Fazit Design: Das Honor View 20 überzeugt durch die spiegelnden Muster auf der gläsernen Rückseite und durch das im Vergleich zum Galaxy S10 leicht überlegene Design der unauffälligen Lochkamera. Auch ist es stabil verarbeitet.
Display: Groß und gut genug
Der Bildschirm des Honor View 20 misst 6,4 Zoll und löst mit 2310 x 1080 Pixeln auf. Flaggschiffe wie das Galaxy Note 9 bieten eine höhere Auflösung, aber das ist allenfalls beim Medienkonsum und beim Gaming ein kleiner Vorteil. Im Gegensatz zu den High-End-Geräten von Huawei, Samsung und Co. kommt kein OLED-Display zum Einsatz, sondern ein IPS-Display der LTPS-Kategorie mit HDR-Support. LTPS-Bildschirme zeichnen sich durch leuchtende, intensive Farben aus, was in unserem Test des Huawei P20 schon Eindruck schinden konnte.

Trotzdem: An OLED-Displays kommt die Qualität nicht heran, zudem genügt die Helligkeit gerade so für den Einsatz in der Sonne. Schließlich sind die Farben ab Werk ungenau abgestimmt.
Nerd-Tipp: Du kannst das Handy in den Displayeinstellungen nach den Vorgaben von GSM Arena (Screenshot über "Battery Life") relativ farbecht kalibrieren. Das Display veranschaulicht allerdings auch, wie verwöhnt Smartphone-Fans inzwischen sind. Subjektiv sieht es nämlich großartig aus – nur eben nicht wahnsinnig genial, wie etwa der Screen des Galaxy S10.
Fazit Display: Der Bildschirm kann zwar in Hinblick auf Schärfe, Schwarzwert und Farbtreue nicht mit den OLED-Screens der Top-Konkurrenten mithalten, aber es ist ein gutes IPS-Display.
Technik: Schneller Chip, lange Laufzeit
Eines muss man Huawei und Honor lassen: Mit ihren aktuellen Flaggschiff-Chips gehen die Schwesterunternehmen sehr freigebig um. So steckt im deutlich günstigeren Honor View 20 derselbe Kirin 980 wie im 1000-Euro-Handy Huawei P30 Pro. Der Chip wird von ordentlichen 6 GB Arbeitsspeicher unterstützt und der interne Speicher umfasst 128 GB. Dank UFS-2.1-Technik erlaubt er eine hohe Zugriffsgeschwindigkeit, ist aber leider nicht erweiterbar.

Der Akku misst 4000 mAh und kann zwar nicht via Wireless Charging befüllt werden, dafür aber mit dem schnellen Honor SuperCharge via 22,5-Watt-Netzteil im Lieferumfang. Trotz starkem Chip hält das View 20 enorm lange durch – fast zwei Tage sind drin. Dank USB-C 3.1 Gen 1, Klinkenanschluss, ac-WLAN, Bluetooth 5.0, NFC und sogar einem Infrarot-Port für den Einsatz als TV-Fernbedienung überzeugt auch die Konnektivität.
Fazit Technik: Allenfalls der nicht erweiterbare Speicher wird manche stören, ansonsten erfüllen Leistung und Ausstattung alle Flaggschiff-Kriterien.
Kameras: 48 Megapixel und 3D-Sensor knipsen geniale Fotos
Auf der Rückseite wird eine 48-Megapixel-Kamera von Sony von einer 3D-Kamera alias ToF-Sensor begleitet. Derweil löst die Selfie-Kamera mit 25 Megapixeln auf. Im Test haben sich weder die hochauflösende Kamera noch der ToF-Sensor als Gimmicks erwiesen, sie erlauben tatsächlich bessere Resultate bei der Fotografie.

Die Idee hinter der enorm hochauflösenden Kamera lautet ironischerweise, dass sie die Qualität von Aufnahmen mit einer 12-Megapixel-Auflösung erhöhen kann. Das funktioniert mithilfe der "Quad Bayer"-Matrix. Das bedeutet, dass jeweils 2 x 2 Pixel mit einem gemeinsamen Farbfilter versehen werden und bei hohen ISO-Werten werden die vier Pixel zu einem Pixel zusammengeschaltet. So lässt sich das Rauschverhalten verbessern.
Wie auch immer es funktioniert – das Ergebnis ist fantastisch. Die Kamera überzeugt bei Kontrastumfang, Farbtreue und Schärfe. Ein 2-facher Zoom ist verlustlos möglich und Fotos in voller 48-MP-Auflösung weisen zwar ein vergleichsweise stärkeres Rauschen auf, aber dafür sind die Bilder rekordverdächtig scharf. Bei der Bearbeitung am PC konnte ich sehr weit in die Fotos hineinzoomen, ohne dass die Motive unscharf wirkten. Ich habe so etwas bei einer Handykamera noch nie gesehen. Bei Schärfe und Details ist das Honor View 20 schlichtweg konkurrenzlos.

Der Nachtmodus vom Huawei Mate 20 Pro ist auch an Bord und erlaubt Aufnahmen bei wenig Licht auf höchstem Niveau. Der 3D-Sensor erfasst derweil den Raum vor der Kamera mithilfe von Infrarotlicht und misst die Tiefe der verschiedenen Objekte. Für den Bokeh-Effekt ist das theoretisch die optimale Lösung. Und in der Praxis ist es das tatsächlich: Das Motiv im Vordergrund wird sehr viel präziser erfasst und vom Hintergrund abgetrennt als bei anderen Smartphones.
Ein Problem besteht allerdings darin, dass die Kamerasoftware bei Porträtaufnahmen das Motiv nicht immer als solches erkennt. Gelegentlich hat sie meinen Unterarm anstelle meines Gesichts scharf gestellt. Das müsste sich aber durch ein Softwareupdate lösen lassen. Die Selfie-Kamera macht ordentliche Aufnahmen, hat jedoch keinen Autofokus und die Abtrennung des Motivs vom Hintergrund klappt nicht so gut wie mit der Dual-Kamera hinten.
Eine Schwäche hat die Kamera-Hardware dann doch: Sie verzichtet auf eine optische Bildstabilisierung. Das kann vor allem bei Fotos zum Problem werden, bei Videos hilft zum Glück die sehr gute elektronische Stabilisierung. So erreicht auch die Videoqualität Flaggschiff-Niveau.
Fazit Kameras: Die Selfie-Kamera knipst ordentliche Porträtfotos, die Bilder mit der hochauflösenden Dual-Kamera erreichen eine rekordverdächtige Schärfe und Detailtreue. Der 3D-Sensor sorgt seinerseits für tolle Bokeh-Effekte. Insgesamt ist die Dual-Kamera herausragend und kann es mit den besten Systemen der Konkurrenz aufnehmen.
Audio: Guter Klang, leider keine Stereo-Speaker

Der einzelne Lautsprecher unten am Gehäuse wird sehr laut und klingt klar. Der Sound via Kopfhöreranschluss ist auch ordentlich, erreicht aber keine allzu hohe Lautstärke. Die besten Handylautsprecher bietet aktuell das Galaxy S10 und das LG V40 ist dank DAC und Verstärker der Vorreiter beim Klang via Klinkenanschluss.
Fazit Audio: Leider gibt es keine Stereolautsprecher, aber der Klang des Mono-Speakers überzeugt. Kopfhörer werden mit einem klaren, wenn auch nicht allzu lauten Sound versorgt.
Fazit Honor View 20: Starkes und günstiges Flaggschiff
Das Honor View 20 überzeugt bei Design, Verarbeitung, Leistung, Ausstattung, Kameras und Sound. Die Akkulaufzeit ist ebenso hervorragend und dank eines Kaufbetrags von 570 Euro stimmt auch das Preis-/Leistungsverhältnis. Die Schwächen fallen eher in die "Wer unbedingt etwas daran aussetzen muss ..."-Kategorie.

Hier wären das fehlende kabellose Laden zu erwähnen, der Verzicht auf optische Bildstabilisierung, das gute, aber nicht herausragende Display, der nicht erweiterbare Speicher und der Umstand, dass es nur einen Lautsprecher gibt. Das Galaxy S10 hat hier und da die Nase vorn, aber dafür kostet es auch 330 Euro mehr. Der Aufpreis dürfte sich für die meisten Nutzer nicht lohnen.
Honor View 20 oder Xiaomi Mi 9?
Der eigentliche Herausforderer für das Honor View 20 ist aber das noch günstigere Xiaomi Mi 9, das mit 128 GB Speicher für 500 Euro erhältlich ist. Leider hatten wir es noch nicht selbst im Test, aber gemessen an den Berichten der Fachpresse, etwa von Notebookcheck und GSM Arena, wird das Rennen knapp. Das Mi 9 bietet ebenso eine hohe Leistung, eine tolle Verarbeitung, eine sehr gute Kamera und es liegt beim Display dank AMOLED-Technik vorne. Kabelloses Laden ist hier, im Gegensatz zum View 20, an Bord.

Allerdings: Das Xiaomi bietet keinen Kopfhöreranschluss und die Akkulaufzeiten fallen deutlich kürzer aus. Vor allem die längere Laufzeit des Honor View 20 (16 Stunden statt neun Stunden im NBC-Wi-Fi-Test!) sowie das eigenständigere Design könnten manche Interessenten eher zum Honor-Handy greifen lassen. Bereuen werden sie es sicher nicht.